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TITANIC-WORLD

TITANIC-WORLD

Titel: TITANIC-WORLD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Aust-Jones
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haben. Im Grunde genommen ist vieles, was wir heute zu wissen glauben, immer noch Spekulation.“ Claire unterbrach sich. Sie bemerkte, dass die Anwesenden ihr gebannt lauschten. Einige hielten Diktiergeräte in der Hand, andere hatten während ihres Vortrags eifrig Notizen gemacht. Sie warf einen verstohlenen Blick auf ihre Armbanduhr. Keine Zeit, um weiter auf ein schier unerschöpfliches Thema einzugehen, dachte sie und wollte soeben den Rundgang fortsetzen, als sich die junge finnische Journalisten wieder zu Wort meldete. „Entschuldigung, aber ich möchte noch einmal auf die Ausgucks zu sprechen kommen. Stimmt es nicht, dass der Unglücksvogel, der den Eisberg zuerst gesehen hat, später Selbstmord beging?“
    „Ja, aber sein Selbstmord stand nicht im Zusammenhang mit der Katastrophe.“ Claire unterbrach sich erneut und überlegte. Natürlich könnte sie jetzt eine ausführliche Antwort geben. Vielleicht sollte sie die Journalisten aber einfach darauf aufmerksam machen, dass Cecilia, so weit es ihr möglich gewesen war, zu jedem an Bord eine kurze Biografie verfasst hatte und sie bei ihrem Rundgang früher oder später auch auf die von Frederick Fleet , dem Unglücksvogel, stoßen würden. Daraufhin fielen ihr zwei Dinge ein; erstens hatten sie nicht annähernd Zeit, jede interessante Biografie zu lesen und zweitens hatte Craig in seiner charmanten Art darauf bestanden, dass sie den Pressefuzzis freundlich Rede und Antwort stehen sollte. Allerdings ohne den Zeitplan durcheinander zu wirbeln und selbstverständlich ohne es die Presse merken zu lassen. Nun gut, dachte sie jetzt, dann werde ich ihnen halt die Reader’s Digest Version liefern. Aber auf die Kurzbiografien werde ich sie auch noch hinweisen und ihnen nahelegen, die TITANIC-WORLD privat zu besuchen. Nachdem sie genau das getan hatte, kam sie auf die Frage der Reporterin zurück.
    „ Frederick Fleet hieß der Ausguck, der den Eisberg zuerst sichtete. Zusammen mit seinem Kollegen, Reginald Lee , hatte er die Wache von 22.00 bis 24.00 Uhr in jenerSonntagnacht und ihnen war eingeschärft worden, besonders auf Pack- und Treibeis zu achten. Es war eine bitterkalte, klare Nacht. Am mondlosen Himmel funkelten die Sterne und der Atlantik lag ruhig und glatt wie ein Spiegel. Da, gegen 23.38 Uhr sah Fleet einen dunklen Schatten vor dem Bug der TITANIC, wie aus dem Nichts heraus auftauchen. Sofort läutetet er die Glocke dreimal und rief laut ‘ Iceberg right ahead ‘ bevor er zum Telefon griff und seine Warnung wiederholte. Frederick Fleet verließ das sinkende Schiff in einem der Rettungsboote, nachdem er dem zweiten Offizier Lightoller geholfen hatte, es zu besetzen. Nach dem Unglück blieb er noch vierundzwanzig Jahre bei der White Star Line . Während des zweiten Weltkriegs arbeitete er für Harland & Wolff . Danach hielt er sich mit verschiedenen Jobs über Wasser. Zuletzt verkaufte er Zeitungen, hier in Southampton. Über sich und sein Leben soll er einmal gesagt haben: ‘Ich habe meine Eltern nie gekannt. Die Heuer zu Anfang des 20. Jahrhunderts war dürftig. Ich war immer arm und immer verschuldet‘. Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau 1965, erhängte er sich in seinem kleinen Appartment.“
    Nach Claires Worten blieb es einen Moment still. Schließlich seufzte jemand und ein anderer sagte leise: „Armer, alter Mann.“
    Während sie die Gruppe weiter über das Bootsdeck führte, wirkte die Atmosphäre ein bisschen gedämpft. Doch als sie sich etwas später auf den Weg hinunter zum A-Deck machten, war das traurige Leben Frederick Fleets bereits vergessen.
    Claire schrak aus ihrem Korbsessel hoch. Durch die Türen des Vorführraumes strömten die Journalisten zurück ins Foyer. Herrje, bin ich eingeschlafen, fragte sie sich verwundert. Doch ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass die Vorführung nur knapp zehn Minuten gedauert hatte. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie die Techniker, die an ihr vorbei geeilt waren, gar nicht bemerkt hatte. Erstaunt sah sie sich um. Aus den Gesichtern der meisten sprach Verwunderung, während einige wenige, belustigt eine junge Frau beobachteten. Claire folgte ihren Blicken und erschrak. Es war die finnische Reporterin. Die Frau war blass und wurde von einem ihrer Berufskollegen gestützt. Claire bemerkte bestürzt, dass der jungen Journalistin die Tränen über die Wangen liefen. Die Türen zum Vorführraum standen offen und sie konnte sehen, wie einer der Techniker einen der CAT-Specs mit

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