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Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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aber die, welche er in der Zukunft spielen sollte. Der Adel zog vorüber, nur der Herzog von Orleans ward mit Beifall, aber dies auch auf förmlich wahnsinnige Weise begrüßt. Man wollte dadurch die Königin kränken und war nur auf Rache gegen sie bedacht. Schon seit langer Zeit war der Krieg zwischen Philipp von Orleans und Maria Antoinette erklärt. Man führte für diese Antipathie die seltsamsten Ursachen an. Dieselbe dauerte schon seit acht oder neun Jahren und sollte nur auf dem Schafott erlöschen, welches sie beide durch einen Zwischenraum von zweiundzwanzig Tagen voneinander getrennt bestiegen.
    Nach dem Adel kam die Geistlichkeit. Das allgemeine Schweigen war dasselbe. In der Geistlichkeit schienen bloß die beiden Stände vereinigt zu sein, welche wir soeben einzeln vorüberziehen gesehen – der Adel und der dritte Stand. Zuerst kamen etwa dreißig Prälaten in violetten Gewändern. Dann ein Musikkorps. Auf dieses folgten etwa zweihundert Geistliche in dem schwarzen Priestergewand. Diesen näherte sich das Volk unwillkürlich, wenn auch ohne Beifallsbezeigungen. Sie waren das Volk der Kirche, das Volk, welches in früheren Jahrhunderten nicht bloß das allgemeine Volk repräsentierte, sondern auch die Freiheiten des Volkes geschützt hatte. Später war es dieser Mission ein wenig untreu geworden; man war aber gern bereit, ihm dies zu verzeihen, wenn es nur wieder in den guten Weg einlenkte. Dem König wurden seinerseits einige Beifallsbezeigungen gespendet, aber sie waren weit von denen entfernt, womit man Mirabeau und den Herzog von Orleans überhäufte. Dann kam die Königin. Seit meinem ersten Besuch in Paris war eine furchtbare Veränderung mit ihr vorgegangen. Anstatt der liebenswürdigen Sanftheit, die sich sonst in ihren Zügen aussprach, lag jetzt darin etwas Hartes, Trockenes, Undankbares. Man schrie ihr ins Ohr: »Es lebe der Herzog von Orleans!« Und mitten unter diesen Rufen ließ ein Pfeifen sich hören. Sie ward bleich und war nahe daran, ohnmächtig zu werden. Fast sofort aber ermannte sie sich, ihren Mut zusammenraffend, wieder, richtete den Kopf empor, schleuderte einen haßerfüllten, herausfordernden Blick umher und nahm dann wieder ihre gewohnte harte, verächtliche Miene an.
    Als die Königin vorüber war, trat ich vom Fenster zurück und setzte mich. Ich empfand dieselbe Wirkung, als wenn mirein Stück Eis ins Herz gedrungen wäre. Wenn man mir in diesem Augenblicke gesagt hätte: »Dieses eiserne Rohr wird sich nicht beugen und deshalb zerbrochen werden,« so würde man mich dadurch keineswegs in Erstaunen gesetzt haben. Wir ruhten einen Augenblick aus und dann, nachdem wir gesehen, was mir sehen gewollt, machten mir uns wieder auf den Rückweg nach Paris. Unterwegs erklärte Sir William mir die Situation. Es war ein wirklicher Kampf, der sich zwischen der niedern Geistlichkeit, zwischen dem dritten Stand und den vom Adel unterstützten Prälaten und Edelleuten entspann. Alle diese Fragen waren zu ernst, als daß ich meine Gedanken lange dabei hätte verweilen lassen. Mein böser Genius wollte, daß ich mich in die Politik eines andern Landes mengte. Hierzu aber ward ich durch ein doppeltes Gefühl verleitet – durch meine innige Freundschaft für die Königin Karoline und durch meine unwiderstehliche Liebe zu Nelson. Jetzt kann weder das eine noch das andere dieser Gefühle mir zur Entschuldigung gereichen, dies weiß ich wohl; da ich aber eine so furchtbare Rechenschaft abzulegen habe, so will ich dies lieber im Namen meiner Liebe und Selbstverleugnung, als im Namen meines persönlichen Interesses tun.
    Am nächsten Tage, den 5. Mai 1789, verließen wir Paris. Wir nahmen den Weg durch Belgien und die Schweiz, gingen über den St. Gotthard, fuhren über den Lago Maggiore, erreichten Livorno mit der Post, fanden hier unsere Felucke und stiegen am 20. Mai an der Immacolatella ans Land. Als wir das Gesandtschaftshotel betraten, fand Sir William hier ein Billett des Königs vor, welches folgendermaßen lautete: »Am Tage nach Ihrer Ankunft, mein lieber Sir William, werde ich Sie zum Diner im Schlosse von Caserta erwarten; die Königin aber, welche mit Ihrer liebenswürdigen Gemahlin eine nähere Bekanntschaft zu machen wünscht, als dies bei einer offiziellen Vorstellung geschehen kann, wird dieselbe zwischen elf und zwölf Uhr erwarten. Bleiben Sie daher bis um vier Uhr bei Ihren Geschäften, aber schicken Sie uns Lady Hamilton als die Taube der Arche, um uns zu melden, daß Sie

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