Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
Vom Netzwerk:
davon als von etwas Vergangenem sprach. Wenn er ehrlich war, bis zur letzten Konsequenz hatte er die ökonomischen Vorlesungen auf der Hochschule nie durchdacht – es gab ja so viele Probleme beim Aufbau der eigenen Gesellschaft zu lösen, daß er sich wenig Gedanken über die andere Gesellschaftsordnung gemacht hatte. Aber eines erkannte er jetzt – richtig war das nicht gewesen.
»Ich leistete mehr als die andern, wollte unter allen Umständen angenehm auffallen, damit ich nicht entlassen wurde, wenn wieder einmal Schwierigkeiten auftraten. Ich wollte weiterkommen. Als ich es bis zur Aufsicht am Fließband gebracht hatte, ließ mich eines Tages der Direktor kommen. Mein Ehrgeiz war ihm aufgefallen – und meine Härte gegenüber den Kollegen. Er eröffnete mir, daß ich auf Kosten des Werkes mein Studium beenden und darüber hinaus eine Unterstützung für meine Familie bekommen könnte. Ich müßte mich nur verpflichten, nach Abschluß des Studiums im Werk zu bleiben und die Arbeit zu übernehmen, die mir zugewiesen würde.
Was gab es da zu überlegen! Eine schlechtere Arbeit, als ich sie hatte, würde ich als Diplomingenieur und Kernphysiker nie bekommen! Ich konnte also nur gewinnen, unermeßlich gewinnen. – Daß ich verlieren mußte, habe ich erst hier in der Kosmos erkannt.«
Stafford schwieg und fuhr sich über die Stirn. Er zögerte. Es fiel ihm schwer. Doch er ermannte sich.
»Nach dem Studium kam ich in ein Institut für Kernphysik. Als man dort mit mir zufrieden war, wurde ich nach Australien versetzt in ein unterirdisches Werk. Dort wurden…« Er sah zu Boden. »Dort wurden Atombomben hergestellt«, sagte er tonlos.
Den Männern verschlug es für einen Augenblick die Sprache.
»Trotz der Ächtung?«
»Trotz der Verträge?«
Von allen Seiten des langen Tisches kamen Zwischenrufe.
Stafford schwieg verwirrt. Romain erhob sich.
»Bitte, Genossen, haltet Disziplin«, sagte er ruhig. Er wartete, bis wieder Stille herrschte, und wandte sich dann an Stafford. »Bitte fahren Sie fort!«
Stafford richtete sich mühsam auf.
»Es handelte sich um Helium- und Kobaltbomben. Ihre Größe entsprach denen, die den Titanus zerstört haben. Es bedurfte einiger Zeit, ehe ich das Gefühl der Dankbarkeit abstreifen und diesen Vertragsbruch in seiner ganzen Niedertracht ermessen konnte. Mein Gewissen trieb mich eines Tages zur Direktion. Ich protestierte energisch und wies nachdrücklich auf die ungeheure Gefahr hin, die damit verbunden war. Man beruhigte mich. Es handele sich um eine Versuchsserie, die im Rahmen der Koexistenz gemeinsam auf einem anderen Planeten erprobt werden sollte. Diese Serie sei sowieso abgeschlossen, und das Werk werde aufgelöst. Mir erschien das glaubhaft, zumal da ich wegen der bevorstehenden Werkschließung nicht nach Australien zurückzukehren brauchte. Ich glaubte auch, daß diese Versuchsserie von beiden Seiten geheimgehalten werden solle, um die Menschen nicht unnütz zu beunruhigen. Ich… Ich kannte doch nicht das Wesen Ihres Staates…«
Er suchte nach Worten.
»Ich durchschaute dieses Betrugsmanöver erst, als ich Sie kennenlernte und begriff, daß Ihr Staat so sein muß wie Sie, eben weil Sie dieser Staat sind. Wenn man Ihren Abscheu gegenüber Kernwaffen kennt, wenn man spürt, wie Sie dem Leben und dem Fortschritt zugewandt sind, dann glaubt man, nein, dann weiß man, daß ein solcher Geheimvertrag nicht möglich ist. Wie wohl überhaupt kein Geheimvertrag möglich ist dort, wo das Volk regiert…«
Er schwieg erschöpft. Es dauerte eine Weile, ehe er weitersprach.
De Varenne war sehr nachdenklich geworden. So sah es ein Außenstehender – jeder einzelne sprach und stand für seinen Staat? War er sich dessen immer bewußt?
Stafford berichtete nun von seinem wachsenden Schuldgefühl, von den Zweifeln und von dem Bestreben, den Kollegen nicht den Glauben an eine Rückkehr zu nehmen.
»Als ich erkannte, daß die Titanen denselben Weg gingen, war diese Ähnlichkeit wie eine Mahnung, nun endlich zu handeln. Das Schuldgefühl wurde unerträglich. Ich wollte helfen, warnen, die alte Schuld wenigstens zu einem Teil abtragen. Ich mußte, wenn noch irgend möglich, eine irdische Katastrophe verhindern, die Weltöffentlichkeit alarmieren…
Die Rakete ist an den Weltgewerkschaftsbund adressiert. Sie enthält mein Tagebuch mit Aufzeichnungen über das unterirdische Werk und Material über die titanischen Forschungen, soweit sie sich mit denen des irdischen Werkes decken.«
Stafford setzte

Weitere Kostenlose Bücher