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Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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fähig, unsere Höfe weiter allein zu bewirtschaften.«
    Sie hoffte inständig, dass die Menschen sie nicht sofort verjagen würden, dass das Lächeln der Frau echt war und die Freundlichkeit nicht aufgesetzt wie einst bei Bertrada, die ihnen zu essen gegeben, ihnen ihren Namen aber nicht gesagt und sie verraten hatte.
    Diese Frau nun verschwieg ihren Namen nicht. »Ich bin Audinga«, sagte sie. »Wie heißt ihr?«
    Runa fiel auf, dass ihre Sprache eine seltsame Mischung zwischen dem Nordischen und Fränkischen war, und das gab ihr Mut, keine weiteren Lügen auszusprechen.
    »Das ist Gisla, und ich bin Runa - sie ist Fränkin, und ich komme aus dem Norden.«
    Die Frau, die Audinga hieß, reagierte nicht bestürzt, sondern schien daran gewöhnt zu sein, dass zwei Menschen zusammengehörten, obwohl sie unterschiedlichen Völkern entstammten.
    »Dann kommt hinein - wenn ihr könnt.«
    Gisla lag im weichen Gras und regte sich nicht. So brachte Runa erst Arvid ins Haus und holte dann die Gefährtin, die nicht sonderlich schwerer schien als das Kleine. Zurück in der Hütte sah sie, dass Audinga Arvid an ihre Brust gelegt hatte. Um den Tisch herum hockte eine Horde verlauster, verrotzter Kinder; das Kleinste war höchstens zwei Jahre alt und wohl der Grund, warum Audinga noch Milch hatte.
    Als Runa Gisla auf die Bank legte, stiegen ihr Tränen in die Augen. Die letzten Tage hatte sie die Angst um die Zukunft, den Gedanken an Taurin, die Lust nach seinem Körper verdrängt, nun überkam sie Erleichterung, dass Arvid nicht sterben würde, und Sehnsucht nach dem Mann, der ihr größter Feind gewesen und ihr doch nahegekommen war wie kein Zweiter.
    Hastig wischte sie sich die Tränen ab.
    »Wo sind wir hier?«, fragte sie Audinga. »Wie heißt dieses Dorf?«
    Das Einzige, was Runa über das Fleckchen Erde wusste, war, dass es stark bewaldet und kaum besiedelt war.
    Die Kinder jagten nunmehr kreischend um den Tisch herum, anstatt noch länger ruhig zu sitzen, aber das störte die Bäuerin nicht. Nichts schien sie aus der Ruhe zu bringen, nichts sie zu verärgern. So gut genährt wie sie und ihre Kinder aussahen, musste es eine reiche Ernte gegeben haben - dies war sicher mit ein Grund, dass sie so gleichmütig war.
    »Das Gebiet hier im Osten des Nordmännerlandes«, erklärte die Frau, »ist nicht dicht besiedelt. Dort wo die Klippen nicht so hoch stehen, befinden sich noch andere Siedlungen, aber sie liegen alle weit auseinander.«
    Je länger sie sprach, desto offenkundiger wurde ihr Sprachengemisch. In jeden fränkischen Satz streute sie ein nordisches Wort ein und umgekehrt. Es klang absonderlich - und es klang für Runa tief vertraut, war es doch die gleiche Sprache, die sie und Gisla miteinander tauschten, und wohl die Sprache aller Menschen, die ihre Heimat verloren und an diesem Ort wiedergefunden hatten.
    »Auch wenn wir hier recht einsam leben«, fuhr Audinga fort, »sind wir von den Nordmännern nicht verschont geblieben. In den ersten Jahren sind sie gekommen, um zu stehlen, zu verbrennen und um zu töten - mein Mann, Gott hab ihn selig, ist erschlagen worden.« Einen Moment hielt sie inne und senkte den Kopf, bevor sie fortfuhr. »Dann wurde Frieden geschlossen, und die Nordmänner kamen, um das Land zu dem ihrigen zu machen. Sie übernahmen lieber fränkische Dörfer, anstatt eigene Siedlungen zu gründen, und sie übernahmen fränkische Frauen, weil ihre eigenen in der nordischen Heimat zurückgeblieben waren.
    Einer der Nordmänner, der unsere Siedlung heimsuchte, hieß Alfr, und Alfr machte mich zu seiner Frau.«
    Ob sie der Ehe zugestimmt hatte oder dazu gezwungen worden war, ließ Audinga offen. Immer noch sprach sie langsam und unaufgeregt, doch als sie fortfuhr, klang sie, wenn auch nicht glücklich, so doch erleichtert.
    »Es ist doch ganz gleich, ob es ein Nordmann oder Franke ist, bei dem wir liegen, Hauptsache, es gibt einen Mann, der das Feld beackert. Und die Kinder brauchen einen Vater.«
    Mittlerweile waren sie so lange verheiratet, dass Alfr ihre Sprache sprach und sie die seine.
    Unsere Sprache, dachte Runa wieder, unser aller.
    »Alfr ...«, fragte Runa vorsichtig, »... stammt er aus Norvegur?«
    Als sie auf die Antwort wartete, wusste sie nicht, ob sie erhoffen oder befürchten sollte, in diesem Dorf einem zu begegnen, der die dunklen Fjorde kannte und die Einsamkeit, die schneebestäubten Berge und die steilen Hänge ihrer Heimat.
    Doch Audinga verneinte. »Nein, Alfr ist Däne wie die

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