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Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Titel: Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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während sie prüfend ihren Blick über ihn wandern ließ, »es sieht aber aus, als hättest du einen ganz normalen Körper.« Und keinen allzu üblen.
    »Ich spüre ihn in gewisser Weise auch, aber ich muss ihn nicht pflegen, nicht so wie ihr.«
    Gabriellas Gedanken gingen noch einen Schritt weiter, während sie gedankenverloren nach einem Keks griff und hineinbiss. Er aß nicht. Aber sonst? Hatte er eine Freundin? Eine Geliebte? Konnte ein Mann, der nicht aß, überhaupt Sex haben? Bei dem Gedanken wurde ihr ganz heiß. Diese Frage war jedoch naheliegend – denn wenn diese Grauen niemanden berühren konnten, wie hatte ihr Vater dann sie zeugen können? Sie erinnerte sich an seine Hand, die kurz über ihre Wange gestreichelt hatte. Menschlich und warm war sie gewesen.
    »Weshalb rötet sich dein Gesicht jetzt?«
    Gabriella verschluckte sich beinahe. »Es … es ist warm hier drinnen.«
    »Verstehe.« Er betrachtete sie eingehend. »Wie ist das eigentlich mit eurem Paarungsverhalten?«
    Er konnte Gedanken lesen. Ihr Kopf fühlte sich plötzlich ganz leer an. Gabriella ließ sich auf einen Stuhl fallen. Nervös tastete sie nach der Kekspackung.
    »Dies scheint ein grundlegendes Verhaltensmuster in eurer Kultur und auch in anderen zu sein«, fuhr er fort. »Zumindest kann man den Schluss ziehen, wenn man sieht, welch ein zentrales Thema es in eurer Literatur und in eurem Leben darstellt.« Sein Blick wurde eindringlich. »Hast du es mit diesem Menschen getan? Mit diesem dunkelhaarigen, der in diesem Restaurant arbeitet und der dich zur Begrüßung immer auf beide Wangen küsst?«
    »Was? M… mit Murat? Nein!«
    »Aber ihr wart in einer kleinen Kammer und …«
    »Wir haben den Getränkevorrat inspiziert!«
    Er lächelte plötzlich. »Das stimmt mit meinen Beobachtungen überein.« Wieder glitt sein Blick über sie. Etwas zu interessiert für einen Mann, der nicht einmal einen richtigen Körper hatte und offenbar von Luft lebte.
    »Kannst du dir nicht jemand anderen für deinen Aufklärungsunterricht suchen?« Gabriella warf den angebissenen Keks auf den Tisch und lehnte sich zurück. Sex mit Murat in der Vorratskammer! Was kam als Nächstes?!
    Sie kniff die Augen zusammen. War da nicht so ein hinterhältiges Glitzern in seinem Blick? Machte er sich etwa über sie lustig? »Schamgefühl ist etwas, das dir offenbar absolut fehlt!«
    »Schamgefühl?« Das verdächtige Glitzern verschwand. Er schien in sich hineinzuhorchen. »Ich habe damals viele deiner Gefühle gespürt und übernommen, aber etwas, das diese Eigenschaft widerspiegeln würde, war offenbar nicht dabei.«
    »Das war ein Fehler«, stellte Gabriella genervt fest. »Das hätte ich dir gleich als Erstes übertragen müssen.« Sie lehnte sich drohend vor und fixierte ihn mit einem grimmigen Blick. »Du spionierst mir also nach.«
    »Kaum nennenswert.« Er schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln, so spontan und menschlich und so unerhört charmant, dass Gabriella für einige Herzschläge der Atem stockte. »Ihr Menschen interessiert mich eben. Deshalb stelle ich Fragen. Und da mich andere nicht sehen oder hören können, bin ich dir sehr dankbar, wenn du sie mir beantwortest.«
    »Apropos Fragen!« Sie sprang auf und eilte ins Zimmer ihrer Mutter. Es war jetzt völlig klar: Ihre Mutter hatte all diese Artikel gesammelt, wo jemand ermordet worden war, der oder die Mörder aber nie gefunden werden konnten. Sie griff sich die Zeitungsartikel, suchte jenen von Venedig heraus und kehrte in die Küche zurück.
    Als sie den Artikel vor Darran auf den Tisch knallte, betrachtete dieser jedoch nicht den Zeitungsausschnitt, sondern sie. »Weshalb verhüllst du dich eigentlich? Das hättest du nicht nötig, du siehst auch ohne …« Ihr wütender Blick ließ ihn verstummen. Er räusperte sich. »Es ist vermutlich der Kälte wegen.«
    »Vermutlich«, sagte sie mit ziemlich spöttischem Ton in der Stimme. »Und jetzt schau her!« Sie pochte mit dem Zeigefinger auf die Meldung. »Hier. Das muss der Tag gewesen sein, an dem … ich dich gesehen habe.«
    Er löste endlich den Blick von ihr, um das Bild des Palazzos zu studieren, in dem man die Leiche gefunden hatte. Eine bestialisch zugerichtete Leiche. Kein Mörder. Zeugen hatten von einer Frau in blutbesudeltem Gewand erzählt, aber man hatte sie nie gefunden. Zumindest hatten die Journalisten zu dieser Zeit noch genügend Anstand, nicht die Tote abzulichten, auch wenn die Beschreibung detailliert genug war.
    Er nickte

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