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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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wiedergekommen. Allein die dicke Alusch hatte sich Tag für Tag in seine Kammer verirrt, um ihm eine ihrer herzhaften Suppen zu bringen. Sie war freundlich gewesen, und Albert war ihr dankbar, dennoch hatte sich bald eine so unendliche Langeweile in ihm breitgemacht, dass ihm nun jede Abwechslung willkommen war.
    Als sämtliche Speisen aufgetragen waren, ließ man Albert wieder allein. Eine Weile geschah gar nichts, nur die köstlichen Gerüche stiegen ihm in die Nase. Unweigerlich begann sein Magen zu knurren, und er fragte sich, ob dies wohl seine Henkersmahlzeit werden sollte.
    Dann endlich öffnete sich die schwere Tür erneut. Herein kam Eccard Ribe, der sich nach wie vor auf seinen Stock stützen musste. Er war nicht mehr so dünn wie an dem Tage, an dem er Albert besucht hatte, doch sein Gesicht wirkte noch ebenso blass. Im Gegensatz zu seinem geschwächten Aussehen schien er überaus guter Laune zu sein. »Ah, ich sehe, Ihr seid wieder auf den Beinen, Kaufmann.«
    »So ist es«, gab Albert einsilbig zurück. Noch immer stand er dem Ritter misstrauisch gegenüber. Bis heute konnte er sich nicht erklären, warum Eccard Ribe damals nicht Wort gehalten und ihn in seinem Verlies fast dem Hungertod überlassen hatte.
    Der Ritter war empfindsam genug, um Alberts Zurückhaltung zu bemerken. »Wie mir scheint, seid Ihr auch jetzt nicht gewillt, ein freundliches Wort mit mir zu wechseln. Nun, ich bin mir sicher, das kann ich ändern – obwohl ich das ganz sicher nicht müsste.« Während er redete, humpelte er zu dem Weinkrug, den Alusch kurz zuvor auf die Tischmitte gestellt hatte. Mit seiner freien Hand füllte er zwei kostbar anmutende Becher, stellte den Krug ab und forderte Albert mit einer einladenden Geste auf: »Kommt und trinkt mit mir. Ich würde Euch Euren Becher ja sogar reichen, damit Ihr mir nicht mehr gram seid, doch Ihr werdet sicher verstehen, dass ich mit meinem Krückstock kaum zwei Becher gleichzeitig tragen kann.«
    Albert war verwirrt. Warum wollte der Ritter mit ihm die Becher erheben, nachdem er ihn fast hatte sterben lassen? All das passte nicht zusammen. Nein, er traute seinem Gegenüber nicht, und das ließ er Eccard Ribe spüren. »Ich kann nicht mit Euch trinken, Ritter.«
    »Was soll das heißen, Ihr könnt nicht?«, fragte dieser verblüfft. Sein Gesicht zeigte, dass er etwas gekränkt ob der barschen Zurückweisung war.
    Sicher, es war dumm, den Ritter seines Einlagers zu beleidigen, doch außer seinem Leben, das aus Sicht der meisten Hamburger ohnehin nichts mehr wert war, hatte Albert nur noch wenig zu verlieren. Eines der wenigen Dinge, die er noch besaß, war sein Stolz, und den würde er nicht so schnell aufgeben. Darum antwortete er mit fester Stimme: »Wisst Ihr das tatsächlich nicht? Wie könnte ich mit dem Mann, der mein Leben so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat, meinen Becher erheben? Widersprecht mir, wenn ich mich irre, aber vor wenigen Tagen noch schien es mir, als hättet Ihr mich lieber von Ratten zerfressen gesehen. Und nun wollt Ihr mit mir trinken?«
    »Ich verstehe«, war die knappe Antwort des Ritters. »Vielleicht sollte ich noch einmal anfangen.« Eccard nahm sich einen der beiden Becher und setzte sich Albert gegenüber. Die Tafel war so lang, dass sie nun fast zwei Mannslängen voneinander getrennt waren. Nachdem er einen tiefen Zug genommen hatte, begann er erneut zu sprechen. »Schon vor ein paar Tagen, in Eurer Kammer, habe ich versucht, es Euch zu erklären.«
    »Mir was zu erklären?«, fragte Albert.
    »Kurz bevor ich nach Hamburg kam, um Euch mit auf diese Burg ins Einlager zu nehmen, wurde ich zusammen mit anderen Rittern Graf Gerhards II. in einen Kampf verwickelt.«
    Albert entfuhr ein Laut der Verachtung. Niemals würde er glauben, dass der Ritter in einen Kampf verwickelt worden war. Viel wahrscheinlicher war doch, dass die Ritter des Grafen auf dessen Geheiß hin eine Gruppe Kaufleute überfallen hatten, um diese auszurauben.
    Eccard Ribe bemerkte Alberts Abfälligkeit sehr wohl, doch er schenkte ihr keine weitere Beachtung und redete unbeirrt weiter. Er war sich sicher, dass der Kaufmann ihm gleich versöhnlicher gegenüberstehen würde. »Wie dem auch sei, bei diesem Kampf zog ich mir eine tiefe Wunde am Bein zu. Die Verletzung und meine damit verbundene vorübergehende Kampfunfähigkeit veranlasste meinen Herrn, Graf Gerhard II., dazu, mich mit der Aufgabe Eures Einlagers zu betrauen.«
    Albert erinnerte sich an Eccard Ribes Humpeln bei ihrer

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