Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
Vom Netzwerk:
brauchte. Weshalb aber erzählten sie dann von ihren Arbeiten in einem Stadium, das noch keinen Urheberschutz ermöglichte?
     
    Nach dem Dienst legte sich Jansen ein wenig nieder. Flüchtig musterte er die vertraute Einrichtung seines Wohnzimmers. Eingebaute Bücherschränke begrenzten ringsum den Raum. Hinter ihren Glasscheiben reihten sich die Rücken der verschiedensten Werke aneinander; öffnete man die Scheiben, dann wurden sie mit Licht überschüttet. Doch nicht alle Einbände enthielten bedruckte Blätter, es waren auch buchartige Kassetten darunter, in denen Tonbänder eine reiche Auswahl von Musikstücken und wertvollen Rezitationen klassischer und zeitgenössischer Dichter bargen. Ein Musikschrank, der zwar den irdischen Radioschränken glich, jedoch keine Senderskala trug, bot mit einer umfangreichen Tastatur die Möglichkeit, unter allen Arten der Musik zu wählen, die neuesten Bordnachrichten zu hören oder lehrgangartige Vorträge wissenschaftlicher Themen einzuschalten. Diese Programme wurden vom Bordsender zusammengestellt, wie die Rundfunkzentrale des Raumschiffes allgemein genannt wurde.
    Eine behagliche Leseecke lud dazu ein, die Vielfalt der Werke zu ergründen oder sich Bänden zu widmen, die man aus der Zentralbücherei entliehen hatte.
    Da Jansens Wohnung an der Außenwand lag, hatte sie nach hinten keine Fenster. Dafür hatte er sich einen Bildschirm, der geeignet war, farbige und plastische Bilder wiederzugeben, so einbauen lassen, daß er einem Fenster glich, durch das man in eine Landschaft blickte. Weil er zahlreiche Landschaften gefilmt hatte, konnte er sich gleichsam in die unterschiedlichsten Gebiete der Erde versetzen. Da die Filmstreifen zu einem Durchlauf vierundzwanzig Stunden benötigten, also einen ganzen irdischen Tag umfaßten, blieb das Bild lebendige Illusion, wurde es nicht gleichförmige Wiederholung.
    Jetzt war der Schirm bildlos.
    Jansen war ärgerlich. Da lag er nun. Selbst ein Stück irdische Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes, trauerte er der Vergangenheit nach. Er brauste mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit durch das All, fernen Sternen entgegen, die noch kein Mensch erreicht hatte – und seine Gedanken flogen zurück zu der Kugel, deren Kind er war. In der Tat – kindisch benahm er sich! Oder war es männlich, mit einer unabänderlichen Tatsache zu hadern und sich in eine Traumwelt zu flüchten? Er brauchte nur einen Knopf zu drücken – und vor dem Fenster erschienen irdische Bilder. Sein Finger fand den Knopf; mit einem Druck begann das grausame Spiel, gegen das seine Vernunft sich wehrte, dem sein Empfinden sich jedoch immer neu unterwarf. Es war wie ein Rauschgift, das man haßt, weil man weiß, daß es die Kräfte unterhöhlt, von dem man aber dennoch nicht lassen kann.
    Der Bildschirm belebte sich. Er zerfloß in knorrige Kiefern. An ihren Wipfeln zerrte der Sturm. Am Fuße einer Steilküste jagten ungestüm Wellen heran und warfen sich gegen die Felsen, daß der Gischt sprühte. Weiße Schaumfetzen flogen durch die Luft, als schüttelten schnaubende Rosse ihre Mähne.
    So hatte es damals begonnen. Einsam hatte er am Strand gestanden und lachend, mit jugendlichem Kraftgefühl, dem Sturm getrotzt.
    In den Lüften orgelte der Sturm auf tausend Pfeifen, daß es klang, als heulten hungrige Wölfe, als klagten einsame Käuzchen, als wimmerten verlorene Kinder. Die Wipfel ächzten, und die Stämme knarrten.
    Jansen duckte sich, als schüttelten ihn wieder die Böen.
    Da war es wieder, dieses übermütige Lachen. War es der Sturm? Schräg gegen die andrängenden Luftmassen gelehnt, wandte er sich um. Narrten ihn die Augen? Ein Mädchen! Lachend, als sei dieses Toben der Lüfte ihr Lebenselement. Hatte er bisher dem Sturm mit der Wonne dessen getrotzt, der lang Entbehrtes endlich wieder genießen kann – denn auf der Weltraumstation hatte er wetterlose Monate verbracht, und dieser Sturm war für ihn das irdische Leben –, so vergaß er ihn jetzt. Doch das belebende Kraftgefühl, der siegesgewisse Tatendrang blieben – so stand er dem Mädchen gegenüber.
    Es schien in diesem Toben nichts zu geben als sie beide, alles andere trat zurück, wurde bedeutungslos. Und es kam fast von selbst, daß sie sich gemeinsam gegen den Sturm stemmten, daß sie zusammen über schmale Pfade gingen.
    Im Hohlweg erst, dessen Sohle sich vor den Böen versteckte, fanden sie in die Umwelt zurück. Er löste seinen Blick von ihrem schlanken Körper, dem der Sturm das Kleid wie

Weitere Kostenlose Bücher