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Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen

Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen

Titel: Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Geschick verringerte, ohne daß sie diesen Verlust wie Var durch Kraft ausgleichen konnte. Var agierte weiterhin zurückhaltend, weil er keine zweite Lektion von der Art wollte, die ihn einen Stock gekostet hatte. Das Kind war am gefährlichsten, wenn seine Lage am bedrängtesten schien.
    Und ihm war noch immer nicht klar, was es bedeutete, daß sie ihren Stock geopfert hatte. Sicher war sie nicht so siegesgewiß, daß sie sich eigens entwaffnete, um die Spannung zu vergrößern. Und eine Niederlage konnte sie sich nicht wünschen…
    Var hatte seine Kindheit im Ödland nur überlebt, weil er sich angewöhnt hatte, dem Unbekannten gegenüber auf der Hut zu sein. Nicht alles Unbekannte war körperlich.
    Sie ermüdete, und er ließ ein wenig in seiner Heftigkeit, wenn auch nicht an Wachsamkeit, nach. Der Sonnenstand zeigte an, daß sie bereits drei Stunden lang kämpften. Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu.
    Aber wie würde es wohl enden, wenn ihr Kampf auf Leben und Tod sich auf ein bloßes Geplänkel reduzierte? Nur einer von ihnen konnte den Abstieg beginnen. Nur eine Partei konnte gewinnen. Auch eine Verzögerung vermochte an dieser harten Realität nichts zu ändern.
    Dauerte der Kampf noch lange, dann blieb dem Sieger nicht mehr genügend Zeit vor Einbruch der Dunkelheit für den Abstieg. Der Berg war zu jeder Zeit gefährlich, in der Dunkelheit aber schien er unbezwingbar.
    Das Ende ließ auf sich warten. Der Kampf war zu einer bloßen Spiegelfechterei geworden, denn keiner der beiden versuchte ernsthaft, den Sieg herbeizuführen. Jedenfalls nicht sofort. Beide hielten sich zurück, sparten Kraft, warteten auf eine entscheidende Blöße des anderen. Noch immer schlug Stock auf Stock, doch die dahinterstehende Kraft war nicht überzeugend, die Bewegungen bloße Routine. Und die Dunkelheit kam. Das Mädchen trat schließlich zurück und warf die Waffe von sich. »Wir sollen nicht in der Dunkelheit kämpfen«, sagte sie.
    Var senkte seinen Stock. Er war einverstanden, fürchtete aber eine List.
    Sie trat an den Rand des Abgrunds, ließ dort die Waffe liegen. »Sieh nicht her«, sagte sie und ging in Hockstellung.
    Var wurde klar, daß sie Wasser lassen wollte. Wenn er ihr aber den Rücken kehrte, konnte sie sich ihm von hinten nähern, ihm einen Stoß versetzen… Nun ja, wenn er ihr während dieser Zeit der Waffenruhe nicht trauen konnte, dann hätte er sich damit gar nicht einverstanden erklären dürfen. Und dann war doch die Sache mit dem Stock gewesen. Ihre Ehrbegriffe waren zwar anders, wirkten aber ebenso bindend. Er drehte sich um und erleichterte seine Blase in die Dunkelheit unter ihm.
    Nachdem sie ihre Notdurft verrichtet hatten, trafen sie im Mittelpunkt des Plateaus wieder aufeinander. Die Finsternis erfüllte die Landschaft wie ein großer Ozean, doch ihr Eiland war noch deutlich sichtbar. Und war einsam.
    »Ich habe Hunger«, sagte sie.
    Er war ebenfalls hungrig. Aber sie hatten nichts Eßbares bei sich. Alle hatten angenommen, der Kampf würde nur kurz dauern, und so hatte man keine Vorkehrungen für ein längeres Wegbleiben getroffen. Vielleicht steckte Absicht dahinter: Wenn die Kämpfer sich nicht mit aller Kraft stritten, würden Hunger und Durst den Kampf beflügeln.
    »Du bist wohl nicht sehr redselig?« sagte sie.
    »Ich spreche nicht gut«, erklärte Var ihr. Die verballhornten Silben übermittelten die Botschaft klarer als die Sprache selbst…
    Sie lächelte, und das sah sonderbar aus, ein weißes Aufblitzen in der Dunkelheit. »Mein Vater spricht gar nicht. Vor Jahren hat er eine Kehlkopfverletzung erlitten. Noch ehe meine Erinnerung einsetzt. Aber ich kann ihn trotzdem verstehen.«
    Var nickte bloß.
    »Warum gehst du nicht auf diese Seite und ich auf die andere? So könnten wir schlafen«, sagte sie. »Und morgen bringen wir die Sache zu einem Ende.«
    Ihm war es recht. Er nahm seinen Stock und zeichnete damit einen Teilungsstrich auf die Plateaufläche. Sodann legte er sich auf seiner Hälfte zur Ruhe.
    Das Mädchen blieb noch eine Weile sitzen. Sie sah sehr klein aus, wie sie so dasaß. »Wie heißt du?«
    »Var.«
    »Wie?«
    »Var.«
    »Ich sehe an deiner Kehle keine Narbe. Wie kommt es, daß du nicht sprechen kannst?«
    Var versuchte sich eine einfache Antwort auszudenken und schaffte es nicht.
    »Wie ist es denn draußen eigentlich?« fragte sie.
    Er merkte nun, daß er auf ihre Fragen keine vernünftige Antwort geben mußte. Das Reden an sich war ihr wichtiger als das

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