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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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missachtet hätte. Seit vielen Jahren schon herrschte zwischen den Männern eine tiefsitzende Feindschaft. Niemals redeten sie mehr als nötig, und immer dann, wenn sie sich während der Ratssitzungen begegneten, warfen sie einander hasserfüllte Blicke zu. Die Anfänge dieser Feindschaft lagen schon zwanzig Jahre zurück, und sie betraf auch Ragnhild und Runa.
    Während Alberts monatelanger Abwesenheit in Flandern hatte Johannes vom Berge alles getan, um Alberts Familie zu schaden und sich selbst zu bereichern. Zu gerne würde Albert ihm diese Missetaten heute noch heimzahlen, doch wann immer er die Gelegenheit dazu bekam, forderten Runa, Margareta und Ragnhild, die Vergangenheit endlich ruhen zu lassen – und sie hatten recht. Zu viele Ungerechtigkeiten waren bereits begangen worden. Die Frauen wollten endlich in Frieden leben und vergessen. Einmal Geschehenes ließ sich nicht mehr ändern. Alles, was für Mutter und Töchter zählte, war, dass sie dieser Tage glücklich waren. Und so schritt Albert auch heute wieder unverrichteter Dinge an Johannes vorbei.
    Als alle Herren einen Platz gefunden hatten, betraten endlich die fünf prunkvoll gekleideten Grafen den Saal. Hocherhobenen Hauptes und mit würdevollen Blicken nahmen sie auffallend langsam an der erhöhten Ehrentafel Platz. Augenblicklich wurde es still. Alle Anwesenden drehten sich in Richtung der Schauenburger, die umringt wurden von ihren Rittern und Gefolgsleuten. Erst als auch der letzte Sessel mit einem scharrenden Geräusch zurechtgerückt war, gab der älteste Grafensohn ein Zeichen, auf das sich einer seiner Ministerialen erhob. In den Händen hielt der Mann ein gerolltes Pergament. Der Augenblick der Verkündung war gekommen.
    Die dröhnende Stimme des Ritters hallte mühelos bis in den hintersten Winkel des Saals. Wie immer, wenn die Schauenburger etwas verkünden ließen, wurden zunächst ihre Grafentitel sowie die rühmlichen Taten des Fürstenhauses verlesen, worauf die Anwesenden gut und gerne hätten verzichten können. Erst nach einer schieren Ewigkeit fiel endlich der entscheidende Satz.
    »Wir, die direkten Nachkommen des edlen Stadt- und Landesherrn Graf Gerhard I. von Holstein-Itzehoe zu Gottes Gnaden, geben bekannt, dass die Nachfolge wie folgt entschieden worden ist: Des Dahingeschiedenen Söhne Gerhard II., Adolf VI. und Heinrich I. sollen die Grafschaft Itzehoe zunächst gemeinsam neben der bereits bestehenden Regentschaft von Johann II. und Adolf V. führen. Die Einkünfte der Stadt Hamburg fallen den Söhnen Gerhards I. und deren Vettern zu drei gleichen Teilen zu …«
    Diesen entscheidenden Worten folgte eine Aufzählung kleinerer Zusprüche und Aufteilungen, die niemanden mehr interessierte.
    Als der Ministeriale endlich zu einem Ende kam, legte sich für einen kurzen Moment ein bedrohliches Schweigen über die Festgemeinde.
    Es war tatsächlich das eingetreten, was die Ratsherren am meisten befürchtet hatten. Die Grafschaft war weiter gespalten worden, und Hamburg hatte nun fünf Machthabern zu dienen. Auch wenn soeben verlesen worden war, dass die drei Brüder gedachten, die Ländereien ihres Vaters gemeinschaftlich zu regieren, war es nur allzu klar, dass es in nicht sonderlich ferner Zukunft auch zu einer gebietsmäßigen Fünfteilung des Erbes kommen musste – und diese Teilung würde nicht friedlich verlaufen. Eine unter Brüdern vereinigte Regierung war äußerst unüblich, und das aus gutem Grunde. Fast immer kam es zu Familienfehden, weil sich einer oder gleich mehrere Männer benachteiligt fühlten. Um Schlimmeres abzuwenden, wurde in diesen Fällen das Land für gewöhnlich aufgeteilt, doch offenbar hatte diese erste Aufgabe bereits den ersten Streit zwischen den Erben hervorgerufen – was ein schlechtes Zeichen war. Noch immer sagte keiner im Saal ein Wort, zu tief saß der Verdruss über das eben Vernommene. Den Gesichtern der Grafen war abzulesen, was sie von diesem Verhalten hielten.
    Ulrich von Hummersbüttel, einer der Ritter Gerhards II., konnte schließlich nicht mehr an sich halten. In einem Anflug tiefer Verbundenheit zu seinem Herrn und in der Hoffnung, das drohende Unheil so vielleicht noch abwenden zu können, donnerte er seine Faust so heftig auf die Tafel, dass einige der Männer erschrocken zusammenfuhren. »Was ist mit euch? Könnt ihr etwa nicht eure Becher erheben wie Ritter?« Der Ministeriale erhob darauf gleich einen ganzen Krug und dröhnte: »Gott schütze die neuen Stadtherren!«
    Dann

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