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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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zu seinem Vater! Womöglich war dies der richtige Augenblick für ihr Geständnis – wenn es dafür überhaupt einen richtigen Moment geben konnte.
    »Walther, bist du noch wach?«, fing sie behutsam an und fuhr ihm mit den Fingerspitzen über die Schulter.
    »Hmm«, war seine bereits schläfrige Antwort.
    »Ich wollte dir noch etwas erzählen …«
    Ein lautes Donnern übertönte Runas Worte. »Was hast du gesagt?«, fragte Walther müde.
    Gerade als Runa wieder zum Sprechen ansetzen wollte, hörte sie Freyjas Schluchzen vor ihrer Kammer. Gleich darauf wurde auch schon die Tür geöffnet, beide Kinder kamen herein. Freyja stürzte sich in die Arme ihres Vaters und weinte bitterlich, während sie stockend hervorstieß, dass sie große Angst vor dem Gewitter habe. Thymmo weinte nicht, doch er ging mit schreckgeweiteten Augen zu Runa, um ebenfalls in die Arme geschlossen zu werden. Ohne zu zögern, kam Runa diesem Wunsch nach.
    Als Freyja sich in den Armen ihres Vaters etwas beruhigt hatte, schaute dieser zu Thymmo und seiner Mutter hinüber.
    Runa konnte es sofort spüren. Wie immer störte sich Walther an Thymmos Gegenwart, da ihn dieser unweigerlich an Johann Schinkel erinnerte. Entgegen Runas Erwartungen und Walthers Versprechungen am Tage ihrer Verlobung hatten Thymmo und Walther es nie geschafft, einander näherzukommen. Runa wusste, wie sehr der Junge darunter litt, doch sie konnte ihm die Enttäuschung nicht nehmen, die er verspürte, wenn sein vermeintlicher Vater ihn zurückwies. Auch konnte Runa ihren Gemahl nicht deswegen tadeln. Walther hatte trotz allem ihren Dank verdient; Dank dafür, dass er sie geheiratet hatte, obwohl sie das Kind eines anderen in ihrem Leib trug, und Dank dafür, dass er ihr schandvolles Verhalten niemals verraten hatte. Sie konnte ihm nichts vorwerfen, so gerne sie das manchmal auch tun würde.
    »Thymmo«, sprach Walther ihren Sohn an. »Du bist ein Mann und solltest dich nicht in die Arme deiner Mutter flüchten, nur weil es gewittert.«
    Sofort senkte der Junge schuldbewusst den Kopf, nicht aber ohne zuvor auf seine Schwester zu blicken.
    Walther war der Blick nicht entgangen. »Freyja ist ein Mädchen, und sie ist jünger als du. Geh wieder in deine Kammer zurück. Oder willst du, dass die anderen Jungen morgen über dich lachen?«
    Thymmo schüttelte den Kopf. Dann verließ er die Schlafkammer seiner Eltern.
    Walther legte Freyja behutsam in die Mitte der Bettstatt, wo sie sofort einschlief. Dabei vermied er es, seiner Frau in die Augen zu schauen. Er wusste, dass sie ihn am liebsten wegen seiner Strenge getadelt hätte, doch nach dem eben vollzogenen Liebesspiel konnte er die Gegenwart Thymmos einfach nicht ertragen. Er wollte nicht daran erinnert werden, dass seine Frau vor der Ehe bereits bei einem anderen Mann gelegen hatte – nicht ausgerechnet jetzt, da sich Runa ihm das erste Mal seit langer Zeit wieder freiwillig hingegeben hatte und er sogar meinte, etwas wie Liebe gespürt zu haben.
    Runa fühlte sich machtlos. Sie wollte diesen Moment nicht zerstören, auch wenn sie mit ihrem Sohn litt, den sie so sehr liebte. Schon jetzt bevorzugte Walther ihre gemeinsame Tochter maßlos, doch wie würde es erst werden, wenn sie ihr drittes Kind zur Welt gebracht hatte? Dann würde es zwei Geschwister geben, die Thymmo die Liebe des Vaters streitig machten. Sie konnte sehen, wie verwirrt der Junge war, doch tun konnte sie nichts.
    Aber wenn sie schon nicht darüber reden konnte, wollte sie wenigstens ihr Herz auf andere Weise erleichtern. Sie wusste, dass Walther außer sich vor Zorn sein würde, wenn sie ihm von Godekes Frieslandreise berichtete, doch irgendwann musste er schließlich davon erfahren. Sie hatte es ihrem Bruder versprochen. Also fasste sie sich ein Herz und drehte sich zu ihrem Gemahl und ihrer Tochter um.
    Walther hielt Freyja umarmt und schlief genauso tief wie das kleine dunkelhaarige Mädchen. Es blieb Runa nichts anderes übrig, als es ihnen gleichzutun.
    »He du, Bursche. Kennst du einen Walther?«
    Der junge Kerl schaute den Fremden verwundert an und umklammerte seine Waffe noch fester, um vor ihm bedeutender auszusehen. Es war sein erster Wachdienst an der Stadtmauer, und er hatte bis eben gehofft, heute nicht angesprochen zu werden. Anders als die anderen jungen Burschen seines Alters war er von eher schüchternem Wesen. Auch jetzt wusste er nicht recht, was er sagen sollte – schon gar nicht zu einem Priester. »Es … es gibt mehr als einen Walther in

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