Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
einem Haarband geschmückt wieder. Sauber und frisch sah sie aus.
»Ein Glück, daß niemand drinnen war!« regte Var sich auf.
»Doch, da war jemand. Eine Frau, die auf ihren Krieger wartete. Ich glaube, die Frauen werden aus dem Hauptlager ferngehalten. Sie machte einen Luftsprung, als ich hereinkam. Ich sagte ihr, ich hätte mich verirrt, und sie half mir.«
Wie einfach! Daran hätte er nie gedacht, oder aber er hätte es nicht gewagt. War sie frech oder nur naiv? »Hier«, sagte sie und reichte ihm ein Kleiderbündel.
Angezogen machten sie sich daran, das Hauptlager auszukundschaften. Var fiel ein, daß ja eigentlich in der Herberge Lebensmittel hätten sein müssen, doch dann fiel ihm auch ein, daß die Nomaden diese Unterkünfte regelmäßig ausräumten. Für ein Lager von Bewaffneten brauchte man einen großen Lebensmittelvorrat, und die Herbergsnahrung war der Imperiumsnahrung weit überlegen. Andernfalls hätten sie ihr Problem leicht lösen können. Ihr Ernährungs-Problem, versteht sich.
»Ich werde zum Hauptzelt gehen müssen«, sagte sie. Var zeigte sich einverstanden. Der Hunger machte ihn kühner, nun, da sie ihre Blößen bedeckt hatten. »Ich werde sagen, ich wäre die Tochter von irgendwem, und ich möchte Essen für meine Familie holen.«
Var hielt dies für ein allzu kühnes Unterfangen, hatte aber keinen anderen Vorschlag parat. »Sei vorsichtig«, sagte er.
Er hielt sich im Wald in der Nähe des Zeltes versteckt und getraute sich nicht, sich wegzurühren, aus Angst, sie könnte ihn nicht mehr finden. Soli verschwand im Nebel.
Und dann fiel ihm ein, was ihm schon längst hätte einfallen sollen: Daß nämlich im ganzen Lager nur Männer waren, und daß man jemanden nur einließ, wenn man ihn erkannte. Ein Fremder kam an den Posten nicht vorbei, schon gar nicht ein kleines Mädchen.
Und jetzt war es zu spät.
Soli hielt auf das große Zelt zu, fasziniert von seinen Ausmaßen. Ihr Herz pochte aufgeregt. Mit ihren Stöcken hätte sie sich wohler gefühlt, doch den einen Stock hatte sie bei Var gelassen, denn Kinder – besonders Mädchen – trugen hier keine Waffen.
Am Zelteingang stand ein Posten. Sie wollte sich einfach an ihm vorbeidrücken, als gehöre sie hierher, doch er versperrte ihr mit seiner Stange den Weg. »Wer bist du?« fragte er.
Sie dachte nicht daran, ihren richtigen Namen zu verraten. In aller Eile mußte sie einen erfinden. »Ich bin Sami. Mein Vater ist müde. Ich soll ihm Essen holen – «
»In diesem Lager haben wir keinen Sam, Mädchen. Einen so sonderbaren Namen hätte ich mir sicher gemerkt. Was willst du wirklich?«
»Sam das Schwert. Er ist eben angekommen. Er – «
»Kind, du lügst. Kein Krieger bringt seine Familie in dieses Lager. Ich bringe dich zum Herrn.« Er schubste sie mit der Stange ins Zelt.
In diesem Augenblick war sonst niemand zu sehen. Soli übersprang die Stange, stieß ihm die ausgestreckten Finger in die Augen, und schlug ihm, als sein Kopf zurückschnellte, mit der Handkante gegen die Kehle. Er brach lautlos zusammen.
Sie konnte ihn nicht wegschaffen, weil er zu schwer war. So ließ sie ihn liegen und trat ein, nachdem sie flüchtig ihren Kittel zurechtgezupft hatte. Wenn sie flink war, konnte sie sich noch immer das Essen verschaffen.
Aber das Frühstück war schon ausgegeben worden, und sie wagte nicht, den Koch direkt zu behelligen.
»Kol wurde überfallen!« rief jemand draußen vor dem Eingang. »Das Gelände durchsuchen!«
Sie würde nicht mehr rechtzeitig hinauskommen! Aber ihr Hunger trieb sie weiter. Sie mußte das Versagen durch Tollkühnheit wettmachen, wie Sosa ihr immer gepredigt hatte. Sosa wußte immer, wie man aus jämmerlichen Situationen das Beste herausholte.
Sie zog sich an den Eingang zurück, wohl wissend, was sich dort tat.
Krieger kamen herbeigelaufen, hoben den Bewußtlosen hoch und riefen: »Wir haben nichts gesehen!«
»Ein Schlag auf die Kehle!«
»Weit kann er nicht gekommen sein. Versucht es mit einem Netz!«
Und dann kam ein großer Mann daher. Soli erkannte ihn sofort: Der Namenlose, Herr über das ganze Imperium. Er bewegte sich wie eine dahinrollende Maschine, und erschütterte den Boden mit der Wucht seiner Schritte. Häßlich war er. Und seine Stimme war fast so arg wie die Stimme Vars.
»Das war ein Angriff ohne Waffe. Der Berg hat einen Spion ausgeschickt.«
Mehr wollte Soli nicht hören. Sie lief aus dem Zelt und warf sich mit ausgestreckten Armen dem Ungeheuer entgegen.
Erstaunt
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