Tochter Der Traumdiebe
hat. Es gibt eine ganze Reihe Vorfahren, die dem sofort zustimmen würden.«
Ich zuckte die Achseln. »Wenn Sie wollen, Prinz Lobkowitz. Aber diese Geschichte hat nicht viel mit unseren derzeitigen Problemen zu tun. Wir müssen den Gral und das Schwert finden, aber wir brauchen dazu Ihre Vorschläge, wie wir sie am besten bekommen können.«
»Den Ort kennen Sie bereits«, sagte er. »Der Gral ist dort, wo er über viele Jahrhunderte gewesen ist. Auf Bek. Deshalb ist die Anlage jetzt so stark befestigt und wird so gut bewacht. Klosterheim hat vor der Gralskammer, wie er sie nennt, rund um die Uhr Wachen aufgestellt. Sie kennen den Raum als Ihre alte Waffenkammer.«
Der Raum hatte eine gewisse Atmosphäre. Ich fluchte über mich selbst. »Wir sahen Klosterheim nach Bek gehen. Kommen wir zu spät? Hat er den Gral nicht schon wieder weggebracht?«
»Ich glaube nicht, dass er den Gral wegschaffen wird. Ich weiß aus allerbesten Quellen, dass Hitler höchstpersönlich mit Hess, Göring, Goebbels, Himmler und den anderen in Bek zusammenkommen will. Die Nazis können ihr Glück kaum fassen, würde ich meinen. Aber sie wollen ihrer Sache ganz sicher sein. Frankreich ist gefallen und jetzt steht ihnen nur noch das bereits halb geschlagene Großbritannien im Weg. Deutsche Flugzeuge haben den britischen Schiffsverkehr gestört, Jagdflugzeuge in Kämpfe verwickelt und die ohnehin schon geschwächte RAF noch weiter dezimiert. Bevor sie übersetzen und mit der Invasion des Landes beginnen, wollen sie die wichtigsten Städte und vor allem London ausradieren. Sie stellen im Augenblick eine riesige Luftflotte auf. Soweit ich weiß, könnten die Verbände sogar schon unterwegs sein. Es bleibt nur wenig Zeit. Dieses Treffen in Bek hat mit einem Ritual zu tun, das ihre Seite noch weiter stärken und dafür sorgen soll, dass die Invasion Großbritanniens ein voller Erfolg wird.«
Ich konnte es nicht fassen. »Sie sind wahnsinnig.«
Er nickte. »Oh, das sind sie. Irgendwie wissen sie das sogar selbst. Aber sie waren bislang äußerst erfolgreich. Vielleicht glauben sie, die Zaubersprüche wären der Grund dafür. Offensichtlich wurden sie von der übernatürlichen Hilfe, die sie angerufen haben, nicht im Stich gelassen. Allerdings ist die Magie instabil und liegt in unsicheren Händen. Am Ende könnte der Tod alles Lebendigen stehen. Gaynor und alle anderen, die sind wie er, werden letzten Endes durch ihre Verachtung und Missachtung der Realität vernichtet werden. Sie weiden sich an der Vorstellung, es könnte eine Götterdämmerung geben. Diese Leute streben mit allen Mitteln ihren eigenen Untergang an. Sie sind Feiglinge und geben sich Selbsttäuschungen hin - und alles, was sie aufbauen, steht auf unsicheren Beinen oder ist Betrug. Sie führen ein Schmierentheater auf und agieren dabei mit der Selbstherrlichkeit genialer Schauspieler. Ich glaube, es ist ein ironischer Augenblick in der Geschichte, wenn Schauspieler und Unterhaltungskünstler das Schicksal der Welt bestimmen. Man kann täglich zuschauen, wie die Kluft zwischen Schein und Sein immer größer wird … natürlich sind sie die geborenen Illusionisten, genau wie Mussolini. Außer Illusionen haben sie nicht viel zu bieten - Illusionen und eine ungeheure Macht, die ihnen nicht zusteht. Die Macht, die Realität zu fälschen, die Welt zu täuschen und unter dem Gewicht so vieler Täuschungen zu zerstören. Je weniger die Welt auf ihre Lügen und Phantasien reagiert, desto nachdrücklicher kämpfen sie für deren Durchsetzung.«
Mir wurde bewusst, dass Prinz Lobkowitz trotz seiner praktischen Neigungen zu gewissen Ausschweifungen neigte. Schließlich unterbrach ich ihn. »Was muss ich tun, wenn ich den Gral habe?«
»Eigentlich nicht viel«, sagte er. »Es ist Ihre Aufgabe, ihn zu verteidigen. Die Begleitumstände ergeben sich dann. Vielleicht bringen Sie ihn heim in die Gegend, die man in Ostfranken als Graalfelden bezeichnet. Sie kennen die Gegend vielleicht unter dem verstümmelten Namen ›Nebelgrund‹. O ja, wir haben auch in Deutschland davon gehört. Es gibt einen Hinweis bei Wolfram von Eschenbach, der Kyot de Provence zitiert. Aber Ihre Chancen, das Objekt nach Graalfelden zu bekommen, stehen nicht sehr gut.«
Andererseits, sagte er, hatte ich den Vorteil, Bek zu kennen. Die alte Waffenkammer, wo der Gral jetzt aufbewahrt wurde, war der Raum, in dem ich unter von Aschs Leitung die ersten Fechtstunden bekommen hatte.
»Wahrscheinlich wird der Raum von
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