Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
loszulassen, schiebt er sich vor ihr Gesicht, sodass sein Glied gegen ihre Lippen schlägt. Vom Gestank nach Käse und Schweiß, nach Stall und Urin zieht sich ihr Magen erneut zusammen. Sie kann es nicht mehr zurückhalten und übergibt sich. Er zieht sich nicht schnell genug von ihr zurück, eine Girlande aus Erbrochenem hängt von seinem steifen Glied. Er wird wütend, presst sich hinein zwischen ihre Lippen, bis ganz in den Rachen, sodass sie sich noch einmal übergibt. Er schlägt ihr hart ins Gesicht, und sie verschwindet in eine Dunkelheit, die durch Schädel und Nase in dem Gestank von Erbrochenem versickert. Als sie wieder zu sich kommt, bewegt er sich aus ihr heraus, in sie hinein, rollt mit den Augen, zieht sich zusammen, fällt mit einem gedämpften Brüllen von ihr ab. Er bleibt ganz still neben ihr liegen, den Kopf schwer auf ihrer Schulter. Sie schafft es zu denken, er sei tot, wie durch ein Wunder tot, bevor er sich auf Arme und Beine hochstemmt. Er stößt sie weg, als liege sie ihm im Weg.
Kurz vor Morgengrauen liegt sie noch immer im Gras. Der zahnlose Heine findet sie, die Hände hinterm Rücken gefesselt, kalt und übel zugerichtet. Noch in der Nacht waren alle hinausgeschickt worden, um nach ihr zu suchen, Hildebert selbst hatte sich mit einer Fackel in Richtung Dorf aufgemacht. Es war Mechthild, die bemerkt hatte, dass Benedikta verschwunden war. Erst war sie verärgert darüber, dass sich Benedikta nicht dem Gefolge anschloss, um Clementia und Gerbert zum Brautbett zu führen. Als die Neuverheirateten im Bett lagen, ging sie hinüber in Benediktas Kammer. Ihr Bett war leer, und sie wurde noch wütender. Aber erst nachdem sie durch das Küchenhaus und den halbleeren Saal gestürmt war, ergriff sie die Angst.
Beim Anblick des unbeweglichen, entkleideten Mädchens packt Heine das Entsetzen, er wagt es nicht, sie zu berühren. Sein Schreien ruft die anderen herbei, ruft das Gesinde, ruft Mechthild, die Hildebert durch das Tor laufen sieht, er ist direkt hinter ihr, aber sie erreicht ihre Tochter zuerst. Es ist ihr Kind, und die Leute stehen in einem unruhigen Kreis um dieFrau des Hauses herum, die brüllt, die sich wie ein rasendes Tier über ihre Tochter wirft, die lederne Schnur von ihren Handgelenken reißt und das Mädchen an sich zieht.
Zehn Tage später stirbt Benedikta. Clementia war am dritten Tag nach der Hochzeit mit Gerbert nach Aachen aufgebrochen, als es für kurze Zeit so aussah, als ob ihre Schwester auf dem Weg der Besserung sei. Das Unglück hatte Benedikta stumm werden lassen. Der Bauch unterhalb ihres Nabels war aufgebläht und weiß, und sie jammerte vor Schmerzen. Aber das Fieber hatte sich ein wenig gelegt.
Wer sie so misshandelt hat, ist für Mechthild ohne Zweifel. Joachim war seit dieser Nacht verschwunden. Der Name allein hatte das Mädchen zusammenfahren lassen. Mechthild hatte versucht, sie zum Sprechen zu bringen, gelockt und gedroht, aber nichts hatte geholfen. Sie hatte den Mund des Mädchens aufgedrückt, um sich zu versichern, dass es sich nicht die Zunge abgebissen hatte. Es war ein schäbiges Gefühl, als sie Benedikta fragte, ob sie es habe geschehen lassen, aber von all ihren Fragen war es diese, auf die das Mädchen am heftigsten reagierte. Sie sagte es Hildebert nicht. Der war von rachsüchtiger Raserei entbrannt und erging sich in Fantasien, wie Joachim bestraft werden sollte. Sie wurden immer abgefeimter und widerlicher, bis es selbst Mechthild zu viel wurde, obwohl auch sie auf blutige Rache sann. Hildebert brachte es nicht über sich, das Krankenbett seiner Tochter zu besuchen, die bleich und elend in einem Gestank aus Stuhlgang, Urin und Blut dalag.
Mechthild war sich unsicher, ob Benedikta überhaupt verstanden hatte, dass Clementia mit Graf Gerbert aufgebrochen war. Am selben Abend öffnete sie auf ihrem Krankenlager zumersten und einzigen Mal den Mund und rief nach ihrer großen Schwester. Es war im Wahn, daran hatte Mechthild nicht gezweifelt, dennoch hatte sie es als ein Zeichen der Besserung betrachtet. Im Laufe der Nacht ging das Fieber aber ins Blut über, violette Streifen eilten über ihren Körper, eine Salve roter Male zog sich über Hals und Brust. Es wurde ein Bote zu Vater Cedric geschickt, der nicht wusste, was er mit dem Opfer der Sünde anfangen sollte, aber er gab ihr trotz allem die Letzte Ölung, weil Mechthild geweint und darauf beharrt hatte, die Barmherzigkeit des Herrn sei größer als die Sünde der ganzen Welt.
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