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Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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ausprobiert. Das Zeug wirkt Wunder!«
    Röte stieg Lea ins Gesicht. Widerstrebend griff sie nach dem Tiegel und bedankte sich.
    »Keine Ursache. Und jetzt will ich sehen, dass der alte Hardy endlich wieder auf seinen Kutschbock kommt.«
    Bill trat zum Wagen und lud sich einige Ballen Stoff auf. Ein älterer Mann mit struppigem Haar und wettergegerbtem Gesicht band sein Pferd am hölzernen Geländer vor dem Laden an und schlenderte zu ihnen herüber. Er legte zum Gruß einen Finger an die Hutkrempe. Dann wies er auf die Stoffballen.
    »Na Bill, du kommst auch nicht mehr um den Weiberkram herum, was? Stoffe, Korsetts, Bibeln und Kochbücher. Ich hoffe nur, wir Männer behalten die Hosen an. Nicht, dass uns im Golden der Whisky verboten wird und es nur noch Teekränzchen und kirchliche Feste gibt. Hab gehört, dass sich ein Pastor hier niederlassen will.« Er machte ein bedenkliches Gesicht. »Den Farmern wird das gefallen, vor allen Dingen ihren Weibern. Doch mir behagt es gar nicht, dass alles so zahm werden soll.«
    Hardy trat aus dem Laden. »Mir geht’s wie dir, Frank, doch ich verdiene wenigstens noch an dem Krempel!« Er wies auf die Stoffballen und knuffte den Mann vor die Brust. Dann wurde sein Gesicht ernst. »Wir Treiber sollen bald für jeden Wagen Frachtsteuer zahlen. Zum Teufel auch! Wenn wir nicht wären, dann hätten die Dörfer in der Prärie weder Bohnen noch Mehl, dann müssten sich die Farmer selbst auf ihre Pferde setzen und wegen jeder Kleinigkeit in die Stadt reiten.«
    Frank nickte. »Alles verändert sich. Was soll nur werden, wenn die Eisenbahn erst die Prärie durchquert?«
    »Dann geh ich aufs Altenteil. Aber genug der trüben Gedanken. Noch ist es nicht so weit!« Hardy trat zum Wagen und zog etwas hervor. »Hier, Frank! Es ist ja nicht so, dass ich nur Zahmes dabeihabe.« Er warf seinem Freund eine Flasche zu. »Trink den Whisky schnell aus, bevor die Weiber dir noch das Saufen verbieten.« Dann wandte er sich an Lea. »Alles ausgeladen, mein Mädchen. Wir können uns wieder auf den Weg machen.«
    Hardy schwang sich auf den Bock, warf den Männern, die ihnen nachblickten, noch einen Gruß zu und fuhr los. Sie passierten eine Schmiede, vor der ein dicker Mann mit lederner Schürze stand. Sein Kopfnicken war nur angedeutet.
    »Auch so ein maulfauler Ostfriese. Wie die meisten hier. In Quincy nennen sie das Dorf schon East Friesland. Merkwürdiger Menschenschlag, diese Ostfriesen. Bekommen die Zähne einfach nicht auseinander. Joris gehört auch zu dieser Sorte. Er fühlt sich am wohlsten in seiner eigenen Gesellschaft, wenn du verstehst, was ich meine. Hat mit den Nachbarn wenig im Sinn. Aber was rede ich, du kennst ihn ja.«
    Lea starrte gedankenverloren einem Präriehuhn nach, das vom Wagen aufgescheucht davonstob. Sie beschloss, etwas mehr über den Mann in Erfahrung zu bringen, mit dem sie leben müssen würde.
    »Verstehst du das, Hardy? Ich meine, warum Joris immer so abweisend ist? Arne ist so ganz anders. Er geht auf die Leute zu und schließt schnell Freundschaften.«
    Der alte Ochsentreiber kratzte sich am Kopf. »Arne ist ein Leichtfuß. Du weißt, wovon ich rede. Er glaubt an das Gute im Menschen und lässt sich immer wieder einwickeln. Ich hoffe, du nimmst mir die Ehrlichkeit nicht krumm, aber Joris gefällt mir besser. Ich nehme an, seine Art rührt daher, dass er sich davor fürchtet, anderen Menschen zu nahezukommen.«
    »Er fürchtet sich? Das kann ich nicht glauben. Dieser Kerl fürchtet sich vor gar nichts.«
    »O doch! Er mag sich vor nichts fürchten, auf das er schießen kann. Aber mit einer Waffe sollte man nicht auf Freunde zielen.« Der Ochsentreiber zuckte die Achseln. »Hat vielleicht mal böse Erfahrungen machen müssen, Enttäuschungen erlebt.«
    »Du meinst, ein Mädchen könnte ihm das Herz gebrochen haben?«
    »Kann sein. Oder aber etwas anderes. Menschen können einander sehr wehtun.«
    Als sie schon fast aus dem Dorf waren, hielt Hardy vor einem schmucken Holzhaus mit hellen Gardinen. Eine junge Frau schoss aus der Tür und sprang ihnen entgegen. Sie trug einen weit schwingenden Rock und eine weiße Bluse. Unter ihrer Haube lugten vorwitzig einige helle Locken hervor.
    »Hardy, wie schön, dass du da bist!«
    Der Ochsentreiber sprang vom Kutschbock herunter und verschwand im Inneren des Wagens. Er kramte kurz herum und beförderte dann ein eingewickeltes Paket ans Tageslicht.
    »Hokuspokus«, krächzte er.
    »Oh, du bist ein Schatz!«, rief die junge Frau

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