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Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Titel: Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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Darran trat hindurch. »Viel Glück«, hörte er einen der Wächter leise sagen, dann fiel das Tor mit dem Geräusch von Metall, das über Stein schabt, hinter ihm zu.
    Darran blieb stehen und sah die Mauer entlang, die den Palast vom Rest des Landes abschloss. Eine Mauer, wie die Barriere, die diese Welt von der anderen trennte. Die ihn von Gabriella trennte. Graues, ödes, totes Land, wohin er auch blickte. Trockene, sandige Luft legte sich auf sein Gesicht, seine Augen, seine Lippen, seine Lungen. Er hustete, kämpfte gegen Übelkeit und Schwindel.
    Er kniff die Augen zusammen. Flache Hügel formten ein träges Sandmeer, dessen Wellen langsam und behäbig über die Oberfläche rollten. In der Ferne, wohl gut eine Gehstunde entfernt, lag etwas, das eine Siedlung sein konnte. Strabo hatte ihn davor gewarnt. Darran setzte sich in Bewegung und ging zügig darauf zu.
    Er kam nicht einmal so weit. Sie erwarteten ihn bereits hinter der nächsten Bodenwelle.

Sechzehntes Kapitel
    Nach Darrans Verschwinden schlich Gabriella am nächsten Tag durch die Stadt zu Antonios Lokal, als wäre sie selbst ein Gespenst. Dabei war es ein schöner Tag. Die rötliche Herbstsonne hatte die letzten Schneespuren weggeschmolzen und war nun dabei, die Straßen zu trocknen. Gabriella hatte noch Zeit, bis ihr Dienst begann, und so ließ sie sich auf eine Bank vor dem Restaurant fallen und blinzelte in die Sonne.
    »Er ist fort, nicht wahr?«
    Gabriella sah hoch und brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass die Frau, die neben ihr stand, Rita war. Sie sah völlig anders aus als sonst. Ihr Haar war dunkler. Und sie trug einen gesteppten schwarzen Wintermantel mit Kunstpelzkragen, warm, kuschelig, wenn auch ein wenig abgetragen.
    Rita schmunzelte, als sie Gabriellas Staunen sah. »Markus hat mir, ohne dass ich es bemerkt habe, einen Umschlag in die Jackentasche gesteckt. Darin war ein Brief und Geld. Er hat geschrieben, ich soll mich in Zukunft anders anziehen. Vernünftiger hat er gemeint, ohne dass man bei meinem Anblick gleich friert.« Sie strich fast zärtlich über den Mantel. »Ich habe ihn in einem Second-Hand-Shop zwar selbst ausgesucht, aber er ist sein Geschenk.« Sie sah schnell zur Seite, aber Gabriella hatte gesehen, wie Tränen in ihren Augen standen.
    »Wenn ich …«, ihre Stimme zitterte, sie unterbrach sich und brauchte einige Momente, ehe sie weitersprechen konnte, »wenn ich ihn trage, dann ist er bei mir. Die Haare habe ich auch umgefärbt. Das ist so in etwa meine Naturfarbe. So habe ich früher ausgesehen. Damals hat es ihm gut gefallen. Ich … werde ihn nie wiedersehen, aber wenn ich so bin, dann habe ich das Gefühl, ihm näher zu sein als sonst.«
    Gabriella drückte ihre Hand. »Steht dir gut.« Sie sahen sich an, aber ihrer beider Lächeln fiel so kläglich aus, dass sie den Versuch gleich wieder aufgaben.
    »Bei mir hat sich auch sonst noch was geändert«, begann Rita nach einiger Zeit, in der sie schweigend die Leute auf dem Platz beobachtet hatten. »Ich habe Georg rausgeschmissen.« Dieses Mal ähnelte ihr Lächeln eher einem Grinsen. »War gar nicht so schwer, er war ganz froh, bei einer anderen unterzukommen, nachdem er eins auf die Birne bekommen hat.« Sie kicherte, und Gabriella stimmte ein. Wenn das keine gute Nachricht war! Ihr fiel ihre Zeichnung ein: Georg mit der überdimensionalen Beule auf der Stirn.
    »Und für meinen Vater habe ich jetzt einen Zuschuss beantragt, schaut gut aus, hat der Mann dort gesagt. Ich kriege ihn vermutlich, wenn mein Dad dann aus der Geriatrie kommt.« Sie wandte sich Gabriella mit neu erwachter Lebhaftigkeit zu. »Davon kann ich dann jemanden bezahlen, der gelegentlich auf ihn aufpasst. Oder ihm das Essen wärmt oder sogar bringt. Er muss sich halt damit abfinden, wenn Fremde in die Wohnung kommen.«
    Gabriella zog ihre kleinere Freundin ein wenig an sich und legte kurz ihre Wange an ihre. Es fühlte sich gut an, vertraut, als wären sie Schwestern. Aber dann seufzte sie.
    Rita sah sie nicht an, als sie schließlich sagte: »Es ist schlimm, ich weiß.« Sie schob mit der Stiefelspitze ein welkes Blatt hin und her. Auch ihre Stiefel hatten sich geändert. Statt der kniehohen Kunstlackstiefel mit Bleistiftabsätzen trug sie bequeme Halbstiefel. Kuschelig warm und praktisch und doch attraktiv mit Pelzbesatz. Auf jeden Fall hübscher als Gabriellas derbe Boots. »Man kann ihnen nicht folgen. Man könnte überallhin, sogar im Gefängnis könnte man sie besuchen, aber nicht

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