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Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Titel: Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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hinaus. Er ist gefährlich. Er verbirgt etwas.«
    »Tut das nicht jeder?«, fragte sie schnippisch. Darran antwortete nicht. Er sah sie nur ruhig an, was Gabriella mehr verunsicherte als seine zornigen Warnungen. Sie gab nach. »Gut. Eine Tasse Tee, den Regenmantel, und dann sage ich ihm, dass er gehen soll.«
    Sein Blick wurde sanft, als er auf ihre Hand blickte. »Verbinde das bitte.«
    »Ach was.« Sie steckte den Knöchel in den Mund und lutschte das Blut ab. Dann besah sie die Wunde. Der Kratzer war kaum noch zu sehen. Als sie hochsah, blickte sie direkt in Darrans Augen. Er beugte sich ein wenig zu ihr. Seine Miene spiegelte Ärger und Hilflosigkeit wider. »Ich kann dich nicht beschützen, wenn er dich angreifen wollte.«
    »Er wird mir nichts tun. Und er bleibt nicht lang.«
    In der Küche setzte sie Teewasser auf und drehte die Heizung stärker. Darran stand mitten im Zimmer. Er war anders als sonst, kalt, lauernd, gefährlich. Ein Jäger. Mit einem Mal erinnerte er sie wieder an die reglose Gestalt damals auf der Brücke. Sie fröstelte plötzlich, und er drehte sich rasch nach ihr um, als hätte er ihre Zähne klappern gehört. Aber dieses Mal traf sie nicht der kalte Blick des Jägers, sondern jener des Mannes, der sich Darran nannte. Und dieser Blick ließ ihr die Hitze ins Gesicht steigen.
    Hier stand ein Mann, der sie beschützen wollte und der, das begriff sie mit einer Intensität, die ihr den Atem raubte, sie vielleicht sogar liebte.
    ***
    Markus gab vor, die Schlagzeilen der auf dem Tisch liegenden Zeitung zu studieren, aber in Wahrheit behielt er Gabriella und die Küche scharf im Auge. Sie waren nicht allein. Ein Unsichtbarer war bei ihnen. Markus merkte das an der Art, wie Gabriella manchmal ohne Grund dem leeren Raum auswich, dann wieder einen Blick auf eine Stelle warf, an der nichts zu sehen war.
    Er war nicht ziellos spazieren gegangen, wie er ihr erzählt hatte, sondern zwischen den Ständen umhergeschlendert, bis Gabriella das Restaurant verließ, um ihr dann durch den stärker werdenden Schneeregen zu folgen. Er hatte zwar niemanden an ihrer Seite sehen können, aber an der Art, wie sie oft den Kopf wandte, lächelte, redete, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, wusste er, dass sie nicht allein ging.
    Er verfluchte abermals seine Unfähigkeit, diese Schattenjäger ebenfalls zu sehen, das hätte ihm seine Aufgabe erleichtert. Die Zeit lief ihm davon. Jetzt war er schon mehrere Tage hier und hatte sie nie allein treffen können, obwohl er sie ständig beobachtete.
    Die Einladung kam seinem Ziel somit sehr gelegen. Er musste ihr Vertrauen gewinnen. Aber solange der Jäger in der Nähe war, war es ein Spiel mit dem Feuer. Lediglich ein einziger Moment der Unbeherrschtheit und er würde ihn packen.
    Das Verhältnis der beiden war in der Tat ungewöhnlich. Sie lachte oft, wenn sie mit ihm auf der Straße ging. Sie winkte ihm zu. Sie lächelte. Zuvor war sie wütend gewesen. Vermutlich hatte er sie gewarnt. Aber er hatte nichts gemerkt. Noch nicht.
    Er berührte sie. Sie erwiderte diese Berührung. Schlagartig wurde es Markus klar: Sie mochte den Jäger. Das war ein Gefühl, das seine ehemaligen Kollegen kaum bei Menschen hervorriefen, gefühl- und gedankenlose Marionetten hatten wenig Liebenswertes an sich. Er hatte sich also nicht getäuscht. Wenn es sich um Ramesses handelte, wenn der Wächter nicht gelogen hatte, dann empfand dieser Jäger Gefühle.
    Es war allerdings unwahrscheinlich, dass Strabo davon wusste. Gefühle lenkten ab. Niemand wusste das besser als er selbst oder Strabo. Dies war der Grund, weshalb Strabo seinen Jägern alles entzog, bevor er sie auf die Jagd schickte: Erinnerungen. Gefühle. Ihr Selbst. Dumpfer Zorn stieg in ihm hoch, und er unterdrückte ihn rasch, ehe der Jäger seine Emotionen erspüren konnte.
    Gabriella hielt ihm den Teebecher hin. Er nahm ihn dankend entgegen und schloss seine Finger darum. Langsam wärmte sich sein Körper auf. Der Pullover war zu eng, aber er war trocken und flauschig.
    Sie lehnte sich, ebenfalls eine Tasse in der Hand, an den Küchentisch und beobachtete ihn. Er ertrug es nicht länger, sie anzusehen, also erhob er sich und ging langsam im Raum umher. Sie besaß viele Grünpflanzen. In Amisaya wäre um eine einzige davon ein tödlicher Streit entbrannt. Aber nicht nur das Land war unfruchtbar geworden, auch das Volk. Irgendwann würde seine Heimat erlöschen.
    Jedenfalls war Strabo noch fruchtbar gewesen. Ob er ebenfalls? Der Gedanke

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