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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Fliegen«, sagte ich zu Mia. »Du musst also nicht glauben, dass ich mich Hals über Kopf entschlossen habe, einen Flug nach Tokio zu buchen. Um ehrlich zu sein, ich habe viel darüber nachgedacht. Und je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass es so mit mir nicht weitergeht. Ich war an einem toten Punkt angelangt, wollte nie wieder eine Frau lieben. Es kam mir zu kompliziert vor.«
    Sie antwortete sanfter, als eine Frau mir je geantwortet hatte.
    Â»Das habe ich gespürt. Du hast dir viel Mühe gegeben, aber etwas Unsicheres war in dir.«
    Â»Ich war unglücklich, ohne zu wissen, dass ich es war. Ich nehme an, meine Eitelkeit war verletzt.«
    Sie nickte.
    Â»Ja, du hattest dein Gesicht verloren. Vor dir selbst. Das ist sehr unangenehm.«
    Â»Ich konnte mich nicht mehr im Spiegel sehen. Und jetzt lasse ich mich scheiden, packe meine Siebensachen zusammen  – und tschüss. Ich will dich nicht mehr aus den Augen lassen.«
    Sie blickte auf ihren Teller und befasste sich mit ihrem gegrillten Fisch. Sie wirkte ein bisschen verlegen, ein bisschen übermütig und ein bisschen trotzig. Als ob sie dem männlichen Liebesüberschwang nicht ganz traute. Worte sind nur
Worte und nicht immer die Wirklichkeit. Vielleicht war ich belämmert, und Mia war weiser als ich.
    Es war unser letzter Abend in Prag. Wir saßen im »Restaurant der Architekten«, wo es stockfinster war, mit Ausnahme der Lampen, die den Tisch beleuchteten und nur unsere Teller und unsere Gesichter erkennen ließen. Wie sich die Kellner zurechtfanden, ohne auf die Nase zu fliegen, war mir schleierhaft. Das Essen war reichhaltig und gut, deftig, wie es die Prager bevorzugen. Mia aß mit Appetit. Tanja hatte immer Angst um ihre Figur gehabt, doch Mia mit ihrem zarten Knochenbau schien sich nicht im Geringsten darum zu scheren, ob ihre Konfektionsgröße nach einem kompletten Prager Menü von vierunddreißig auf sechsunddreißig anstieg.
    Â»Ist es dir unangenehm«, fragte ich, »wenn ich ohne dich nicht mehr sein kann?« Noch während ich das fragte, überkam mich das Gefühl, dass ich kitschig wurde, in Pathos verfiel, vor Selbstmitleid zerfloss.
    Sie schob den Fischkopf akkurat auf den Tellerrand, bevor sie sachlich Antwort gab.
    Â»Wir werden ja bald merken, ob das wirklich stimmt. Wir kennen uns erst seit fünf Tagen. Im Augenblick funktioniert es zwischen dir und mir. Vielleicht verstehen wir uns auch später noch, vielleicht auch nicht.«
    Ich empfand einen kleinen Stich im Herzen.
    Â»Ach, wieso denn nicht?«
    Â»Na ja, wir könnten uns zum Beispiel zanken.«
    Â»Muss das sein?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    Â»Womöglich findest du das Essen abscheulich.«
    Â»Ich mag Sushi sehr«, sagte ich.
    Sie lehnte sich zurück, herzlich lachend.
    Â»Das wirst du kaum erleben, dass eine japanische Frau mit
Sushi experimentiert! Sushi lässt man sich frisch ins Haus liefern. Und damit du es gleich weißt, ich kann überhaupt nicht kochen. Meine Mutter hat es mir beigebracht, klar, das machen japanische Mütter, aber das ist lange her, und inzwischen habe ich alles verlernt. Und außerdem werfe ich alles um, wie du weißt.«
    Â»Auch in der Küche?«
    Â»In der Küche nicht. Da rühre ich nämlich keinen Finger.«
    Â»Macht nichts«, sagte ich fröhlich. »Ich selbst bin ein guter Koch.«
    Â»Mmm …«
    Sie bewegte leicht den Kopf hin und her. Ihr Ausdruck war gleichermaßen versonnen und spöttisch. »Wir wollen noch von mir reden«, fuhr sie fort. »Es mag ja sein, dass du wirklich der richtige Mann für mich bist. Die anderen haben es nie lange mit mir ausgehalten.«
    Â»Weil du nicht kochen kannst?«
    Â»Weil ich nicht die Frau bin, die ein Mann sich wünscht. Ich treffe alle Entscheidungen selbst, hasse Unordnung und Unpünktlichkeit, trage keine High Heels und keine Abendkleider.«
    Â»Weiter.«
    Â»Ich bin ungeduldig, überheblich, unsentimental.«
    Â»Was sonst noch?«
    Â»Kinder«, sagte sie. »Kinder mag ich sehr, die sind so richtig zum Knuddeln! Und ich hüte auch gerne die Kinder von Freunden, weil ich sie abends wieder loswerde.«
    Â»Mach dir keine Gedanken«, sagte ich, stoßweise lachend. »Es wird nicht so sein, dass die Menschheit deinetwegen aussterben muss.«
    Sie lachte auch.
    Â»Die einzige Möglichkeit, mit mir

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