Tod am Kanal
genug
Rede und Antwort gestanden. Simon wird Sie hinausbegleiten.«
»Einen Augenblick«, sagte Christoph und wandte sich an
Nicolaus, der irritiert aufsah. »Wo waren Sie gestern Abend?«
»Warum stellen Sie dem Kind eine solche Frage?«,
mischte sich Isabelle von der Hardt ein. Sie war von der Liege aufgestanden und
machte in ihrem knappen Bikiniunterteil auch im Stehen eine gute Figur.
»Ihr Sohn ist volljährig und wird die Frage selbst
beantworten. Es ist der Zeitpunkt, von dem wir annahmen, dass Ina Wiechers
ermordet wurde.«
»Ich … ich …« Bevor Nico den Satz zu Ende führen
konnte, mischte sich Simon Feichtshofer ein.
»Er war hier. Wir waren zuerst am Strand, dann haben
wir im Hause herumgegammelt.«
»Und Sie, Frau von der Hardt?«
Sie lachte. »Ich war auf Stippvisite in meinem
Geschäft auf Sylt. Anschließend habe ich mit Freunden bei Jörg Müller gegessen.
Sagt Ihnen der Name etwas?«
Christoph unterließ es, auf diese Spitze einzugehen.
Natürlich kannte er den Namen des Mannes, der zu den Spitzenköchen der Republik
gehörte.
Sie verabschiedeten sich und wurden vom Fitnesstrainer
zur Pforte begleitet.
»Die Frau strotzt nur so vor Selbstbewusstsein«, sagte
Christoph, als sie im Auto saßen.
»Wundert dich das bei der Figur? Die hat ja keine
Versuche unternommen, ihre Blöße zu verbergen. Aber das hat die ja auch nicht
nötig. Wenn ich richtig rechne, ist sie jetzt dreiundfünfzig. Potz Blitz. Dann ist
die ja siebzehn Jahre älter als ihr Lover.«
Christoph klopfte Große Jäger auf das Knie. »Nun
beruhige dich wieder. Möchtest du so leben? Als Schoßhund dieser Frau – mag sie
noch so attraktiv sein.«
Der Oberkommissar spitzte die Lippen. »Hm. Ich glaube,
die Frage stellt sich nicht bei ihrer Aversion gegen Beamte. Dieses gedopte
Anabolikaungeheuer kommt nur deshalb bei der alten Schachtel an, weil es fähig
ist, sein gesamtes Blut aus dem Hirn abzuziehen und an einer anderen
Körperstelle zu konzentrieren.«
»Jedenfalls wäre es denkbar, dass irgendwer aus dieser
Familie seine Abneigung gegen Ina Wiechers nicht hinreichend zügeln konnte. Den
beiden Männern könnte man so etwas zutrauen.«
»Dabei sind das nur Randfiguren, wenn man die Mutter
erlebt hat. So, was machen wir nun?«
»Jetzt besuchen wir den Mitschüler, der in der
nächsten Querstraße wohnt«, sagte Christoph.
Große Jäger griff zum Zündschlüssel und wollte den
Motor starten.
»Das gibt’s doch nicht«, murmelte er und stieg aus. Er
ging zur seitlichen Beetbegrenzung, bückte sich, besah sich etwas und
schüttelte dabei seinen Kopf.
Als er in den Dienstkombi zurückgekehrt war, sagte er: »Jetzt staune ich aber. Dort drüben an der Grundstückeinfriedung gibt es einen
Spanndraht. Der sieht genauso aus wie der bei der Schule. Und um das Wundern
perfekt zu machen: Auch hier gibt es eine frische Schnittstelle.«
»Du irrst dich nicht?«
»Habe ich das jemals?«, antwortete Große Jäger mit
gespielter Empörung.
Christoph griff zum Handy und wählte Klaus Jürgensen
an.
»Wir sind schon unterwegs«, schimpfte der kleine
Hauptkommissar anstelle einer Begrüßung. »Warum seid ihr Schlickrutscher so
ungeduldig?«
»Wir wissen uns bestens betreut durch euch.« Christoph
wurde durch ein Niesen seines Gesprächspartners unterbrochen. »Und da mir
bekannt ist, dass du die Westküste über alles zu schätzen weißt, habe ich noch
ein touristisch besonders interessantes Ziel für euch.«
»Das will ich nicht gehört haben. Außer Strandpiraten,
Ganoven und einer Handvoll schräger Detektive gibt es doch nichts bei euch. Mir
tun die Seehunde leid, die mangels Alternative mit euch auskommen müssen. Und?
Habt ihr wieder eine Leiche in irgendeinem Matschloch entdeckt?«
»Nein. Aber wir haben in St. Peter-Ording einen
zweiten Drahtzaun gefunden, bei dem offenbar vor Kurzem ein Stück abgeschnitten
wurde.«
»Seid ihr jetzt total übergeschnappt?«, schimpfte der
Leiter der Kriminaltechnik in gespieltem Entsetzen. »Fahren die Wattstecher
jetzt durch den Landkreis und suchen Drahtzäune. Habt ihr nichts Besseres zu
tun?«
Dann ließ er sich die Adresse geben und versprach,
nach der Spurensicherung am Eidergymnasium auch an den zweiten Ort zu fahren.
Die Straße »Zum Südstrand« befand sich unweit des
Anwesens von Isabelle von der Hardt.
Sie hielten vor einem der typischen Rotklinkerhäuser
mit einem riesigen Walmdach, das durch den Überstand noch größer wirkte. Es war
mit dunklen schindelartigen
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