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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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und warm.
    Aber
vielleicht war es der ungebrochene Glauben an die Theorie, die Titanic wäre
unsinkbar, welche so viele Leute ihre Entscheidung begründen ließ, an Bord zu
bleiben. Immer wieder wurde sie wiederholt: »Das Schiff kann nicht untergehen;
es ist eine Frage des Abwartens, bis ein anderes Schiff vorbeikommt und uns
aufnimmt.« Ehemänner wollten ihren Frauen folgen, und sie wollten sie entweder
in New York wiedersehen oder beim Übergang von Dampfer zu Dampfer, mitten auf
dem Ozean. Viele Passagiere erzählten, daß ihnen von Offizieren gesagt worden
sei, das Schiff selbst wäre das Rettungsboot und könne nicht sinken. Eine Dame
behauptete, der Kapitän hätte ihr erzählt, die Titanic würde erst in
zwei bis drei Tagen sinken; ohne Zweifel war das unmittelbar nach der
Kollision.
    So wundert es
nicht, daß sich viele entschieden zu bleiben und freiwillig den Platz an Deck
dem im Rettungsboot vorzogen. Und doch wurden die Boote herabgelassen, aber
zunächst nur halb beladen: hier liegt die eigentliche Erklärung, warum sie
nicht ganz gefüllt waren wie die späteren. Es ist wichtig, nun die Frage zu
überlegen, inwieweit der Kapitän das Zurückhalten seines Wissens vor den
Passagieren rechtfertigte. Einerseits hätte er ihnen sagen sollen: »Das Schiff
wird in einigen Stunden untergehen; dort sind die Rettungsboote, aber nur
Frauen und Kinder dürfen zu ihnen.« Aber hätte er die Autorität gehabt, diesen
Befehl auch durchzusetzen? Es gibt Dinge wie Panik oder Aufruhr, die einer
Handvoll von Offizieren aus der Kontrolle geraten können, auch wenn diese bewaffnet
sind, und die selbst den aufrechtesten Mann – psychisch wie physisch schwächen
können. Auf der anderen Seite: wenn er sich dazu entschieden hatte, alles
konkrete Wissen um die Gefahr von den Passagieren fernzuhalten und zur gleichen
Zeit Frauen und Kinder zu überreden versuchte, die Boote zu besteigen – sie
notfalls dazu zu zwingen, wenn er es nicht schaffte –, wäre ihre vollzählige
Rettung möglich gewesen. Er konnte ihr Vertrauen in die Verläßlichkeit der
Boote nicht vorhersehen. Es gibt viele Beweise dafür, daß er die Brücke
verließ, als das Schiff still lag, sich unter die Passagiere mischte und sie
bedrängte, in das Boot zu steigen, und streng alle bis auf Frauen und Kinder
ausschloß. Einige wollten nicht gehen. Offizier Lowe bestätigte, daß er, ausrufend
»Wer ist der nächste für dieses Boot?«, keine Antwort erhielt.
    Die Boote
wurden also halb ausgelastet abgeschickt – auch wenn ihr vermeintliches
Durchbrechen als Begründung dafür genannt wurde. Der Kapitän, mit nur so
wenigen Booten ausgerüstet, hätte unter diesen schauerlichen Umständen, denen
er sich konfrontiert sah, kaum mehr tun können, als zu überzeugen und
anzuweisen. Wie erschreckend, sich vorzustellen, daß es mit einigen Booten mehr
keine Diskussion hätte geben müssen – denn das Schiff war mit Davits
ausgestattet, die mehr als ein Boot aufnehmen konnten. Es hätte klar gesagt
werden können: »Das Schiff geht in ein paar Stunden unter, aber es gibt für
alle Passagiere genug Platz in den Booten, wir beginnen mit Frauen und
Kindern.«
    Armer Kapitän
Smith! Ich sorge mich nicht darum, ob die Verantwortung für die gefahrene
Geschwindigkeit im Eisberg-Gebiet auf seinen Schultern lastete oder nicht:
niemand sonst hatte solche Entscheidung in dieser Nacht zu treffen.
Andererseits scheint es schwierig zu sein, wie ihm die Schuld dafür zuzuweisen
ist, daß er den Passagieren Informationen über die drohende Gefahr vorenthielt.
Wenn man in der Presse liest, daß die Rettungsboote nur halbvoll die Carpathia erreichten, scheint das im ersten Augenblick ein fürchterlicher Umstand zu
sein, der nicht hätte geschehen dürfen. Aber es ist leicht, diese Kritik im
nachhinein anzubringen. Es ist so einfach zu sagen, Kapitän Smith hätte
jedermann über den Zustand des Schiffes aufklären müssen. Er war mit vielen
Ereignissen in dieser Nacht konfrontiert, das wird von der Kritik übersehen.
Laßt irgendeinen ehrlichen Menschen einige seiner Probleme überlegen, die hier
vorgestellt werden: Das Schiff wird wahrscheinlich in ein paar Stunden sinken;
es gibt Raum in den Rettungsbooten für alle Frauen und Kinder und einige Männer
[von der Besatzung ist hier keine Rede!]; es gibt keine Möglichkeit, einige
Frauen zum Verlassen zu bewegen, außer, ihnen zu sagen, daß das Schiff verloren
ist, ein Weg, den man besser nicht gehen sollte; und man kennt die

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