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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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endlich fielen auch die ersten Kaufleute und Ratsherren mit ein. Die Gesichter der Grafen wurden wieder versöhnlicher, und jeder kurz aufgeflammte Kampfeswille verflog. Das Mahl begann.
    Natürlich war es unmöglich, sich hier und jetzt über die Entscheidung der Fürsten auszulassen. Viel zu groß war die Gefahr, dass die vielen Ohren der Grafenfreundlichen etwas Falsches aufschnappten, was einem hinterher zum Verhängnis wurde. So mussten sich auch Albert, Thiderich und Walther gedulden, bis sie in ihren eigenen Wänden waren. Währenddessen erfreuten sie sich mit halben Herzen an dem, was ihnen hier geboten wurde. Auch wenn keiner der Anwesenden jemals in seinem Leben Hunger gelitten hatte, war der Anblick einer derart reich gedeckten Tafel doch etwas Besonderes.
    Es gab Speisen in Mandelmilch und eingedickte Früchte wie Feigen, Äpfel und Rosinen mit Ingwer und Nüssen, außerdem Brei aus Weizenmehl mit Honig und Aniskuchen. Weißes, gesalzenes Brot wurde mit Saucen gereicht, die so dick waren, dass die Gäste diese mit Messern schneiden mussten. Doch all das wurde noch übertroffen von den Unmengen an Wildbret, Geflügel und Fisch. Die unzähligen Tauben, Wachteln, Hühner und Fasane waren zunächst von ihrem Fleisch befreit worden, das, zerkleinert und mit Mehl und Ei vermengt, fertig zubereitet zurück in sein Federkleid gesteckt wurde. Ähnlich verfuhr man mit den Hechten, Aalen, Forellen und Karpfen sowie den Rehen und Hasen. Die dampfenden Platten mit den königlich angerichteten Speisen erstrahlten in allen Farben; hervorgerufen durch Petersilie für Grün, rote Beete für Rot, Safran für Gelb und Nelken für Schwarz. Vieles war zudem reich verziert mit dem Wappen der Schauenburger und duftete nach Pfeffer, Muskatnuss, Zimt und Kardamon. Auf jedem Platz diente ein flaches, ausgehöhltes Brot als Unterlage, und der gewürzte Wein floss in Strömen.
    Das Mahl war bereits in vollem Gange, als Thiderich mit dem Kinn in eine Richtung deutete. Sein Mund war so prall gefüllt, dass er nicht sagen konnte, was er entdeckt hatte. Als Walther und Albert sich umwandten, erblickten sie Godeke, der direkt auf sie zukam.
    Mit einem freudigen Strahlen auf den Gesichtern erhoben sich die Männer und begrüßten den weit Gereisten mit kräftigen Hieben auf die Schulter.
    »Mein Sohn, ich habe dich nicht so schnell zurückerwartet. Was für ein freudiger Umstand, dass du es zum Festmahl geschafft hast. Setz dich zu uns, und stärke dich. Hast du schon von den Ereignissen in der Stadt gehört?«, fragte Albert.
    »Ja, Vater«, gab Godeke nur knapp zurück. Er war sichtlich erschöpft von der Reise und kam der Aufforderung, sich zu setzen, nur zu gern nach.
    Walther war weniger geduldig. Noch bevor Godeke einen Bissen zu sich nehmen konnte, fragte er seinen Schwager: »Wie war es in Friesland? Hast du die erforderlichen Fuhren Wagenschrott für das kommende Frühjahr angefordert?«
    Der Angesprochene nickte. »Ja, ich habe insgesamt zehn Fuhren bestellt. Sie werden um den St. Peterstag in Hamburg erwartet. Die Frage ist nur, welchem der Grafen wir nun Abgaben schuldig sind. Allen fünfen?«
    »Wahrscheinlich nicht, doch Genaueres wird sich wohl erst am Tage der Eiderneuerung zeigen«, gab Albert verdrießlich zurück. »Wie wir eben gehört haben, wollen die Grafen die Einkünfte aus der Stadt unter sich aufteilen, die Regierung aber gemeinsam führen. Ich bin gespannt, wer von ihnen den Anteil an unseren Geschäften einfordern wird.«
    Wieder bekam Albert nur ein Nicken von seinem Sohn, der nicht weiter auf das Gesagte einging. Die Männer wurden stutzig.
    »Wie war die Reise? Gab es Schwierigkeiten?«, fragte Walther plötzlich mit zusammengekniffenen Augen. Ihm war nicht entgangen, dass Godeke eine Verletzung an der Hand hatte.
    »Auf dem Rückweg habe ich mich einer größeren Gruppe berittener Kaufleute angeschlossen. Kurz vor Hamburg wurden wir überfallen. Die Angreifer waren weit in der Unterzahl, und so konnten wir sie recht schnell in die Flucht schlagen. Einen der Kaufleute hat es jedoch schwer erwischt.«
    »Diese verdammten Überfälle!«, fluchte Albert ungehalten. »Und die Grafen unternehmen nichts dagegen! Dat unrecht mochte greve Alph myd eyme worde bewaret hebben «, zitierte er jene Worte, die sich in zahlreichen Urkunden wiederfanden und welche den vermeintlichen Schutz der Kaufleute durch die Grafen zusicherten. »Die feinen Fürsten sollten sich lieber mal darum kümmern, ihr Wort zu halten, anstatt

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