TITANIC-WORLD
bei einem Drink getroffen, aber so waren alle – einschließlich Gareth und ihm – nur todmüde in die Betten gefallen.
Der Bus hielt vor dem Hollybrook Cemetary . Gareth und Fiona verließen in angeregtem Geplauder den Reisebus und maschierten, ohne auf den Rest der Gruppe zu warten, auf das Friedhofsgelände zu. Ian grinste und auch Gemma konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie meinte: „Hoffentlich handelt es sich um einen kleinen Friedhof. Ansonsten werden die beiden sich verlaufen und nie wieder zurück finden. Fiona stand nämlich gerade unter der Dusche, als der liebe Gott den Orientierungssinn verteilt hat.“
„Haha! Das ist lustig!“ Ian lachte und Gemma fand, dass er noch unwiderstehlicher aussah.
„Mach dir keine Sorgen“, sagte er dann. „Gareth fährt einmal im Jahr nach Southampton. Der kennt diese Stadt besser, als sein Heimatdorf in Wales.“
„Herrje! Was macht der denn jedes Jahr in Southampton“, rief sie überrascht aus. „Mich interessiert die Titanic-Geschichte zwar auch, aber deswegen muss ich ja nicht gleich übertreiben.“
„Du kennst Gareth nicht. Der lebt TITANIC“, antwortete Ian belustigt. „Ob du’s jetzt glaubst oder nicht, der kauft hier ein.“ Als er Gemmas fragendes Gesicht sah, erklärte er rasch weiter: „Das Maritim Museum hat doch diesen kleinen Souvenirshop, in dem alles mögliche rund um das Schiff verkauft wird; Bleistifte, Notizblöcke, Schnapsgläschen mit dem Logo von der Reederei, diese Seife, die es schon auf der TITANIC gab und so weiter, und so weiter. Naja, und da zieht’s ihn halt immer wieder hin.“
„Zum Einkaufen! Hihihi! Der ist ja noch schlimmer, als Fiona“, lachte Gemma und fuhr fort: „Die durchstreift etwa einmal die Woche das Internet, auf der Suche nach irgendwelchen Repliken und ärgert sich jedes Mal schwarz, weil die meistens so überteuert sind.“
„So wie es aussieht, sind die beiden das perfekte Paar“, stimmte Ian ihr gut gelaunt zu. Dabei sah er sie verliebt an und als er merkte, dass sie schüchtern die Augen niederschlug, fügte er rasch hinzu: „Ihr müsst unbedingt mal mit nach Llangollen kommen und ihn besuchen. Allerdings übernehme ich keine Garantien, weil wir wahrscheinlich ohne Fiona nach Hause fahren müssen; wenn sie sein Haus sieht, bleibt sie bestimmt da.“
Sie unterhielten sich angeregt weiter und Gemma schien vergessen zu haben, wie sehr sie sich auf die Stadtrundfahrt mit all den Titanic-Denkmälern und historischen Orten gefreut hatte. Während Fiona und Gareth lebhaft miteinander fachsimpelten und damit ihren Reiseführer gehörig aus dem Konzept brachten, hatten Gemma und Ian nur nochAugen für einander. Als der Tag zu Ende ging, waren sie hoffnungslos verliebt. Fionas neugierige Blicke nahmen sie ebenso wenig wahr, wie Gareth vorwitzige Bemerkung, er werde sie ab jetzt nur noch Jack und Rose nennen. Fiona fand das urkomisch und hänselte ihre Freundin mit dem neuen Spitznamen. An Nomen est Omen dachte sie keine Sekunde lang.
Donnerstag, 24. Mai 2012
Als Cecilia um kurz vor zehn die Eingangshalle des South Western House betrat, drohte sie die eiseren Selbstbeherrschung zu verlieren, zu der sie sich seit gestern Abend permanent ermahnte. Sie verhielt mitten im Schritt und ließ langsam ihren Blick durch das Foyer schweifen. Bislang hatten sie die Säulen, die Stuckverzierungen und die großzügige Weite dieser Halle immer begeistert. Am heutigen Morgen jedoch bedrückte sie die Leere; ohne die eleganten Sitzgruppen und die schöne Rezeptionstheke aus poliertem Edelholz – die zuzeiten des South Western Hotels das Foyer noch geschmückt hatten – schien es ihr mit einem Mal seines Glanzes beraubt. Zurück geblieben waren nur die Überbleibsel einer vergangenen Epoche; stumme Zeugen längst verblasster Noblesse. Gleich der ruhmreichen Ära des einstigen eleganten Hotels, so würde auch für sie heute Vormittag eine Zeit zu Ende gehen, von der sie geglaubt hatte, sie währe ewig.
Mit langsamen Schritten ging sie auf den Fahrstuhl zu. Als sie nach oben fuhr, atmete Cecilia tief durch. Sechzehn Jahre lang war die TITANIC HERITAGE LTD. ihre Heimat gewesen; ihre Arbeit als Historikerin ihr Leben. In dieser Zeit hatte sie nicht nur ihre fachliche Kompetenz bewiesen, sondern war stets auch eine loyale Mitarbeiterin gewesen. Dass Nathan sie jetzt einfach so auf die Straße setzen würde, hatte sie tief verletzt; gleichzeitig aber auch die rebellische Frage aufgeworfen, ob Loyalität in
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