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Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Titel: Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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Möglichkeit gab, ihn von sich zu stoßen. Die einzige, die auch sie von ihm fernhalten könnte.
    ***
    Als Gabriella am nächsten Morgen das Haustor erreichte, wartete Darran schon im Hauseingang auf sie. Sein Lächeln tat ihr zum ersten Mal weh. Als er ihre Hand berühren wollte, trat sie einen Schritt zurück.
    »Lass mich!«
    Sein verletzter, besorgter Ausdruck schmerzte. »Ich habe nachgedacht«, sagte sie, ohne ihn anzusehen. »Das geht alles zu weit. Das ist falsch. Das stimmt nicht!«
    »Gabriella …«
    »Ich möchte so nicht weitermachen. Es tut mir leid.«
    »Wie …«
    Sie ließ ihn nicht ausreden. »Ich möchte einen richtigen Mann. Wer weiß, existierst du überhaupt? Vielleicht lebst du nur in meiner Einbildung? Vielleicht bin ich ja verrückt.«
    »Aber nein, gewiss nicht.« Betroffen machte er einen Schritt auf sie zu, aber ihn jetzt zu berühren ging über ihre Kraft.
    »Geh weg, lass mich in Ruhe! Ich will nicht verrückt sein. Und ich halte das nicht mehr aus! Ich will kein Phantom. Ich will mir keinen Mann vorstellen, der durch mich hindurchgreift! Ich will einen, der mich berühren kann! Den ich umarmen kann! Geh weg und bleib mir in Zukunft fern!«
    »Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte er tonlos. »Du verbietest mir, dich wiederzusehen? Nach dem, was zwischen uns …«
    »Doch! Geh weg! Du … du Gespenst!« Sie drehte sich um und rannte zur Haustür, riss sie auf und war auch schon auf der Straße. Sie hoffte, dass er ihr nicht folgte.
    ***
    Julian beschwerte sich zwar meist, dass Darran so ekelerregend menschlich sei, aber er gesellte sich oft zu ihm, um sich – wie er behauptete – mit ihm und seinem bedauerlichen Faible für Menschen zu langweilen. Und nun schlenderte er neben ihm durch die Straßen und nickte gleichgültig zu Darrans Kommentaren. Die an diesem Tag allerdings sehr spärlich ausfielen, denn Darrans Laune war seit der Auseinandersetzung mit Gabriella auf einen bisher nie erreichten Nullpunkt gesunken.
    Phantom? Einbildung? Und doch hatte sie im Grunde recht, und das war es, was ihm am meisten zusetzte. Er war nur ein Schatten, der überall hindurchglitt, der sie nicht halten konnte. Ein Gespenst.
    Es war kein Wunder, dass Gabriella ihn verjagt hatte und sich eher einem Menschen zuwandte, den sie richtig berühren konnte. Der Gedanke war so bitter, dass er die Augen schloss. Sie brauchten Wärme, Nähe. Und was konnte er ihr wirklich geben? Menschen waren füreinander da. In jeder Beziehung, auf jeder Ebene des Seins.
    Sie wollte ihn nicht mehr sehen, aber wie konnte er sich völlig von dem einzigen Wesen fernhalten, das ihn wärmte, das ihn lebendig und glücklich machte? Meist jedenfalls. Mit finsterer Miene beobachtete er eine gebeugte alte Frau, die schwerfällig einen Wagen vor sich her schob. Sie ging geradewegs auf ihn zu, als würde er tatsächlich nicht existieren.
    »Was sind wir eigentlich?«, fragte er an Julian gewandt, der neben ihm stand und in die Luft sah.
    Julian seufzte vernehmlich. »Ist es also wieder einmal so weit? Wir sind Jäger .«
    Darran machte eine ungeduldige Handbewegung. »Was sind wir wirklich? Wir sind keine Menschen. Wir gehören auch nicht zu jenen in Amisaya.« Er sah an sich herab, fuhr mit der Hand über seinen Körper, seinen grauen Anzug, der fast wie eine Uniform der Menschen wirkte, nur ohne glitzernde Knöpfe oder Epauletten. Ein Anzug, der ihn umgab wie eine zweite Haut. »Aber wir existieren. Der Körper fühlt sich real an, wenn ich ihn berühre, so wie die Körper der …«, er vermied in letzter Zeit meist das Wort Beute, »der Männer und Frauen, die wir jagen. Aber er verändert sich niemals. Wir benötigen weder Speise noch Trank. Wir bedürfen auch nicht der Ruhe wie die Menschen.« Er ging langsam um die alte Frau herum, die mit einem müden Ausdruck im Gesicht auf ein Geschäft zusteuerte. »Wir altern nicht.« Er sagte das sehr leise. Alle auf der Erde alterten und das in einem erschreckend schnellen Tempo. Gabriella war gealtert, seit er sie als Kind das erste Mal gesehen hatte. Sie hatte zwar noch keine Falten, humpelte nicht und ging nicht gebückt, aber sie würde mit jedem Jahr älter werden. Ohne ihn. Und eines Tages würde sie sterben und ihn hier völlig allein zurücklassen, ohne die Möglichkeit, sie zumindest aus der Ferne zu beobachten. Dieser Gedanke löste ein bislang unbekanntes Schmerzgefühl in ihm aus. So heftig, dass er sich beinahe gekrümmt hätte. Ein kalter Hauch glitt über seine Haut und

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