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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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nicht bemerkt hatte. Doch selbst während sie Margareta abwesend weiter zusprach, konnte sie den Blick nicht von Johanns Rücken losreißen. »Es sind doch nur noch ein paar Monate bis zum St. Veitsmarkt. Dann wird Hereward wieder in Hamburg sein, und alles wird gut. Vergiss nicht, was er dir heute durch die Boten hat ausrichten lassen«, plauderte sie gedankenverloren weiter, »… also ich würde mich sehr geschmeichelt fühlen, wenn mein Johann mir solche Worte ausrichten würde.«
    Margareta blickte ihre Schwester fragend an. Diese bemerkte ihr Missgeschick allerdings nicht einmal und starrte fortwährend in eine Richtung – die Richtung, in der Johann Schinkel stand. Gerade als Margareta etwas erwidern wollte, begann die Messe, sodass sie ihre Worte und Fragen für sich behielt, doch vergessen konnte sie diesen kleinen, scheinbar unbedeutenden Vorfall nicht.
    Keine der beiden Frauen bemerkte, dass es noch zwei weitere Augen gab, die die Szenerie beobachtet hatten. Walthers starrer Blick bohrte sich in Runas Rücken. Er brauchte keine weitere Erklärung: Seine Frau fühlte noch immer etwas für ihren einstigen Geliebten und Vater ihres ersten Kindes. Wie hatte er nur jemals annehmen können, dass das eines Tages anders sein würde? Er kam sich vor wie ein törichter Narr. Eigentlich hätte Walther rasend vor Wut oder tobend vor Eifersucht sein müssen, doch es waren andere Gefühle, die ihn übermannten. Das Blut pochte in seinem Kopf, und sein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken, Runa an Johann Schinkel zu verlieren.
    »Wir müssen handeln, solange der Rat noch unsicher ist, Freunde«, riet Albert energisch.
    Thiderich schüttelte leicht den Kopf. »Das ist zu gefährlich, Albert. Wir wissen nicht, wie lange dieser Zustand noch anhalten wird. Was ist, wenn der Rat sich während meiner Abwesenheit für die Forderung von Johannes vom Berge ausspricht und unsere Geschäfte mit dem Grafenhaus nicht länger duldet?«
    »Dann musst du eben schneller zurück sein, als der Rat seine Entscheidung treffen kann. Du weißt genauso gut wie ich, dass bisher kein Handelsverbot für die Zeit bis zur endgültigen Bestimmung in dieser Sache ausgesprochen wurde. Warum also sollten wir unsere Geschäfte stoppen?«, fragte Albert in die Runde und schaute zunächst Walther, dann Godeke und dann wieder Thiderich ins Gesicht. Eine Zeit lang sagte niemand etwas. Dann jedoch meldete sich Godeke zu Wort.
    »Vater, es ist kein Geheimnis mehr, dass du mit Johannes vom Berge einen mächtigen Feind im Rat hast. Er wird alles versuchen, um dich des Verrates am Rat anzuklagen. Es wird für ihn wie gerufen kommen, wenn du in dieser Zeit Geschäfte mit den Grafen machst.«
    Walther war anderer Meinung. »Die Entscheidung des Rates dauert doch nun schon zwei Monate, und sie kann sich noch weiter verzögern. Einige der Mitglieder des alten Rates sind noch immer auf Reisen. Erst wenn sie wieder zurück sind, wird es zu einer Entscheidung kommen. Ich bin der Meinung, wir sollten zusehen, dass wir unser Holzlager leer machen und alles schnell verkaufen, um den gräflichen Anteil zu Gerhard II. zu bringen. So hätten wir etwas Zeit gewonnen, bis die endgültige Entscheidung des Rates fällt, und zudem hätten wir wieder Platz im Lager. Schließlich kommt im Februar am St. Peterstag schon die nächste Lieferung Wagenschrott aus Friesland.«
    Sichtlich zufrieden nickte Albert seinem Nuncius zu. »Walther hat recht. Wir können unser Holz schließlich nicht ewig lagern. Seit Wochen liegt es bereits herum, obwohl ich es sofort verkaufen könnte. Wir haben lange genug gewartet. Gerhard II. wird seinen Münzen schon ungeduldig entgegensehen. Ihr wisst genau, dass er in dieser Hinsicht keine Gnade walten lässt. Wir können es uns nicht erlauben, ihn weiterhin warten zu lassen.«
    Thiderich war sichtlich angespannt, doch er hatte mit den Jahren gelernt, dass im Zweifel Albert die Entscheidungen traf. »Was also schlägst du vor, Albert? Den Grafen vorerst zu besänftigen ist schließlich keine Lösung für alle Zeit.«
    »Das stimmt, mein Freund«, pflichtete Albert ihm bei, ohne ins Stocken zu geraten. Wie immer hatte er bereits alles durchdacht. Er lehnte sich zurück und richtete seine nächsten Worte an die drei Männer. »Wir machen Folgendes: Godeke verkauft noch heute das gesamte Holz in unserem Lager. Sobald wir den Anteil Gerhards II. in den Händen halten, reitet Thiderich nach Plön zum Grafensitz. Ich werde derweil versuchen,

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