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Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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sich Arne Hals über Kopf für den Präriehandel einfangen lassen. Er ist so ein Kindskopf und läuft einfach vor den Problemen davon. Die Händlertrecks brechen bald auf, treffen mit Kaufleuten, die von der anderen Seite des Kontinents kommen, zusammen, tauschen ihre Waren und kehren dann wieder um. Es kann bis zu einem Jahr dauern, bis Arne nach Hause zurückkehrt. Er hat mir einen langen Brief mit vielen Worten der Entschuldigung hinterlassen. Arne hofft, mit dem Geld aus dem Präriehandel für uns beide eine eigene Zukunft aufbauen zu können. Er hat sich einfach fortgeschlichen und mich alleine gelassen. Kannst du dir vorstellen, wie wütend ich war?
    Lea, mein Kind wird in sechs Monaten zur Welt kommen. Bis dahin will ich dich bei mir haben. Bitte, bitte komm! Ich habe viele meiner Zeichnungen und die goldene Kette verkauft, um dir eine Reise unter besseren Umständen zu ermöglichen, als ich sie hatte.
    Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich auf dem Weg nach St. Louis. Morgen werde ich dort die Gesellschaft für Einwandererhilfe aufsuchen. Sie sollen mir einen vertrauenswürdigen Menschen benennen, der nach Deutschland fährt. Diesem werde ich meine Zeilen und das nötige Geld für ein Billett mitgeben. Ich werde ihn anweisen, in Bremerhaven eine Fahrkarte für dich zu lösen. Die Schiffe nach Amerika sind häufig auf Wochen ausgebucht. Mein Brief soll dich direkt über die Telegraph erreichen. Ich bete zu Gott, dass mein Plan gelingen möge. Verrate dich nicht bei Großmutter, sondern schleiche dich heimlich von der Insel. Das Geld reicht für eine Kajütpassage. Es wird noch genug übrig sein, um bis nach Quincy zu reisen.
    Du glaubst nicht, wie ich es genieße, der Farm und den Problemen für kurze Zeit zu entfliehen! Einige Tage werde ich in St. Louis bleiben, um dann mit der Lucky Star wieder zurückzureisen. Ich habe ein Billett für die Jungfernfahrt des Dampfers gebucht. Die erste Fahrt ist immer etwas Besonderes.
    Lea, ich kann es kaum noch erwarten, dich bei mir zu haben. Ich freue mich unbändig auf dich!
    Deine ungeduldige Rebekka
    Lea ließ den Bogen sinken. Eine Fahrkarte nach Amerika! Gerade noch hatte sie eine Reise dorthin nur im Geiste geplant und jetzt fiel ihr das Billett einfach in den Schoß. Was für eine wunderbare Fügung des Schicksals! Ihr Körper begann vor Erregung zu kribbeln, und Gedanken wirbelten wie Schneeflocken durch ihren Kopf. Sie würde nicht länger zusehen müssen, wie Immo sich vor Sehnsucht nach Carlotta verzehrte. Sie würde einfach fortgehen und alles hinter sich lassen. Bilder stiegen vor ihr auf. Ein stolzes Schiff, das weite Meer und ein fremdes Land mit glücklichen Menschen. Schließlich Rebekka, die sie freudestrahlend in die Arme schloss.
    Während sich in ihrem Kopf die Gedanken jagten, klopfte es zum zweiten Mal an diesem Tag. Lea schrak zusammen. Sie hatte den Besuch Gärbers fast vergessen. Was für ein Glück, dass Hiske heute im Haus und sie nicht allein mit diesem unangenehmen Kerl war.
    Lea erhob sich rasch, legte den Brief zur Seite und ging zur Tür. Sie öffnete und hieß den Finanzberater eintreten. Ferdinand Gärber nahm den Hut ab und betrachtete mit einem seltsam triumphierenden Ausdruck zuerst Lea, die ein schlichtes dunkles Kleid trug, und dann das Innere des Hauses. Er schnalzte anerkennend mit der Zunge. Lea fühlte sich unangenehm berührt und führte ihn widerstrebend ins Wohnzimmer. Hiske deckte gerade den Tisch mit Teegeschirr ein.
    Ich muss ihm gleich erklären, dass ich von nun an jemand anderen in finanziellen Dingen beauftragen werde, dachte Lea nervös.
    Der Finanzberater blieb auf der Schwelle zum Wohnzimmer stehen und wies Hiske überheblich an: »Sie können gehen, meine Liebe. Wir haben etwas unter vier Augen zu besprechen.«
    Fragend blickte die alte Haushälterin Lea an. »Geh nur, Hiske. Du kannst vielleicht schon anfangen, Großmutters Sachen zu ordnen.« In Gedanken fügte sie noch hinzu: Hauptsache, du verlässt das Haus nicht.
    Lea war wütend. Wie kam der Kerl dazu, Anweisungen zu erteilen? So schnell wie möglich musste sie diesen Widerling loswerden.
    Als die Tür hinter Hiske ins Schloss fiel, wandte der Finanzberater seine ganze Aufmerksamkeit Lea zu. Er betrachtete sie von oben bis unten. Lea griff mit zusammengebissenen Zähnen, aber auch leicht verwirrt, nach einem Stuhl, setzte sich und wies auf den gegenüberliegenden Platz.
    »Es wäre gut, wenn wir die Angelegenheiten rasch regeln könnten. Ich fühle

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