Tochter des Drachen
Wasser durch ein Sieb, und das Zucken in den Mundwinkeln, das Bhatia jetzt bemerkte, war keineswegs ein Zeichen von Wut, sondern von Angst.
Sakamoto wendete sich wieder Kurita zu, der sichtlich das leichtere Ziel war. Als er weiter sprach, klang er deutlich ruhiger. »Jetzt bietet sich uns die Gelegenheit zuzuschlagen. Warum zögert Ihr? Die Truppen der Republik sind dünn wie Reispapier, und was sie an jämmerlichen Entschuldigungen für planetare Milizen besitzen - pah! Ein simpler Bauer mit einer Sense oder Pike wäre ein härterer Gegner. Jeder Augenblick, den Ihr zögert, verstärkt den Eindruck unserer Schwäche. Schaut euch die Capellaner an: Sie sind Abschaum, und trotzdem verehren sie ihren toten Kanzler als Gott und haben zum Erstschlag ausgeholt, sind tief ins Herz der Präfektur V vorgedrungen und haben Liao eingenommen. Eine Präfektur-Zentralwelt! Wir haben seit dem vorigen Jahr nicht einmal einen Zeh über die Grenze gesetzt!«
»Abgesehen von deinen unautorisierten, illegalen Vorstößen in Präfektur I... nein, haben wir nicht.«
Kuritas Warnung war deutlich, Bhatia aber sah, dass Sakamoto zu sehr in seiner Argumentation aufging, um sie zu hören. »Euer Ahne hat einer Republik kostbare Welten und Systeme abgetreten, deren Kartenhaus jetzt einstürzt. Sie ist schwach. Sie handelt nicht, aber wir müssen handeln. Und was ist mit Tormark? Ihre Familie ist entehrt, ihre Ländereien sind beschlagnahmt, ihr Stand ist geringer als der von Bettlern, und trotzdem erlaubt Ihr dieser Göre, Euren Namen zu gebrauchen!«
Vorsicht! So sehr Bhatia auch die Hartnäckigkeit des Mannes bewunderte - in dieser Hinsicht hatte Sakamoto etwas von einem Bullterrier - erst ein Angriff gegen ihn, dann gegen Hohiro, und jetzt diese Beleidigung ... Bhatias Augen schwenkten umher, um die Reaktionen der anderen festzustellen. Saito kaute wie vorherzusehen am Nagel seines Daumens.
Toranagas Augen waren halb geschlossen. Er wirkte berechnend. Könnte sehr nützlich werden, falls Sakamoto versagt. Und was ist mit unserem noblen Thronfolger? Theodores Lippen waren kaum noch zu sehen. Seine Wangen waren rot vor Wut und ... War das Scham? Bhatias Augen verengten sich. Ja, jetzt sah er es. Theodores Augen zuckten kurz zu seinem Vater und fixierten dann einen Punkt auf dem Glastisch, der sein völliges Interesse zu verlangen schien. Er schämt sich, weil er insgeheim derselben Meinung ist.
Kurita war ungerührt. »Wir möchten dich daran erinnern, dass diese Göre, wie du sie nennst, mit geringen Mitteln und schierem Charisma Welten erobert und andere überredet hat.«
»In Namen von Des Drachen Zorn«, stellte Sakamoto fest.
»Und sie uns jetzt abgetreten hat«, korrigierte Kurita. »Etwas spät, und etwas umständlich. Die Tatsache, dass sie Systeme für das Kombinat beansprucht, zeugt von unserer Stärke, nicht von unserer Schwäche.«
»Hört Ihr, was Ihr da sagt?« Sakamoto warf die Hände angewidert in die Luft. »Umso mehr ein Grund, zu handeln! Erst war es Des Drachen Zom. Jetzt behauptet sie, im Namen des Drachen zu kämpfen! Seht Ihr es nicht, Tono? Dem Volk ist das gleich. Alles, was es sieht, ist, dass Ihr Tag für Tag in eurem Palast sitzt, von Luxus umgeben und gehüllt in prächtige Gewänder, während sich eine Frau aus einer entehrten Familie die Finger schmutzig und das Schwert blutig macht. Ihr ... müsst ... handeln«, erklärte er und betonte jedes Wort. »Ihr. Müsst.«
»Oder was?« Kuritas braune Augen waren nur noch Schlitze, und als er sprach, lag in seiner Stimme ein leises, aber hörbares Zischen wie von einer Schlange. »Hast du andere Pläne. Für dich? Für uns? Vielleicht einen Wechsel? Falls ja, dann bitte teile sie mit uns. Wir sind sehr gespannt zu erfahren, was du denkst.« Er machte eine Pause, und setzte dann, fast im Nachhinein, hinzu: »Unser Tai-shu.«
Die Bedeutung war klar: Du dienst von meinen Gnaden. Nicht weniger und ganz sicher nicht mehr. Und als der entsetzte Sakamoto eine Entschuldigung stammelte und der Koordinator jeden weiteren unerlaubten Vorstoß in den Raum der Republik untersagte, musste Bhatia eingestehen, dass der Mann immer noch einen Rest des Kurita-Feuers besaß, von dem die Geschichte und die Legenden berichteten.
Zu schade, dass dieses Feuer so schwach war.
Imperial City, Luthien Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
24. Dezember 3134
Die Teeschale war ungeheuer alt, braun getüpfelt mit glatter, preußisch blauer Emaillierung. Finger aus duftendem Dampf
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