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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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zurück, und ein anderer wies einen Steward an, in
seiner Koje zu verschwinden, da es keine Gefahr gäbe.
    Und dann
machte die Anweisung die Runde: »Alle Passagiere mit Schwimmwesten an Deck.«
Als Folge davon begannen sich teilweise angekleidete Leute – die ihre
Schwimmwesten über der Kleidung trugen – auf den ihrer Klasse gemäßen Decks
hastig zu versammeln (außer den Zwischendeckspassagieren, denen der Zugang zu
anderen Decks erlaubt wurde). In einigen Abschnitten des Schiffes wurden Frauen
von Männern getrennt und bei den Booten wieder zusammengelassen, in anderen
mischten sich Männer und Frauen ohne Einschränkung. Ehemänner halfen ihren
Frauen und Familien und dann anderen Frauen oder Kindern in die Boote. Die
Offiziere waren überall und überwachten die Arbeit des Herablassens und des
Beladens der Boote. In drei Fällen wurden sie durch höhere Offiziere
angewiesen, selbst das Kommando zu übernehmen. An dieser Stelle offenbarten
sich große Schwierigkeiten, Frauen dazu zu bewegen, das Schiff zu verlassen,
besonders dort, wo der Befehl »Nur Frauen und Kinder« rigoros durchgesetzt wurde.
In vielen Fällen weigerten sich Frauen, ihre Ehemänner zu verlassen und wurden
tatsächlich mit leichter Gewalt hochgehoben und zu den Booten gebracht. Sie
diskutierten mit den Offizieren, verlangten nach Erklärungen. In einigen
Fällen, wo sie genötigt wurden einzusteigen, hätten sie sogar den Eindruck
haben können, die ganze Sache sei ein Scherz oder eine Vorsichtsmaßnahme, die
für sie reichlich verrückt aussah. Darin wurden sie durch die zurückbleibenden
Männer ermutigt, die im gleichen Zustand der Unwissenheit waren, ihren Freunden
»Auf Wiedersehen« sagten und als sie hinabgelassen wurden, ergänzten, daß man
sich ja zum Frühstück wiedertreffen würde.
    Um zu zeigen,
wie wenig die Gefahr begriffen wurde: Als auf dem Erste-Klasse-Deck bekannt
wurde, daß das Vordeck mit kleinen Eisstücken bedeckt sei, wurden Verabredungen
für den nächsten Morgen zur Schneeballschlacht getroffen, und manche Passagiere
gingen sogar auf das Deck hinunter und brachten kleine Eisbrocken zurück, die
von Hand zu Hand gingen. Auch unter Deck finden sich Beweise dafür, daß niemand
an eine unmittelbare Gefahr dachte. Zwei Frauen, die einen der Korridore
entlanggingen, trafen auf eine Gruppe von Leuten, versammelt vor einer Tür, die
sie unter großem Aufwand öffnen wollten. Ein Mann auf der anderen Seite
verlangte lautstark, hinausgelassen zu werden. Entweder war seine Tür
verschlossen und er konnte den Schlüssel nicht finden, oder die Kollision hatte
das Schloß blockiert und verhinderte, daß sich der Schlüssel drehte. Die Damen
dachten, daß er in irgendeiner Weise betrübt sein müßte, wenn er solchen Lärm
anstellt, doch einer der Männer versicherte ihm, daß man ihn unter keinen
Umständen zurücklassen würde und daß sein Sohn (des Beistehenden) bald
zurückkehren würde, um die Tür einzuschlagen, wenn sie in der Zwischenzeit
nicht geöffnet werden könnte. »Er ist kräftiger gebaut als ich«, ergänzte er.
Sein Sohn erschien bald darauf und begann, Kleinholz aus der Tür zu machen. Sie
wurde eingeschlagen, und der Eingeschlossene wurde zu seiner großen
Erleichterung, mit vielfachen Ausdrücken der Dankbarkeit für seine Retter,
befreit. Aber bei diesem Stand der Dinge tauchte einer der Oberstewards auf,
der über den Schaden für seine Gesellschaft so in Wut geriet, daß er dem Mann,
der den »Gefangenen« befreit hatte, androhte, bei ihrer Ankunft in New York
würde er verhaftet; dabei vergaß er, wie unendlich viel größer doch der Schaden
am Schiff selbst war.
    Man muß sich
das mal vorstellen, daß den Passagieren keine allgemeine Warnung zuging. Zwar
gab es hier und da erfahrene Reisende, denen klar war, was sie an
Vorbereitungen zu treffen hatten, um nach einer Kollision mit einem Eisberg das
Schiff zu verlassen, aber die große Mehrheit war nie über das Ausmaß der
Beschädigung aufgeklärt worden. Wir wußten nur vage, daß wir mit einem Eisberg
zusammengestoßen waren, aber da endete auch schon unser Wissen, und die meisten
leiteten allein aus diesem Faktum nichts weiter ab. Ein anderer Umstand, der
einige davon abhielt, in die Boote zu gehen, war das Herablassen an sich und
die Reise zur unbekannten See. Sicherlich sah es wie eine furchtbare Strecke in
der Dunkelheit aus; die See und die Nacht waren beide sehr kalt und einsam
anzusehen, und hier lag das Schiff, so sicher, gut beleuchtet

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