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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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gleichen Schwierigkeiten.
     
     
    Als sie endlich
hineintaumelten, rief die Besatzung: »Fier weg!«, aber bevor der Befehl
ausgeführt wurde, kamen plötzlich ein Mann mit seiner Frau und einem Baby auf
die Seite. Das Kind wurde der Frau im Heck zugereicht, die Mutter kam in die
Mitte des Bootes, und der Vater plumpste im letzten Moment hinein, als das Boot
schon seine Reise zur Wasseroberfläche begonnen hatte, so viele Meter unter
uns…

 
    Das Sinken der Titanic,
    vom Rettungsboot aus gesehen
     
     
     
    Wenn man nun auf das
Herablassen unseres Bootes zurückblickt, ergibt sich ein Gefühl der
Überraschung. Ich denke, das betrifft alle Insassen, wenn sie sich daran
erinnern, wie wenig sie in diesem Moment darüber nachdachten. Es war ein großes
Abenteuer, sicherlich: Es war aufregend zu spüren, wie das Boot hinabgelassen
wurde, Ruck für Ruck, Fuß um Fuß, als die Seile von oben nachgelassen wurden
und quietschten, wenn sie durch die Blöcke liefen. Die neuen Taue und die
anderen Teile stöhnten unter der Last eines beladenen Bootes, und die Crew rief
den Seeleuten oben zu: »Fier vorn!« – »Fier achtern«, je nachdem, ob es nach
vorn über lag oder nach hinten, und »Fier zusammen«, als es auf gleichem Niveau
lag; aber ich denke, wir hatten keine große Besorgnis, daß wir das Wasser nicht
sicher erreichen würden. Es war sicherlich erregend, auf der einen Seite den
schwarzen Schiffsrumpf zu betrachten – und die See, siebzig Fuß unter uns, auf
der anderen Seite zu sehen, dabei hellerleuchtete Kabinen oder Salons
passierend. Aber wir wußten nichts von der Furcht einiger Offiziere, ob die
Boote und das laufende Gut die Belastung mit einem Gewicht von sechzig Leuten
aushalten würden. Jedoch, die Taue waren neu und belastbar, und das Boot hing
nicht in der Mitte durch, wie es ein älteres vielleicht getan hätte. Egal, ob
es richtig oder falsch war, die Boote vollbeladen zu fieren – und es sah
offenbar gefährlich aus –, ich denke, es kann nichts als das höchste Lob für
die Offiziere und Mannschaften geben, für die Art und Weise, wie sie die Boote
nacheinander sicher zum Wasser hinabließen. * Es scheint ein einfaches Unterfangen darüber zu
lesen, aber jeder Seemann weiß genau, daß es gar nicht so einfach ist. Ein
erfahrener Offizier hat mir erzählt, daß er mal in der Praxis gesehen hätte,
wie ein Boot mit ausgebildeter Mannschaft und ohne Passagiere vom Schiffsdeck
aus gewassert wurde, mit erfahrenen Seeleuten an den Tauen, bei Tageslicht und
ruhigem Wetter, das Schiff lag im Hafenbecken – und wie das Boot sich
überschlug und seine Besatzung kopfüber ins Meer kippte. Vergleiche diese
Bedingungen mit denen am Montag morgen um 00.45 Uhr, und es ist nicht möglich,
nicht zu betonen, daß sie ihre Pflicht in einer Art getan haben, die die größte
Effizienz zeigte; egal ob die Mannschaft nun geübt war oder nicht, egal ob sie
seit der Einschiffung eingewiesen waren oder nicht. Ich kann mich des Gefühls
der tiefsten Dankbarkeit für die beiden Seeleute nicht erwehren, die an den
Seilen über uns standen und uns hinabließen zum Meer; ich glaube nicht, daß sie
gerettet wurden.
    Vielleicht
ist eine Erklärung, warum wir dem ungewöhnlichen Verlassen der Titanic so
wenig Aufhebens entgegenbrachten, darin zu sehen, daß es so schien, als ob es
der Höhepunkt einer Serie von sehr ungewöhnlichen Vorkommnissen gewesen ist.
Unter normalen Umständen wären solche Ereignisse als drohende Gefahr verstanden
worden. Es ist leicht, sich das vorzustellen: eine Reise von vier Tagen über
ruhige See ohne einen einzigen widrigen Hinweis; die Aussicht, vielleicht schon
im Unterbewußtsein halb verankert, daß wir in achtundvierzig Stunden an Land
gehen würden und damit eine angenehme Reise abgeschlossen wäre – um dann zu
fühlen, wie die Maschinen zu arbeiten aufhören, zusammengerufen werden an Deck
ohne viel Zeit, sich anzukleiden, eine Schwimmweste anzulegen, Raketen
aufsteigen zu sehen, die um Hilfe rufen, und aufgefordert zu werden, ein
Rettungsboot zu besteigen. Nach all diesen Ereignissen macht es nicht mehr viel
aus, das Herablassen des Bootes ins Wasser zu spüren: Es stellte die natürliche
Reihenfolge der Entwicklung dar, und wir hatten in der letzten Stunde gelernt,
die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen. Außerdem, wenn sich jemand die Situation
vorstellen will, so ist dies ganz einfach, die fünfundsiebzig Fuß Höhe [etwa 23
Meter] abzumessen, indem man aus einem Fenster eines hohen

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