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Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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war ernst. Er war ihr so nah, dass sie die von der Sonne eingegrabenen feinen Linien in seinem Gesicht bemerkte. In den Augen flammte es auf, als habe jemand Tannenholz in ein prasselndes Feuer geworfen. Seine Hände, die ihre Arme umfasst hielten, glitten über die Handgelenke nach oben, verharrten auf ihren Schultern und ließen Lea dann los.
    »Du kannst immer noch gehen. Ich habe in den letzten Wochen durch die Schafschur gut verdient und könnte dir helfen. Du hast mir nie von deiner Familie erzählt, aber überall ist es besser für dich als auf dieser Farm. Kauf dir ein Billett und fahre nach Hause.«
    »Ich kann nicht, auch wenn du es gerne hättest. Mir ist klar, dass ich eine Last für dich bin. Für dich, die Farm und Arne.«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich wollte dir nicht wehtun, Lea. Aber du gehörst einfach nicht hierher – und du weißt es. Wir haben oft genug darüber gesprochen. Auf dieser Farm ist einfach kein Platz für eine Frau. Es ist hart hier. Es gibt nichts von alledem, was du vom Leben erwartest.«
    »Was erwarte ich denn vom Leben?«
    »Doch zumindest einige winzige Annehmlichkeiten. Hier gibt es nur Arbeit und Staub. Dies ist eine Männerwelt, in der Schafe gezüchtet, Viehdiebe gehängt und Pferde zugeritten werden.«
    »Ich bin kein verwöhntes Kind.«
    »Aber glücklich bist du hier auch nie gewesen. Mach mir doch nichts vor! Du hast es dir mit fast allen im Dorf verdorben und eine Aufgabe, die dich zufriedenstellt, gibt es hier auch nicht. Du hast dich immer nach etwas gesehnt, was hier nicht zu finden ist.« Sein Blick wurde weicher. »Du hast dich nicht immer so gut in der Hand, wie du glaubst, Schwägerin. Es gibt doch jemanden, der in der alten Heimat auf dich wartet. Oder für wen waren all die Briefe, all die Zeichnungen, die du gefertigt hast und die nicht bei Bill im Laden gelandet sind? Kehre zu diesem Menschen heim!«
    Es gab Lea einen Stich, dass Rebekka so einsam gewesen war. Was hatte sie nur getan, dass alle ihr gram waren?
    »Arne taugt nicht für eine Ehe«, fuhr Joris fort. »Ich verdanke meinem Bruder viel, doch das hindert mich nicht daran, ihn so zu sehen, wie er ist. Aus Angst vor der Kälte und Härte des Lebens flüchtet er sich in falsche Hoffnungen. Du hast es erlebt. Er versteht es, mit lachenden Augen und tänzelnden Füßen die Menschen für sich einzunehmen. Er baut sich immer wieder neue Luftschlösser und glaubt an deren Erfüllung, doch seine Träume sind und bleiben Schäume. Und du bist einer davon!«
    »Rede, so viel du willst, ich bleibe hier! Du kannst es mir nicht verweigern.«
    Er wandte sich resigniert ab. »Das stimmt. Nun gut. Irgendwann wirst du einsehen, dass ich recht habe. Doch jetzt erst mal genug davon. Wir wollten ja die Waffen ruhen lassen.«
    Zögernd nickte Lea. Sie war gerne bereit, mit diesem Mann in Frieden zu leben, fragte sich aber, ob das möglich wäre.
    »Ich werde nach dem Schaf sehen und mich dann frisch machen. Danach räume ich auch bereitwillig das Feld und zieh in das ungenutzte Zimmer. Das hätte ich vielleicht schon eher tun sollen, doch es gab so viel Arbeit und nie schien Zeit dafür zu sein. Was hältst du von einem Kaffee?«
    Als Joris wieder ins Haus trat, lag auf seinem Gesicht ein ernster Ausdruck. Er blies die Laterne aus.
    »Es ist tatsächlich eine Klauenerkrankung. Ich hoffe, dass sich keins der anderen Schafe angesteckt hat. War die richtige Entscheidung, ihn von der Herde zu trennen.«
    Kurze Zeit später saßen sie gemeinsam am Küchentisch. Joris griff begierig nach der Kanne. Es herrschte Schweigen zwischen ihnen, aber weniger feindselig als zuvor. Jeder hing seinen Gedanken nach.
    Während sie aßen und tranken, senkte sich das Abendlicht über die Prärie. Lea merkte, wie sich eine gewisse Mattigkeit in ihr breitmachte. Der lange Tag forderte seinen Tribut. Sie hätte sich am liebsten in ihr Zimmer zurückgezogen, wollte jedoch nicht unhöflich sein. Joris schien es ähnlich zu gehen. Er holte eine Flasche Whisky aus dem Schrank und bot ihr davon an.
    Lea nickte. »Aber nur einen winzigen Schluck. Ich bin Alkohol nicht gewohnt.«
    Joris zog verwundert eine Augenbraue hoch, enthielt sich aber eines Kommentars.
    Lea biss sich auf die Lippen. Rebekka war gerne mit anderen Menschen zusammen gewesen und dabei war oft Alkohol geflossen. Sie war sicherlich auch in Amerika einem guten Tropfen nicht abgeneigt gewesen. Sie musste künftig vorsichtiger sein.
    Joris hielt sein Getränk gegen das Lampenlicht

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