Tochter der Insel - Historischer Roman
gefrieren. Das alles war ein Albtraum, es konnte gar nicht anders sein.
»Und Dienstmädchen gibt es wie Sand am Meer. Natürlich könnte dir dein Äußeres etwas einbringen. Ich habe gute Ohren. Die Leute im Dorf haben von deiner Mutter gesprochen, die sich zu Lebzeiten für die männlichen Inselgäste nicht zu schade war, und von deiner Schwester, die mit dem Erstbesten auf und davon ist. Doch ich glaube, dass du nicht gerne von einem Bett ins nächste hüpfen möchtest. Sei also dankbar für mein Angebot. Es wird dir, solange ich dich an meiner Seite wünsche, dein täglich Brot sichern.«
Lea wurde speiübel. Sie konnte nicht glauben, dass er all dies gesagt hatte.
»Bitte gehen Sie, sofort!«
Er umschlang sie erneut. »Kannst du dir vorstellen, wie du mich faszinierst? Nein, das kannst du nicht. Du bist meine persönliche Entdeckung. Niemals zuvor habe ich ein solch zartes Wesen gesehen von so ungewöhnlichem Aussehen. Eine südländische Frucht mit der Kühle des Nordens. Es wird mir eine Freude sein, dein Temperament zu wecken, dich zu lehren, wie du mir Vergnügen bereiten kannst. Hab keine Angst. Es wird dir gut gehen bei mir.« Seine Lippen waren ganz dicht an ihrem Ohr, sein übler Atem ekelte sie an. »Du wirst dich nicht mehr zu schinden brauchen, und meinetwegen können wir auch die Haushälterin behalten. Nur eines musst du sein: schön und geschmeidig und allzeit bereit. Das ist meine Bedingung.« Sein Mund kam näher, um sie zu küssen. Lea versuchte verzweifelt, seinen Lippen zu entkommen.
»Du wirst noch willig werden, Lea. Ich verspreche es dir.« Aus seiner seidenweichen Schlüpfrigkeit war die Grobheit nicht zu überhören.
Leas Angst verwandelte sich von einem Moment zum nächsten in Zorn. Dieser Kerl hatte ihr nicht nur das Zuhause genommen, sondern auch die Menschen, die sie liebte, in den Dreck gezogen. Sie riss sich von ihm los und spürte, wie er sich dagegen wehrte, sie freizugeben. Die Finger des Mannes umschlossen den Ausschnitt ihres Kleides und Lea hörte, wie der Stoff zerriss. Ihr Peiniger gab einen überraschten Ton von sich, zog dann scharf die Luft ein. Lea sah, dass die Knöpfe des Unterkleides abgesprungen waren und jetzt den Blick auf ihre nackte Haut freigaben. Gierig streckte der Rohling die Finger aus, zog den Rest des Stoffes mit einem Ruck von ihren Schultern und umfasste ihre Brüste mit beiden Händen. Dabei stöhnte er wohlig auf.
Lea fuhr zurück, als sei sie von einer Schlange gebissen worden. Während ihre Hände den Stoff des zerrissenen Oberteils zusammenrafften, schrie sie ihn an: »Niemals werde ich auf Ihr Angebot eingehen – und wenn Sie der letzte Mann auf Erden wären! Ich habe eine Schwester in Amerika, die mich nur zu gerne aufnehmen wird.« Dann wandte sie sich zur Tür, öffnete sie mit einer wilden Bewegung und stürmte die Treppe hinauf.
»Komm sofort zurück!«
»Ich glaube, Lea möchte, dass Sie jetzt gehen.«
Wie aus dem Nichts stand Hiske in der Tür. Mit eiskalter Miene wies sie auffordernd zum Ausgang.
Der Finanzberater strafte die Haushälterin mit einem vernichtenden Blick. An der Treppe blieb er stehen und schaute nach oben. Dann griff er in seine Jackentasche und zog einen Umschlag hervor, den er triumphierend schwenkte. »Es gibt niemanden, der auf dich wartet. Lass dir das gesagt sein. Ich weiß es! Daher denke noch einmal ganz in Ruhe über mein Angebot nach. Morgen komme ich wieder und hole mir deine Antwort. Ich erwarte ein angemessenes Willkommen.«
Lea kauerte auf dem Treppenabsatz. Nach Gärbers Worten lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Kaum hatte Hiske den Riegel vorgeschoben, da brach sie zusammen und ließ sich auf die Stufe fallen.
Die Haushälterin stürmte die Treppe hinauf. Empört betrachtete sie das zerrissene Kleid. »Kind, was hat er dir getan?«
»Es ist nichts passiert. Ach Hiske.«
Ihre Tränen drohten hervorzubrechen, doch Lea ließ es nicht zu. Sie hatte keine Zeit zum Weinen. Sie musste nachdenken. Stockend berichtete sie von der schlechten Nachricht und von den Handgreiflichkeiten.
Hiske schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Ihr sonst so blasses Gesicht bekam rote Flecken. »Du armes Kind. Und ich dachte, dieser Mann sei ein feiner Herr.«
Dieser Schuft würde sich nicht abspeisen lassen, keine Ruhe geben und sie jagen wie ein Tier. Auf Wangerooge war sie nicht mehr sicher. Daran konnten weder der Vogt noch sonst ein Mensch etwas ändern. Der Kerl würde sich hier auf der Insel häuslich
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