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Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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fieberhafte Aufregung der Königin. Sie hatte das Gespräch auf die Gefangenschaft, die Leiden und den Tod ihrer Schwester Marie Antoinette gebracht, die am 16. des Monats, in den wir soeben eingetreten, hingerichtet worden war. Da keiner ihrer Gedanken mir entging, so verstand ich sehr wohl, daß sie darin eine Erleichterung ihrer Gewissensbisse suchte, die Leiden hervorhob, welche die Franzosen einer Frau bereitet hatten, die durch ihren Rang als unverletzlich hätte dastehen sollen. Der Himmel ward wieder finster, und der Kutscher glaubte wieder nach dem Schlosse fahren zu müssen. Die Königin machte keine einzige Bemerkung. Der Wagen hielt am Fuße der großen Ehrentreppe. Karoline wechselte den Gegenstand der Unterhaltung.
    »Diese Treppe ist wirklich sehr schön,« sagte sie, »und diese Treppe allein hätte den Ruf Vanvitellis begründen können.« Und sie machte mich auf alle Wunder dieses Bauwerks aufmerksam. So gelangten wir in ihr Zimmer. Karoline war die Beute einer jener nervösen Überreizungen, die bei ihr gewöhnlich mit einer Krisis endeten. Sie ging sehr schnell, als ob sie ihre äußeren Bewegungen, die trotz ihrer Verstellung, den Zustand ihrer Seele verrieten, ins Gleichgewicht bringen wollte. Plötzlich und gerade in dem Augenblicke,wo sie wieder in ihr Zimmer trat, blieb sie unbeweglich stehen, den Blick auf die Pendule geheftet.
    Es war gerade vier Uhr. Die Uhr ließ eben jenes Ausheben hören, welches dem Stundenschlag vorausgeht; die Zeit erhob ihre Sichel wie zum Schlage und die Glocke erdröhnte viermal unter dem stählernen Hammer. Die Vorsicht der Königin, am Abend vorher die Uhr anzuhalten, war vergeblich gewesen und seltsamerweise schlug die Uhr gerade in dem Augenblicke, wo die Königin ins Zimmer trat, die verhängnisvolle Stunde, die sie auf dem Zifferblatt anzuhalten versucht hatte. Nachdem die Königin mit mir in den Wagen gestiegen, war nämlich ein Lakai hereingekommen, und als er sah, daß die Uhr stand, hatte er dieselbe aufgezogen und gestellt. Daher kam das Wunder. Die Wirkung war jedoch bereits hervorgebracht, ehe die Königin sich die Ursache erklärt, und wenn ich Karolinen nicht gestützt hätte, so wäre sie, glaube ich, umgefallen. Ich wollte klingeln, sie verbot es mir.
    »O nein,« sagte sie, »ich kann vielleicht schwach sein, es darf es aber niemand erfahren. Da es aber wahrscheinlich ist, daß Gott für diese drei elenden Jakobiner kein Wunder hat geschehen lassen, so will ich dies Geheimnis der Uhr wissen. Hilf mir mich auf mein Bett legen und dann erkundige dich darnach.«
    Ich führte die Königin bis an ihr Bett, sie legte sich angekleidet darauf und ich ging hinaus, um die Diener zu fragen. Da erzählte mir der Lakai, daß er, da er gesehen, daß die Uhr gestanden und er geglaubt hätte, sie sei zufällig stehen geblieben, es für seine Pflicht gehalten, sie aufzuziehen und zu stellen. Ich ging sogleich wieder zur Königin und brachte ihr diese Erklärung. Ihr Gesicht hellte sich auf; sie wischte sich den Schweiß von der Stirne und versuchte zu lachen, die Muskeln des Gesichts schienen jedoch steif geworden zu sein, so daß sie keinen milderen Ausdruck annehmen wollten.
    »Jetzt muß übrigens,« sagte sie, indem sie nach der Uhr blickte und sah, daß es halb fünf war, »alles vorbei sein. Ein großes Exempel ist statuiert worden, das war in Neapel nötig.« Ich schwieg. »Bist du nicht auch meiner Meinung?« fragte sie.
    »Ach, Madame,« erwiderte ich, »erlauben Sie, daß ich über diese schrecklichen Dinge, wobei es sich um Leben und Tod handelt, keine Meinung habe. Ich bin zu entfernt von denen geboren, denen Gott das Recht gegeben, über das Leben anderer zu verfügen, als daß ich mich je mit dieser ernsten Frage beschäftigthätte. Ich bin nur ein Weib, demnach ein schwaches Geschöpf, und ich hätte es lieber gesehen, wenn diese Pendule die Stunde der Gnade anstatt die Stunde der Verdammung geschlagen hätte.«
    »Wenn diese Pendule die Stunde der Verdammung geschlagen hat, so ist es die Schuld der Verurteilten selbst,« rief Karoline lebhaft. »Hast du nicht alles getan und auch mich bewogen, alles zu tun, was zu ihrer Rettung nötig war? Habe ich nicht noch gestern, trotz der mir von diesen Leuten angetanen Beschimpfung, den ganzen Tag in Neapel gewartet, ob niemand aus ihrer Familie, Vater, Mutter, Bruder, Schwester, mich um Gnade für sie anflehen würde? Als du fort warest und ich allein blieb, habe ich da nicht Befehl gegeben, daß man jeden

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