Tochter der Insel - Historischer Roman
begeistert. »Ist es auch die richtige Farbe? Und hast du auch an Knöpfe und Spitzenbänder gedacht?«
Hardy warf sich in die Brust. »Natürlich! Gibt nichts, was ich nicht besorgen kann.«
Als die Blonde Lea sah, blieb sie unvermittelt stehen und wurde blass. Ihr Gesicht zeigte Ablehnung, fast schon Hass. Kein Wort kam über ihre Lippen. Die Frau drehte sich um und stürzte zum Haus zurück.
Verwundert warf Hardy Lea einen Blick zu. Dann zuckte er die Schultern und trug das Paket ins Haus.
Lea erholte sich nur langsam von dem Schreck. Ihr Anblick hatte der Fremden die Sprache verschlagen und mehr noch, sie entsetzt. Was mochte zwischen Rebekka und dieser Person vorgefallen sein? Sie musste es herausfinden, nur wie?
»Wie heißt sie auch noch gleich?«, fragte Lea betont beiläufig, als Hardy wieder neben ihr auf dem Kutschbock saß.
»Du meinst Tessa?« Sein Daumen wies in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
»Ach ja, Tessa!« Sie schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
»Ihr seid nicht die besten Freunde, was?«
»Nein.«
Hardy blickte sie in der Hoffnung, mehr zu erfahren, auffordernd an, doch Lea schwieg. Sie biss sich auf die Lippen und vertraute darauf, dass der Ochsentreiber nicht weiterfragen würde. Doch der Alte hatte genug damit zu tun, den Wagen auf dem Weg, der immer schlechter wurde, zu lenken. Lea sorgte sich, ob sie an der letzten Gabelung auch tatsächlich richtig abgebogen waren. Konnte die Farm so weit von den nächsten Nachbarn und dem Dorf entfernt liegen?
Hin und wieder säumten Bäume den Pfad, eine Schafherde weidete auf einer Koppel. Ansonsten deutete nichts auf eine Spur von Leben hin. Schließlich, nachdem der Ochsenkarren eine scharfe Kurve genommen hatte, erreichten sie eine leichte Anhöhe.
»Jetzt haben wir es bald geschafft.« Hardy blieb stehen, nahm den Hut vom Kopf und ließ ein erleichtertes Seufzen hören. »Ist schön hier. Nichts als Land und Vieh.«
Sie fuhren die sanfte Steigung herunter, passierten die Stallungen und schließlich blieb der Ochsenkarren vor dem Haus stehen, das Lea von Zeichnungen her kannte. Es war aus dicken, behauenen Baumstämmen erbaut, hatte ein solides Dach und eine Veranda mit gedrechseltem Geländer.
Zögernd stieg Lea vom Wagen, während Hardy das Schaf in eines der Stallgebäude brachte. Als er zurückkehrte, lag ein zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht.
»Ich habe ihm Wasser und Futter hingestellt. Er hat gleich angefangen zu fressen.«
Hardy griff nach Leas Gepäck und trug es zur Veranda hoch. Sie stieg langsam die Stufen hinauf und folgte ihm durch die Tür. Der große Raum dahinter barg eine schlichte Küche mit vier Stühlen und einem großen Tisch, auf dem eine Petroleumlampe stand. Der Herd befand sich an der Rückwand des Hauses. Daneben eine Waschschüssel, über der an einem Haken Spüllappen hingen. Lea bewunderte den glänzenden großen Kupferkessel, die blitzenden Messingtöpfe und die Porzellanteller auf der Anrichte. In einer Nische am Fenster war ein bunter Teppich ausgebreitet, auf dem ein Schaukelstuhl stand.
Beim Blick durch das Fenster konnte Lea endlose von Hecken gesäumte Weideflächen ausmachen. Ein schmaler Weg führte zum Abtritt.
Hardy kam aus der Tür, die zu einem weiteren Zimmer führte. »So, alles erledigt.«
Lea schaute an ihm vorbei in den Raum, dessen größter Teil von einem Eisenbett eingenommen wurde.
»Darf ich?« Hardy nickte zu der Pumpe. Er griff nach dem Schwengel und Wasser schoss klatschend in die Waschschüssel. Der alte Ochsentreiber wusch sich das Gesicht und die Hände. Dann ließ er das Handtuch sinken, das sie ihm gereicht hatte, und musterte Lea.
»Und? Ist es gut, wieder hier zu sein, oder willst du mit mir altem Knochen lieber wieder zurück nach Quincy fahren?«
»Alles ist gut. Ich war nur so lange fort und es erscheint mir vieles fremd«, sagte Lea rasch.
»Das gibt sich schnell wieder. Ich muss jetzt. Hörst du die Ochsen schreien? Meine Engelchen vermissen mich. Ich gebe ihnen noch rasch was zu saufen und dann geht’s weiter.«
»Danke, Hardy. Ich würde mich freuen, wenn du mich bei deiner nächsten Fahrt auf einen Tee besuchen kommst.« Lea reichte dem Alten die Hand.
Der Ochsentreiber versprach es und Lea sah ihm nach, als er mit der Peitsche knallend von dannen zog. Dann holte sie tief Luft und ging durch das Haus.
Hier also hatte Rebekka gelebt. War sie es gewesen, die die Vorhänge der Fenster mit Schmetterlingen bestickt hatte? Und die bunten
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