Tochter des Ratsherrn
furchtbar schaukeligen Gangarten und ihrer Abneigung gegen Wasser hatte er sie nie verkauft. Der bloße Gedanke daran, sie eines Tages gegen ein jüngeres Pferd austauschen zu müssen, schmerzte ihn gewaltig.
Thiderich war bereits einige Zeit unterwegs, als die Wege enger und der Wald um ihn herum dichter wurde. Er wusste, dass er schon bald die ersten Moore erreichen würde, welche später den kleinen Seen wichen, die das Land um Plön durchzogen. Er kannte die Strecke dorthin im Schlaf, so häufig hatte es ihn in den vergangenen Jahren zur gräflichen Burg geführt.
Zwar war der Boden des Nachts manchmal noch gefroren, doch seit zwei Wochen war der lästige Schnee verschwunden. Es wurde merklich wärmer – endlich! Hätte sein Auftrag dieses Mal keinen so heiklen Hintergrund, wäre es ihm sicher gelungen, den Ritt sogar zu genießen. Schon jetzt zeichnete sich ab, dass es ein sonniger Tag werden würde. Glitzernder Tau lag auf dem Waldboden und ließ die Spinnenweben zwischen den Bäumen sichtbar werden. Der Duft des feuchten Laubes vom Vorjahr lag in der Luft. Es war windstill, und von überallher erklang das Gezwitscher der ersten Vögel, die das bevorstehende Frühjahr mit ihrem Gesang zu begrüßen schienen.
Junge und ungestüme Männer wären womöglich Gefahr gelaufen, sich zeitweilen in Sicherheit zu wiegen, doch Thiderich war zu erfahren, um sich gedankenlos den Schönheiten des Waldes hinzugeben. Er blieb weiter aufmerksam, jederzeit bereit, sein Messer zu zücken oder Millie die Hacken zu geben, um sie in ihren fliegenden Galopp zu treiben. So schön und friedlich sich der Wald auch zeigte, bot er doch gleichzeitig Plackern und Wegelagerern ein gutes Versteck.
Und als ob er es durch seine Gedanken hervorbeschworen hätte, stellten sich Thiderich plötzlich die Nackenhaare auf. Auch seine Stute schien etwas zu bemerken. Immer wieder hob sie achtsam den Kopf und blieb stehen, nur um kurz darauf den Weg in ihrem gewohnt schnellen Schritt fortzusetzen. Thiderich wurde stutzig. Er sah sich um und beobachtete Millies regsame Ohren, auf die er sich in der Vergangenheit stets hatte verlassen können. Wiederholt drehte die Stute eines davon nach hinten. Ihr Gang wurde steifer, der Blick wachsamer, ihre Nüstern blähten sich und sogen lautstark die Luft ein, nur um sie gleich darauf schnaubend wieder auszustoßen.
Es bestand kein Zweifel – sie waren nicht allein!
Schon bevor die Nacht hereingebrochen war, hatte Runa die Erschöpfung in ihren Gliedern gespürt. Die letzten Tage waren anstrengend für sie gewesen. Diese Schwangerschaft war beschwerlicher als die beiden vorangegangenen. Sie musste sich mehr schonen.
Gleich als Johanna von dem Besuch bei ihrer Familie zurückgekehrt war, zog sich Runa zurück in die Kammer, die sie mit Walther teilte. Noch nie zuvor war ihr die Bettstatt so einladend vorgekommen. Mit müden Bewegungen entkleidete sie sich und schlüpfte unter die Laken. Nur wenige Augenblicke später war sie eingeschlafen.
Als sie später erwachte, vermochte sie nicht zu sagen, ob das Donnern des nächtlichen Gewitters sie geweckt hatte oder aber Walther, der gerade die Kammer betreten hatte. Runa brauchte eine Zeit, um zu sich zu kommen. Es war dunkel. Wie lange hatte sie geschlafen? Ihr Blick fiel auf Walther.
Im Schein eines einzelnen Talglichts streifte er sich seine Kleider vom Leib. Sie konnte sehen, dass er versuchte leise zu sein. Scheinbar hatte er noch nicht bemerkt, dass seine Frau ihn bereits beobachtete.
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich Runa ausgeruht und entspannt. Sie genoss die Stille der Kammer ebenso wie den Anblick ihres Mannes, den sie schon eine ganze Weile nicht mehr so eingehend studiert hatte. Weder die Arbeit als Nuncius noch das Spielen auf seiner Laute konnten ihm viele Muskeln eingebracht haben, und dennoch war sein Körper kräftig. Gott hatte es gefallen, ihm starke Arme zu schenken, zwischen deren wohlgeformten Wölbungen sich jetzt ein leichtes Schattenspiel abzeichnete. Es hatte etwas Reizvolles, ihn beim Entkleiden zu betrachten, ohne dass er es bemerkte. Runa kam sich fast ein wenig unanständig vor, und das gefiel ihr. Einer plötzlichen Eingebung folgend schlug sie das Laken, unter dem sie lag, zurück und blickte ihn auffordernd an.
Walther schaute von dem Talglicht auf, das er gerade hatte löschen wollen, hielt inne und ließ seinen Blick stattdessen über die Rundungen von Runas nacktem Körper schweifen. Ihm gefiel, was er sah. Trotz
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