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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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zu sagen, daß Männer, welche durch all die Erfahrungen gingen, die
Kollision, Rettung und die folgenden Szenen am Kai von New York mit
einschlossen, überwältigt von diesem Wissen, kaum ohne Erregung blieben, sich
abwandten, unfähig zu sprechen, wie ich es zum Beispiel tat, und ich weiß von
anderen, daß sie es ebenso berührte.
    Ich denke,
wir alle haben deswegen unsere Meinung geändert, da wir auch mehr über die
allgemeinen Bedingungen gelernt haben, welche die transatlantischen
Schiffahrtsdienste betreffen. Die Auseinandersetzung, wer zuständig war für die
Nichtbeachtung dieser Warnungen, sollte vielleicht besser für ein späteres
Kapitel aufgehoben werden. Eine dieser Warnungen wurde Herrn Ismay [geretteter
Aufsichtsratvorsitzender der White Star Line] von Kapitän Smith um 17.00 Uhr
übergeben und nach seinen Aussagen um 19.00 Uhr zurückgegeben, um eventuell den
Offizieren zur Kenntnis zu gelangen. Als Ergebnis dieser Meldungen waren sie
angewiesen worden, besonders nach Eis Ausschau zu halten. Das tat der Zweite
Offizier Lightoller [gerettet], bis er um 22.00 Uhr durch den Ersten Offizier
Murdoch abgelöst wurde, dem er die Anweisung weitergab. Während Herrn
Lightollers Wache gegen 21.00 Uhr traf der Kapitän ihn auf der Brücke, und sie
besprachen »… den Zeitpunkt, wann wir in die Nähe von Eis kämen, wie wir es
erkennen könnten, und unser Wissen auffrischten in bezug auf die Hinweise, die
das Eis gibt, wenn es in der Nähe ist«. Offenbar hatten auch die Offiziere
untereinander das Auftreten von Eis besprochen, und Herr Lightoller hatte
angemerkt, daß sie ein Gebiet mit dem angekündigten Eis wohl während seiner
Wache erreichen würden. Die Ausgucks wurden ebenso instruiert, aber es wurde
bis unmittelbar vor der Kollision kein Eis gesichtet. Als der Ausguck den
Eisberg erkannte, läutete er die Glocke dreimal, was das allgemeine Signal vom
Krähennest dafür war, daß etwas direkt in Fahrtrichtung gesehen wurde. Über das
Telephon berichtete er der Brücke von der Präsenz des Eisberges, aber Herr
Murdoch hatte schon dem Steuermann Hitches befohlen, das Ruder nach Steuerbord
zu legen [1912 der Befehl, nach Backbord zu drehen], und das Schiff begann
bereits vom Berg abzudrehen. Aber bei der gefahrenen Geschwindigkeit war es
doch zu spät, zu hoffen, daß die gewaltige Titanic, über eine sechstel
Meile lang, aus der Gefahrenzone gesteuert werden könnte. Selbst wenn der
Eisberg eine halbe Meile entfernt gesichtet worden wäre, ist es zweifelhaft,
daß nicht irgendein Teil ihrer enormen Länge getroffen worden wäre. Es ist im
höchsten Maße unwahrscheinlich, daß der Ausguck den Berg in einer halben Meile
unter den gegebenen Bedingungen dieser Nacht gesehen haben würde, auch nicht
mit Ferngläsern. [Von der später eingesetzten englischen
Untersuchungskommission wurde eine Entfernung von etwa einer Viertelmeile
angenommen; siehe dazu das letzte Kapitel.]
    Die
vollständige Glätte der Wasseroberfläche machte das Entdecken von Eis noch
schwieriger. Normalerweise bedeckt weißer Schaum – verursacht durch
Wellenschlag – den Fuß des Eisbergs, der aus einiger Entfernung sichtbar ist,
lange bevor man den Eisberg selbst erkennt. Aber in diesem Fall schwappte eine
ölige See sanft um das tödliche Monster und verriet nichts von seiner Existenz.
Überdies bestehen wenig Zweifel daran, daß das Krähennest kein guter Platz ist,
um Eisberge zu erkennen. Es ist sprichwörtlich bekannt, daß diese in großem
Ausmaß die Farbe der Umgebung annehmen können; und von oben betrachtet, vor dem
Hintergrund einer schwarzen schaumfreien See, muß der Eisberg so lange
unsichtbar gewesen sein, bis die Titanic schon ganz nahe war. Ich war
stark beeindruckt von einer Bemerkung Sir Ernest Shackleton [Polarforscher],
von der Methode, die er zum Erkennen von Eisbergen benutzt – einen
Ausguckposten so tief wie möglich nahe der Wasserlinie zu postieren. Mich daran
erinnernd, wie wir die Titanic ohne Lichter gesehen hatten, aufrecht
stehend »… wie ein riesiger schwarzer Finger«, wie ein Beobachter sagte, und
wir sie nur erkannten, weil sie sich undeutlich schwarz vor dem Himmel abhob.
Ich bemerkte sogleich, daß das Himmelsgewölbe ein besserer Hintergrund war als
das schwarze Meer, um die Masse eines Eisbergs anzuzeigen. Aber so mußte die Titanic kurze Zeit später schräg auf den Eisberg laufen, und das mit einem Stoß,
der erstaunlich schwach ausfiel – so unbedeutend, daß ihn viele

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