Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
Vom Netzwerk:
Hauses oder Blocks
bis zum Boden blickt und sich vorstellt, zusammen mit etwa sechzig anderen
Personen so in einem Boot eingepfercht zu sein, daß man sich kaum bewegen oder
gar hinsetzen kann, und dann sich vor Augen zu führen, daß das Boot ruckweise
hinabgelassen wird, je nachdem, wie die Seeleute oben die Taue nachgeben. Es
gibt angenehmeren Nervenkitzel als diesen! Wie dankbar wir waren, daß die See
so unbewegt war und die Titanic so stabil und ruhig dalag, als wir an
ihrer Seite hinabglitten. Uns wurde das Anstoßen und Längsschrammen an der
Seite erspart, der Seite des Schiffes, die so viele Boote hat zu Wasser gehen
sehen. Ich kann mich nicht erinnern, daß wir unser Boot abfedern mußten,
während wir versuchten freizukommen.
    Als wir uns
nach unten bewegten, rief einer der Besatzung: »Wir sind gleich am
Kühlwasser-Auslauf! Wir sollten uns dort nicht lange aufhalten, oder wir laufen
voll.
    Runter auf
den Boden, und seid bereit, den Leckstopfen * rauszuziehen und sofort loszurudern, wenn wir
aufschwimmen und die Taue freikommen.« Ich hatte schon öfter über die Seite
gesehen und jenen Wasserstrahl bemerkt, der kurz über der Wasserlinie aus dem
Rumpf der Titanic herauskam. Tatsächlich war die Wassermenge so groß,
daß wir beim Vorbeistreifen durchgeschüttelt wurden und der auftreffende
Wasserstrom Gischt sprühte! Wir fielen – so gut wir es in der Menschenmenge
konnten – nach unten oder auf die Seitenbänke und hatten keine Ahnung, wo denn
der Leckstopfen sein könnte; auch von der Besatzung wußte es keiner genau, sie
wußten nur von seiner Existenz, irgendwo – und wir fanden ihn niemals! Die
ganze Zeit über kamen wir der See und dem Gebrüll des Ausflusses näher und
näher, bis zuletzt, – immer noch von den Seilen oben gehalten – als der Schwall
über uns hinwegwusch und die Kraft des ausströmenden Wassers uns wieder zur
Bordwand trieb –jedoch ohne einen nennenswerten Betrag in eine bestimmte
Richtung. Wenn ich heute darüber nachdenke, kommt es mir so vor, als ob wir vom
Kühlwasser-Ausfluß vorn getroffen worden sind und nicht in der Mitte, wie ich
zunächst dachte. Egal, das Resultat aller drei Kräfte war, daß wir parallel zum
Schiff abgetrieben wurden, direkt unter den Platz, wo Boot Nummer 15 an seinen
Davits hing, um ebenfalls zur See herabgelassen zu werden. Als wir hochsahen,
erkannten wir, wie es bereits zügig vom B-Deck herabkam; es muß unmittelbar
nach unserem besetzt worden sein. Wir riefen hinauf: »Stoppt die Nummer 14!« * , und die Besatzung und die Passagiere im Boot über
uns, die uns rufen hörten und unsere Position unter ihnen erkannten, riefen das
gleiche den Seeleuten auf dem Bootsdeck zu, aber offensichtlich hörten sie uns
nicht und ließen das Boot weiter hinunter, Fuß für Fuß – bis auf zwanzig,
fünfzehn, zehn Fuß über uns –, ein Heizer und ich reichten am [fremden] Bug
hinauf und erfaßten die Unterseite des Bootes, versuchend, unser Boot aus ihrer
Fallinie zu drücken.
    Es sah nun so
aus, als ob nichts uns davor schützen könnte, daß es auf uns herabkam, aber in
diesem Moment sprang ein anderer Heizer mit seinem Messer zu den Seilen, die
uns noch hielten, und ich hörte ihn rufen: »Eins! Zwei!«, als er sie
durchschnitt. Im nächsten Augenblick schwangen wir fort vom Kiel von Nummer 15,
und wir waren klargekommen, als es ins Wasser an der Stelle eintauchte, an der
wir gerade noch gelegen hatten. Ich kann nicht sagen, wie unsere Bugseile
befreit wurden, aber ich stelle mir vor, daß sie in gleicher Weise getrennt wurden,
weil wir sofort von der Strömung abgetrieben wurden, fort von der Titanic und
wegruderten, sobald wir die Riemen ausgebracht hatten.
    Ich denke,
daß wir alle fühlten, daß dieses das aufregendste Ereignis war, durch das wir
gegangen waren, und ein großer Seufzer der Erleichterung und Dankbarkeit
entfuhr uns, als wir unter dem Boot über unseren Köpfen fortkamen, aber ich
hörte niemand laut aufschreien während dieser Aktion – nicht eine Frauenstimme
erhob sich in Furcht oder Hysterie. Ich denke, wir alle lernten in dieser Nacht
viele Dinge über den Teufel namens »Angst« und daß das direkte Gegenübertreten
nicht so schlimm ist, wie die Furcht davor.
    Die Besatzung
bestand aus Köchen und Stewards, mehr aus ersteren, denke ich; ihre weißen
Jacken leuchteten in der Dunkelheit auf, als sie fortruderten, je zwei an einem
Riemen. Ich glaube nicht, daß sie irgendwelche Erfahrung im Rudern mitbrachten,
weil sich die

Weitere Kostenlose Bücher