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Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Schlafen und Kleidung zu reden. Runa begann, am Abend vor dem Feuer Geschichten zu erzählen - von Göttern und Riesen, von Feen und Trollen. Und Gisla hörte zu, um ihrerseits von heiligen Frauen und frommen Eremiten, von Päpsten und Wüstenvätern zu berichten. Runa verstand nicht, was es hieß, heilig zu sein, und wahrscheinlich verstand auch Gisla nicht, was es mit ihren Göttern auf sich hatte. Aber was zählte das schon, solange das Zusammensein am Feuer, dessen Holz anheimelnd prasselte, ihnen Behaglichkeit schenkte.
    Ja, das Leben wurde behaglicher, es wurde einfacher, es glich in Runas Augen sogar ein wenig den Wintern mit Asrun. Gisla wurde trotzdem manchmal von Wehmut ergriffen. Sie sprach dann von ihrer Mutter, nach der sie sich so sehnte, von ihrem Leben am Königshof, dem guten Essen, mit dem Begga sie dort stets versorgt hatte. Nie hatte sie dafür arbeiten müssen, nie danach fragen, wer dafür den Rücken krümmte.
    Runas Sehnsucht wiederum galt dem Frühling, und diesem Gedanken konnte auch die immer dicker werdende Schneedecke nichts anhaben. Angst vor dem Tod, so wie früher, überkam sie nicht mehr.
    Einmal schnitzte sie Runenzeichen in ein Stück Holz.
    »Was ist das?«, fragte Gisla, als sie sich neugierig darüberbeugte.
    »Sechzehn Zeichen gibt es«, erklärte Runa. »Ich kenne nicht alle, aber die Rune des Gottes Tyr zum Beispiel. Krieger ritzen sie oft in ihren Schwertgriff, damit ihnen der Gott, der die Mächte des Chaos bannt, zum Sieg verhelfe. Ich ritze sie nun in den Stiel der Axt. Das ist zwar keine Waffe, mit der man in einer Schlacht tötet, aber mit der sich doch ein Sieg erringen lässt.«
    Gisla hörte ihr gebannt zu.
    Als Runa am nächsten Tag mit der Axt auf das Holz einschlug, rief sie: »Du hast nicht gewonnen, Vater; du hast nicht gewonnen, Thure. Und du auch nicht, Taurin. Ich aber lebe. Und ich werde heimkehren.«
    Aegidia konnte schlafen, solange sie wollte, sie wurde mit gutem Essen verwöhnt und auf weiches Fell gebettet. Genießen aber konnte sie nichts mehr von alldem. Zu liegen war keine Wohltat, sondern eine Notwendigkeit, denn sie war zu schwach, aufrecht zu sitzen. Zu schlafen verhieß keine neuen Kräfte, sondern nur noch größere Müdigkeit. Und zu essen wagte sie nicht, weil sie Angst hatte, von Popa vergiftet zu werden. Rollos Konkubine kam oft, um scheinheilig nach ihrem Wohlergehen zu fragen. Ihre Augen blitzten stets freudig, wenn sie sah, wie schlecht es ihr ging.
    Aegidia erachtete jedoch nicht nur Popa für schuldig an ihrem Elend. Manchmal glaubte sie, dass das Fieber, das seit Winterbeginn in ihrem Körper wütete, nicht Folge von Popas Gift, sondern ihre gerechte Strafe war. Ob dafür, dass sie einst das Leben im Kloster so verabscheut hatte, dass sie vorgegeben hatte, Gisla zu sein oder dass sie Fredegard in ihrem Brief belogen hatte, wusste sie nicht. Was zählte es auch, welche Sünde am schwersten wog? Um sie von ganzem Herzen zu bereuen, war sie zu schwach, noch undenkbarer war es, sie durch Bußübungen zu sühnen. Und wiedergutmachen konnte sie, wenn überhaupt, nur eine.
    Bischof Witto von Rouen war an diesem Tag bei ihr, und sie entschied, das wenige zu tun, was ihr zu tun verblieb, nicht länger in der Hoffnung, damit den Tod abzuwenden, aber ihn so gnädig zu stimmen, dass seine Umarmung zärtlich und warm ausfiel.
    »Meine Mutter ...«, stammelte sie heiser.
    Witto beugte sich etwas zu ihr, sein Gesicht aber blieb ausdruckslos. Als die Krankheit sie zum ersten Mal geschlagen hatte, hatte er sich besorgt gezeigt. Davon übrig geblieben waren nur Ungeduld und Überdruss. Wäre sie endlich tot, könnte er neue Pläne spinnen, nach einer neuen Frau für den bald schon getauften Rollo suchen, ein anderes Mittel ersinnen, das Bündnis zu stärken. Solange sie atmete, war er zum Warten - und Nichtstun - verdammt.
    »Bitte ...«, stammelte sie wieder. »Meine Mutter ... ich will meiner Mutter schreiben ... ein letztes Mal.«
    Sie war sicher, dass er ihren Wunsch erfüllen würde. Sie war nicht sicher, ob sie stark genug war, selbst die Feder zu führen. Aber wenn Gott, ob er nun ein strafender oder ein gleichgültiger war, nur ein wenig an Wahrheit und Gerechtigkeit gelegen war, würde er ihr helfen, zumindest die Lüge, wonach Gisla noch bei ihr in Rouen war, aus der Welt zu schaffen.

K LOSTER S AINT -A MBROSE IN DER N ORMANDIE H ERBST 936
    Stille.
    Und plötzlich war da wieder Stille, diesmal keine bedrohliche, sondern eine endgültige.
    Die

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