Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
im Heulen des Windes kaum verstand. »Was ist geschehen?«
    Die Prüfung der Winde, dachte Tamino. Und worin bestand sie? Lebend hier wegzukommen, ehe sie in den Abgrund gerissen wurden?
     
    Sechzehntes Kapitel
    Der Morgen brach an. Nachdem die Priester Tamino wegge-führt hatten, war Papageno die halbe Nacht durch die Gärten gewandert. Hinter jeder Wegbiegung hoffte und erwartete er insgeheim, Papagena zu begegnen. Tief enttäuscht und un-tröstlich fand er schließlich einen großen Baum, unter dessen schützenden Zweigen er sich müde in das trockene Laub am Boden legte. Er wünschte sich in seine kleine Hütte im Wald zurück. Was sollte er mit Weisheit und ähnlichen Dingen anfangen?
    Mit welchem Recht erwartete er, Sarastro würde sein Wort halten? Die Damen der Sternenkönigin hatten es nie getan.
    Sie versprachen ihm immer alles mögliche, doch an seiner Lage änderte sich nie etwas. Er selbst hatte sein Versprechen auch nicht halten können. Man hatte ihn vor den Folgen gewarnt, wenn er in der Gruft mit einer Frau sprach. Und obwohl er Tamino selbstbewußt erklärt hatte, die Damen der Sternenkönigin seien keine Frauen, sondern Dämonen, wußte er sehr wohl, daß er sich nicht richtig verhalten hatte.
    Er trieb seine Späße und lachte mit der alten Frau, die sich plötzlich in seine Papagena verwandelte.
    Weil er die Gesetze gebrochen und mit ihr gesprochen hatte, entriß man sie ihm wieder. Vermutlich würde er sie nie wie-dersehen…
    Er war eben nur ein Halbling, der zu nichts anderem als zu einem Sklaven taugte. Man hatte ihm eine Chance gegeben, und er erwies sich ihrer nicht würdig. Mit welchem Recht beklagte er sich also? Man gab ihm die Möglichkeit, Tamino auf einem wirklich aufregenden Abenteuer zu begleiten, und er hatte nicht durchgehalten. Papageno machte sich eine kleine Mulde im Laub, kuschelte sich hinein und fiel in einen tiefen Schlaf.
    Als er aufwachte, war es heller Tag. Er sah zwei junge Priester, die einen Weg fegten. Warum verrichteten nicht Halblinge solche Arbeiten? dachte er und fragte sich, ob sie einen guten, treuen Diener brauchen konnten. Denn das zu sein und nicht mehr traute Papageno sich zu.
    Die Sternenkönigin würde ihn nicht wieder in ihre Dienste nehmen, selbst wenn er wagte, zurückzukehren. Er hatte gehofft, der Prinz würde ein gutes Wort für ihn einlegen. Doch Prinz Tamino war mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt und suchte vermutlich irgendwo nach Weisheit, oh-ne einen Gedanken für ihn übrig zu haben, wo er doch freiwillig niemals hierher gekommen wäre.
    Papageno fühlte sich sehr staubig, sehr müde, ihm schmerzten alle Glieder nach der Nacht unter dem Baum, und er war sehr hungrig. Papageno stand auf, reckte sich und schüttelte die Federn auf seinem Kopf. Was würde der Prinz jetzt an seiner Stelle tun? Prinz Tamino kümmerte sich wenig um Dinge wie Essen oder ein ordentliches Bett. Aber was würde er tun, wenn ihm etwas daran läge? Papageno konnte niemanden fragen, er mußte das Beste aus seiner Lage machen.
    Vorsichtig kam er aus seinem Versteck hervor. Die beiden jungen Priester hatten ihre Arbeit beendet und waren gegangen.
    Papageno tauchte den Kopf in den Springbrunnen. Danach fühlte er sich besser. Er schüttelte das Wasser aus den Federn, strich die Tunika glatt und berührte dabei die Zauberglöckchen, die er am Gürtel trug.
    Also kann ich doch nicht völlig versagt haben, dachte er, sonst hätten sie mir dieses Zauberinstrument nicht gelassen, setzte sich – mit gekreuzten Beinen ins Gras, holte das Glockenspiel aus der Hülle, betrachtete den geschnitzten Rahmen, die silbernen Glöckchen und den feinen, kunstvoll gearbeiteten Draht, an dem sie hingen und dachte daran, wie er Monostatos und die Wachen durch sein Spiel in die Flucht geschlagen hatte.
    Als Tamino das erste Mal die Flöte gespielt hatte, tauchten die Boten oder Engel oder was immer sie auch waren, auf und brachten ihm etwas zu essen. Vielleicht würden sie auch erscheinen und ihm etwas zu essen bringen, wenn er die Glöckchen klingen ließ. Wenn sie Engel oder etwas Ähnliches waren, fanden sie sich möglicherweise sogar bereit, ihm zu sagen, was er als Nächstes tun sollte – zur Sternenkönigin zurückkehren und wie gewohnt Vögel fangen? Vielleicht wußten sie auch, ob Sarastro und die Priester einen ehrlichen, fleißigen Mann brauchen konnten… Papagenos Finger glitten zögernd über die Glöckchen, dann begann er zu spielen.
    Wenn sie nicht wollten, daß ich

Weitere Kostenlose Bücher