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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Hirschgeweih und die goldene Sonnenscheibe. Sein Sattel war aus Birkenholz, mit Leder bezogen, und darüber hing das Fell eines Schneeleoparden aus dem Norden des Archipels. Auch sein Schlachtross verdiente Beachtung: Nobunaga ritt einen Schilfdrachen, einen Schimmel aus der Hochebene von Kiso, dessen Fell fast grünlich schimmerte. Diese Tiere waren so schnell und stark, dass man sich erzählte, zur Paarung kämen die Drachen zu den Stuten. Die überaus klugen Pferde waren dafür bekannt, dass sie auf dem Schlachtfeld nie ihren Herrn im Stich ließen. Fiel der Reiter im Kampf, stellten sie sich schützend über ihn, verteidigten ihn mit Zähnen und Hufen.
    Und so focht Nobunaga manchen Krieg, auf dem Schlachtfeld oder auch zur See. Er kämpfte erfolgreich gegen das Chaos der verfeindeten Fürsten, ließ Abtrünnige hinrichten oder zwang sie zum Selbstmord. Er verwüstete, wenn es sein musste, ganze Städte, schreckte auch vor dem Tod von Frauen und Kindern nicht zurück. Durch eine bahnbrechende Kriegführung verfügte er über eine der modernsten Armeen seiner Epoche. Die zwölf mächtigsten Lehnsherren
Japans schloss er zu einer Koalition zusammen, die praktisch unbesiegbar war. Entgegen der Tradition wählte er seine Generale, Offiziere und Gefolgsleute nicht nach Namen, Rang, Familie oder Beziehung, sondern einzig nach ihrem militärischen Können. Traditionell wurde im Archipel mit Schwertern und Hellebarden gekämpft. Als eigentliche Fernwaffen gab es nur Pfeil und Bogen. Nobunaga aber hatte von den Portugiesen den Gebrauch von Feuerwaffen gelernt. Er ließ die Musketen in Japan herstellen. Der gezielte Einsatz von Schusswaffen verbreitete auf jedem Schlachtfeld große Angst und großen Schrecken. 1571 gelang es Nobunaga auf diese Weise, den heiligen Berg Hiei einzunehmen und Enryaku-ji, die Tempelburg der gefürchteten Kriegermönche, zu zerstören. Nobunaga übergab die Tempelanlage den Flammen und setzte auf diese Weise der jahrhundertealten Vormachtstellung der Kriegermönche ein Ende. Dass die Mönche Rache schworen, bekümmerte ihn nicht. Und wenn er auch später, bei der Belagerung von Nagashima, enorme Verluste erlitt und zwei seiner jüngeren Brüder verlor, konnte er die Stadt, die sich seit elf Jahren in offener Rebellion den Samurai-Herrschern gegenüber befand, einnehmen und besiegen. In einem beispiellosen, langjährigen und strategisch perfekt ausgeklügelten Feldzug war es Oda Nobunaga somit gelungen, nahezu ein Drittel des japanischen Territoriums seinem Gesetz zu unterwerfen.
    Neben seiner militärischen Brillanz erwies sich Nobunaga als geschickter und weitblickender Verwalter. Die Landwirtschaft blühte, ein breites Straßennetz wurde gelegt, der internationale Handel gefördert, nicht nur mit Spanien und Portugal, mit China und der koreanischen Halbinsel, sondern auch mit Siam, den Philippinen und Indonesien. Man importierte Luxusgüter aus aller Welt, in den wohlhabenden Städten entwickelte sich ein üppiges Zunftleben. Der Wohlstand
zog auch die Künstler an, die Dichter, die Maler, die Musiker, die Schmiede und die Schauspieler. Nobunaga zog jene an, die das Leben liebten, die Geschmack an der Fröhlichkeit und am Glanz hatten. Und es sprach sich bald herum, dass diese beim Daimyo willkommen waren. Viele unter den Besten gab es, die Platz an seinem Hof fanden. Nobunaga liebte schöne Dinge und geistreiche Menschen; er fühlte sich zu den Künstlern hingezogen, ließ sich gerne von ihren Gedanken und Begabungen faszinieren. Von Künstlern umgeben, legte er keinen Wert darauf, großzutun oder zu zeigen, welche Stellung er hatte. Der Schelm von einst trat wieder hervor, mit seiner Lust an üppigen Gelagen, an wilden Streichen. Die Musiker spielten gerne für ihn, er wetteiferte mit den Dichtern, tanzte mit den Tänzern. Diese Menschen waren mit jenen Gaben erfüllt, denen seine innere Sehnsucht galt. Er lernte von ihnen, ohne Neid oder Arroganz. Und jene, die das begriffen, wären ohne Weiteres für ihn gestorben. Sie achteten ihn aus vollen Herzen um dessentwillen, was Edles in ihm war. Es berührte sie nicht, noch dämpfte es ihre Verehrung, dass er Städte verwüstet und das Blut vieler Tausender vergossen hatte.
    Seit langer Zeit hatte sich ein Zweig der Koga-Familie in der Stadt Kanazawa angesiedelt, die dem Gesetz des Daimyo Maeda Toshiie unterstand.

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