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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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mir sicher, Gerhard I. hätte es vorgezogen, im Kampf zu sterben.«
    »Gewiss doch. Dennoch reichen seine Taten aus, um seinen Namen auch nach seinem Tode mit dem Glanz vergangener Tage zu schmücken.«
    Nach dem Austausch angemessener Höflichkeiten über den Toten und belanglosem, aber unvermeidlichem Gerede über dessen Beerdigung offenbarte Nicolaus von Rokesberghe endlich sein eigentliches Anliegen Albert gegenüber.
    »Ich habe Nachricht von Hereward aus Nowgorod erhalten. Er bat mich, diese an Euch und vor allem an die Jungfrau Margareta weiterzugeben. Wenn Gott es will, wird er zur Zeit des St. Veitsmarkts zurück sein, um seine Braut wie vorgesehen im August am Tage des Marienfestes heimzuführen.«
    »Das sind wahrhaft erfreuliche Nachrichten. Meine Tochter wird hocherfreut sein zu hören, dass ihr künftiger Gemahl in naher Zukunft heimkehren wird, und ich bin es nicht minder. Wir werden für sein Wohlergehen beten.«
    Die Männer verabschiedeten sich, und Albert richtete das Wort an seine Freunde. »Na, endlich kehrt er heim. Fast habe ich befürchtet, ich müsse Margareta eines Tages nach Nowgorod bringen, damit sie endlich einen Ring an den Finger bekommt.«
    »Es ist gut zu wissen, dass er noch dieses Jahr wieder da sein wird, da stimme ich dir zu, aber bis zum St. Veitsmarkt sind es noch über sechs Monate und bis Mariä Himmelfahrt gar über sieben. Die arme Margareta muss wirklich Geduld beweisen«, bemerkte Thiderich mitfühlend.
    »Nun, eine gute Verbindung sollte einem das wert sein«, schloss Walther höhnisch und stieß Albert den Ellenbogen in die Seite. Er kannte seinen Freund gut. Tatsächlich war Albert mit der Heirat Margaretas in das angesehene Hause der Rokesberghe eine vorzügliche Verbindung gelungen, welche das Ansehen seiner Familie noch einmal vergrößern würde, doch dass Hereward nun schon seit so langer Zeit in Nowgorod weilte und die Hochzeit auf diese Weise immer weiter verschoben wurde, stimmte ihn zu Recht missmutig. Margareta war bereits zwanzig Jahre alt und somit schon lange im heiratsfähigen Alter. Es wurde Zeit, dass sie das elterliche Haus verließ, um einen eigenen Haushalt zu führen.
    Der Tag der Beerdigung hatte den entscheidenden Anstoß gebracht. Es war nur ein kleiner Moment gewesen. Abgehackte Sätze. Aufgefangen im Vorbeigehen. Ihre Augen hatten sich vor Aufregung geweitet, und sie hatte sofort verstanden, was diese Neuigkeit für sie bedeutete. Wie lange schon hatte Heseke auf eine Möglichkeit wie diese gewartet? Zu lange. Doch sie hatte Geduld bewiesen. Und das wurde nun belohnt.
    Zum zweiten Male innerhalb kürzester Zeit war sie jetzt auf dem Weg zur einsamen Hütte im Wald. Obwohl der Schnee noch immer genauso hoch lag wie beim letzten Mal, kam ihr die Strecke heute längst nicht so beschwerlich vor. Beschwingt von ihrem boshaften Plan trugen ihre Füße sie durch den Wald. Mit jedem Schritt reiften in ihr neue Ränke. Sie wusste, dass ihr Vorhaben riskant war, doch sie musste es einfach versuchen. So eine Gelegenheit würde sich kein zweites Mal ergeben. Nun galt es vor allem, schnell zu handeln und Luburgis und Johannes von ihrem Plan zu überzeugen.
    Die Besprechungen über die Nachfolge Gerhards I. zogen sich unerträglich in die Länge. Wie erwartet war es nach kürzester Zeit zum Streit zwischen den Edlen gekommen. Doch was zunächst bloß wie das übliche Gehabe der Adeligen ausgesehen hatte, drohte nun sogar den Stadtfrieden zu erschüttern.
    Den neugierigen Hamburgern verwehrte man in dieser Zeit jedweden Einblick. Nur wenige Wortfetzen drangen aus den Gemächern der Fürsten nach außen, welche stets zu spärlich waren, als dass diese sich ein Bild von den Auseinandersetzungen machen konnten.
    Selbst der ehrenwerte Rat der Stadt war von den Gesprächen nahezu ausgeschlossen. Geschickt erlaubten die Grafen dem Rat und den Wittigesten, den Sitzungen nur so häufig beizuwohnen, wie es gerade nötig war, um nicht mit den Herren zu brechen.
    Die Lage war beunruhigend und drohte sich noch zu verschärfen. Die grafentreuen Kaufmannsfamilien begannen sich zusammenzurotten und spalteten sich langsam von den unabhängigen Familien ab. Der Zustand der Ungewissheit über die Zukunft der Stadt war eigentlich schon aufreibend genug, doch die unangenehmen Nebenwirkungen der Verhandlungen verschlimmerten die Lage weiter.
    Obwohl es Rittern durch das Stadtrecht verboten war, im Weichbild Hamburgs zu wohnen, kamen dieser Tage immer mehr von ihnen durch die Tore

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