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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Bohemiens, die von einer Hohlwelt sprachen, deren Eingang am Nordpol liege, und ich wusste, dass auch einige Nazis wie der Vegetarier und Sonderling Hess an diese Geschichten glaubten, doch ich hätte nie angenommen, dass eine solche Unterwelt außerhalb der Phantasie wirklich existierte. Wahrscheinlich existierte sie tatsächlich nicht. Dieses Höhlensystem, so groß es auch sein mochte, musste jedenfalls endlich sein und bisher gab es keinerlei Hinweise darauf, dass hier irgendeine Art von menschlicher Besiedlung existierte. Vielleicht war Oona eine derjenigen, die an diese Märchen glaubten. Ich hatte freilich keine Wahl, als ihrem Urteil zu trauen. Immerhin hatte sie mir mehr als einmal das Leben gerettet.
    Unterdessen war ich überzeugt, dass Gaynor und Klosterheim uns weiter verfolgen würden, da mein Schwert ihnen zu wichtig war, um einfach aufzugeben. Wenn nötig, würden sie uns bis in die Hölle hetzen.
    Als es etwas heller wurde, konnte ich einen Teil der Umgebung überblicken. Die Echos verrieten mir, dass es sich um ein riesiges Gewölbe handeln musste. Ich begann mich zu fragen, wie viel weiter wir noch hinabsteigen konnten, bevor uns die Schwerkraft erdrücken würde. Die stärkste Lichtquelle war eine Art reflektierter Glanz von Eiszapfen und Stalagmiten. Wir folgten anscheinend einer glatten Straße aus nacktem Eruptivgestein, vielleicht einem alten Lavastrom, der sich zum helleren Horizont hin erstreckte. Als wir näher kamen, hörten wir ein Rauschen, das zu einem fernen Tosen anschwoll. Ich konnte mir nicht vorstellen, was dieses Geräusch verursachte und woher das Licht kam.
    Wir mussten öfter Pausen einlegen, damit Oona ausruhen konnte. Sie wurde zusehends müde. Schließlich war das Rauschen so laut, dass wir uns kaum noch verständigen konnten. Doch sie schien entschlossen, so bald wie möglich weiterzuziehen. Fünfzehn Minuten, dann war sie wieder auf den Beinen und schleppte mich mit dem Travois den funkelnden Abhang hinunter, bis der Boden eben wurde. Wir standen auf einer Art Hügel und blickten hinab zu einem Streifen helleren Lichts, der vor uns zu tanzen schien.
    Ich hatte sie zu fragen versucht, was es war, aber sie konnte mich nicht verstehen. Sie schien jetzt beinahe so erschöpft wie ich. Ich sah es an der Art und Weise, wie sie sich die Stangen auf die Schultern legte und das improvisierte Geschirr festzurrte, um weiterzulaufen.
    Ich war noch lange nicht wieder bei Kräften. Wenn ich nicht bald einen Arzt aufsuchen konnte, würden viele meiner gebrochenen Knochen nicht ordentlich verheilen und eine gesplitterte Rippe könnte sogar ein inneres Organ verletzen.
    Ich hatte keine besondere Angst mehr um mich, sondern nahm diese Aussichten als Realität hin.
    Meter um Meter zogen wir unter Schmerzen weiter, der Quelle des Lichts und der Geräusche entgegen. Mehr oder weniger einmal pro Stunde machte Oona eine Pause und trank aus der Flasche, die sie bei sich trug. Dann drängte sie auch mich, etwas von dem übel riechenden Zeug zu schlucken. Ein Hexengebräu, sagte ich. Wenn Sie so wollen, erwiderte sie.
    Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir auf diese Weise reisten. Das Rauschen schwoll an, bis es wie das Blut in den Trommelfellen pochte. Mein Schädel schien ein riesiger Konzertsaal zu sein, ich konnte nichts anderes mehr wahrnehmen. Obwohl nach gewöhnlichen Maßstäben immer noch trübe, war das Licht inzwischen so hell geworden, dass mir die Augen schmerzten. Es fiel mir schwer, den Kopf zu drehen, doch als ich es tat, erkannte ich, dass der funkelnde, helle Streifen jetzt viel höher stand. In der Dunkelheit ragte er auf und beleuchtete alle möglichen grotesken Formen in der Umgebung. Ich sah erstarrte Felsformationen, die beinahe organisch wirkten, denn sie hatten die Gestalten von Fabeltieren, Gebäuden, Menschen und Pflanzen angenommen. Verwitterte Klippen. Ein silbriges Licht, das einen eigenartigen Kontrast zu den stockdunklen, weiter entfernten Gebieten bildete. Ein Ort voll von tiefen, beunruhigenden Schatten. Eine einfarbige Welt, in der es nur Schwarz und Weiß gab. Ein geheimnisvolles Schauspiel. Ich konnte nicht glauben, dass dieser Ort noch nicht entdeckt worden war, dass noch niemand darüber geschrieben hatte. Über seine Geschichte und Geographie wusste ich nichts. Es kam mir irgendwie seltsam vor, dass die Nazis, die so sehr auf Eroberung aus waren, dieses eigenartige, jungfräuliche Gebiet noch nicht in Besitz genommen hatten. Meiner Ansicht nach hatten sie ja

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