Tochter der Hoffnung (German Edition)
Windes hin und her wiegten. Ashaya schwamm nah genug heran, sodass Danil an einer Leiter hinauf klettern konnte. Cuinn lag direkt vor ihr. Er war nass und atmete nur sehr flach. Danil versuchte das flaue Gefühl in der Magengegend zu ignorieren. Sie würde ihn nicht sterben lassen. Normalerweise überfiel Danil eine eisige Ruhe, sobald sie sich um einen Patienten kümmerte. Es war notwendig, dass sie ihre Gedanken und Gefühle unter Kontrolle hatte, um jemandem zu helfen. Ihr Talent bezog sich nicht allein auf die Kräuterheilkunde. Bevor sie ihre Fähigkeiten verloren hatte, war sie in der Lage gewesen, mit ihrem Geist in den Körper des Verletzten zu gelangen und die Wunden von innen heraus zu heilen. Dazu musste sie stets die Ruhe bewahren und ein klarer Kopf war lebensrettend. Sollte sie unkonzentriert oder von Gefühlen geleitet einen Patienten behandeln, konnte es passieren, dass ihre Seele den Weg zurück in ihren Körper nicht mehr fand. Doch in diesem Moment überflutete sie ein Gefühl der Hilflosigkeit. Mit der Hand direkt auf seinem Herzen bemerkte sie den stockenden Herzschlag. Als sie sich zu Ashaya umdrehte, die sie immer noch im Wasser vermutete, blieb ihr der Mund buchstäblich vor Überraschung offen stehen. Ashaya schaute mit ihren seltsamen Augen zu ihr hinauf, doch mit einem Mal sprang sie mit ihrem riesigen Körper aus dem Wasser. Die Wasserfontäne fing die Strahlen der Sonne auf und tausende kleiner Wassertropfen schimmerten wie Diamanten. Noch in der Luft veränderte sich Ashaya`s Körper. Er verformte sich und wurde kleiner. Die Gestalt des Meereslebewesens veränderte sich zu der Gestalt einer wunderschönen Frau mit Haaren, die fast bis zu den Kniekehlen reichten. Blaue Strähnen durchzogen die hellblonde Masse. Doch die Augen hätte Danil überall wieder erkannt. Die schwarze Tiefe und die blauen Punkte um die Iris herum zogen einen sofort in den Bann.
Die junge Frau, zu der Ashaya geworden war, kniete sich nun nackt auf Cuinn`s andere Seite hin. Ihre Stimme hatte sich nicht verändert, trotz der anderen Gestalt.
„Ich habe gehofft, dir die benötigte Zeit geben zu können. Doch das ist nun nicht mehr möglich. Ich weiß, dass deine Heilkräfte momentan nicht stark genug sein werden, um diesem Mann zu helfen.“ Die Verzweiflung drohte Danil unter sich zu begraben. Das durfte nicht sein. Es war ihre Schuld, dass Cuinn vielleicht sterben würde.
„Ashaya, es muss doch einen Weg geben. Wenn ein Tier sich in einen Menschen verwandeln kann, dann muss es doch eine Möglichkeit geben, sein Leben zu retten.“ Die Heilerin sah, dass Ashaya einen Kampf mit sich ausfocht. Das Ganze hatte nur ein paar Sekunden gebraucht und doch spürte sie nun eine wilde Entschlossenheit bei der anderen Frau, die zuvor noch nicht da gewesen war.
„Du kannst ihn nur retten, wenn deine Kräfte vollständig wieder hergestellt sind. Ich bin die letzte der Mìolmòrs , der Wächter des Elements Wasser, die noch in dieser Welt verweilen. Du, Danil, bist durch deine Seele mit mir verbunden, auch wenn du davon bis jetzt nichts gewusst hast. Wenn du mir genug Vertrauen entgegen bringst, dann können wir deine Kräfte wieder beleben, doch dazu müssen wir einen Blutschwur leisten. Sobald das geschehen ist, wird die Eine jederzeit wissen, wo sich die Andere befindet, was sie fühlt. Es wird noch immer eine gewisse Privatsphäre geben, doch es wird nie wieder so sein, wie du es kanntest.“ Danil musste nicht lange überlegen. Ihr Wunsch, Leben zu retten und insbesondere das Leben dieses einen Mannes nahmen ihr die Entscheidung bereits aus der Hand. Instinktiv, tief aus ihrem Innersten, wusste sie, dass es richtig war. Sie spürte an Ashaya nichts außer einem starken Willen und einem reinen Herzen. Danil nickte der anderen Frau zum Zeichen zu, dass sie einverstanden war.
Ashaya nahm einen kleinen spitzen Stein und ritzte sich damit in die Hand. Danil nahm ihr den Stein aus der Hand und tat dasselbe. Durch einen Handschlag vermischte sich ihrer beider Blut. Die dadurch entstandene Verbindung überwältigte Danil mit einem atemraubenden Schlag. Instinktiv wusste sie, dass das Schicksal eine langsam entstandene Verbindung mit Ashaya vorgesehen hatte. Vor Schmerzen schloss sie ihre Augen, die mit einem Mal unendlich empfindlich waren. Sie hörte Ashaya stöhnen, ihr schien es nicht anders zu gehen. Bilder tauchten vor ihrem geistigen Auge auf. Bilder von fremden Welten, von den Tiefen des Meeres. Anscheinend hatte Ashaya
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