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können. Etwas anderes bedarf ich nicht. Was den Krieg betrifft, so erwarten Sie keine großen Neuigkeiten von uns. Wir sehen nichts. Ich fürchte aber noch immer sehr, daß Neapel und selbst Sizilien in die Hände der Franzosen fallen. Mittlerweile habe ich meine Ratschläge in so ausgedehnter und präziser Weise erteilt, daß, wenn dieser Fall eintritt, man die Schuld nicht auf mich wird schieben können. Die Königin von Neapel hat, wie ich aus dem Siegel schließe, einen Brief an Castelcicala gesendet. Auch mir hat sie einen geschrieben, worin sie mir ihren Dank für die Fürsorge ausspricht, welche ich für das Wohl des Königreiches trage. Der König lebt noch immer sehr zurückgezogen. Er hat sich geweigert, den französischen General Gouvion Saint-Cyr zu empfangen, welcher nach Neapel gekommen ist, um die Kriegskontribution zu regulieren. Ich glaube, der König verließe gern Neapel und zöge sich nach Sizilien zurück, wenn die Franzosen es ihm erlaubten. Grüßen Sie in Merton Place alle freundlichst von mir. Ihr treuer
Nelson .«
»The Victory, vor Toulon, 26. August 1803. Meine teure Emma! Wenn ich Ihnen sage, daß ich den ganzen Tag und die ganze Nacht an Sie denke, so ist damit die Liebe, welche ich für Sie empfinde, immer noch viel zu schwach ausgedrückt. Obschon durch gebieterische Umstände von Ihnen entfernt, bleibe ich doch, glauben Sie dies fest, stets der Ihrige. Der Ruf unseres Vaterlandes ist eine Pflicht, welcher ich mich fügen mußte, und hätte ich demselben nicht entsprochen, so würden Sie in Ihren Augenblicken kalter Überlegung sich meiner geschämt haben, weil Sie nicht mehr hätten sagen können: Dies ist der Mann, welcher England gerettet hat! Dies ist der Mann, welcher stets der ersteist, wenn es in den Kampf geht, und der letzte, der aus demselben zurückkehrt. Alle Ehren aber, die ich erlange, spiegeln sich auch in Ihnen, denn wenn die Welt von mir spricht, so wird sie sagen: ›Welche Opfer hat er für das Wohl seines Vaterlandes gebracht, da er um desselben willen sogar das reizendste und gebildetste Weib der Welt verlassen!‹ Wenn Sie mich ebenso sehr lieben wie ich Sie, so müssen Sie mich verstehen. Mein Herz ist bei Ihnen, bewahren Sie es, meine Geliebte; wenn es Gott gefällt, so werde ich als Sieger zurückkehren, oder wenigstens einen makellosen Namen hinterlassen. Ich habe dies alles nicht aus Ehrgeiz oder aus Habgier getan. Weder Habgier noch Ehrgeiz hätten mich fern von allem halten können, was mein Herz liebt. Nein, ich habe mich dem Ruhme Englands gewidmet, weil es der Wille Gottes war. In dieser und jener Welt, in Zeit und Ewigkeit stets der Ihre.
Nelson .«
95. Kapitel.
Dank der Familie Nelson, welche, so lange der Admiral lebte, im höchsten Grade freundschaftlich gegen mich war, sah ich mich, als er fort war, nicht ganz vereinsamt. Seine Nichte zog mit in unser Haus und ward meine Schülerin. Sie studierte mit mir Französisch, Italienisch, Zeichnen und Musik und ich kann sagen, daß ich nach Verlauf von sechs Monaten aus einer kleinen Bäuerin, die sie war, eine junge Weltdame gemacht hatte. Es war dies von meiner Seite ein Akt der Herablassung, von seiten der Familie Nelsons aber ein Beweis von Achtung für mich. Der Doktor Nelson, Bruder des Admirals und Vater des jungen Mädchens, dessen Erziehung ich übernommen, war zum Kanonikus an der Kathedrale von Canterbury ernannt worden, und da ihm viel daran lag, sich mir zu jener Zeit aufmerksam zu beweisen, so sollte ich einen Teil des Sommers bei ihm zubringen. Ich nahm Mistreß Belligton, eine frühere dramatische Künstlerin, mit, welche sehr schön gewesen und viel Talent besaß. Die Einwohner von Canterbury waren nicht wenig erstaunt zu sehen, wer die beiden Gäste des ehrwürdigen Kanonikus waren, und nahmen großes Ärgernis daran, als Mistreß Bellington und ich uns erboten, an einem Festtage in der Kathedrale ein geistliches Duett vorzutragen. Unser Erbieten ward kurz zurückgewiesen, ja noch mehr,die ehrsamen Bürger der ehemaligen Hauptstadt des Königreichs Kent verfehlten niemals, auf ihre Visitkarten die Worte zu schreiben: »Für Doktor Nelson, aber nicht für Lady Hamilton .« Nicht lange nach Nelsons Abreise gebar ich eine zweite Tochter, die in Merton Place zur Welt kam und der ich den Namen Emma gab. Die arme Kleine weilte nur kurze Zeit in dieser Welt, denn sie starb schon im nächstfolgenden Jahre an Krämpfen. Zu jener Zeit war, wie ich schon gesagt habe, die ganze Familie Nelson
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