Tod am Kanal
Mädchen?«
Nico bog sich vor Lachen, konnte aber nicht darüber
hinwegtäuschen, dass es sehr künstlich klang. »Sag mal, tickt ihr nicht sauber?
Verhältnis! Das ist etwas für euch Gruftis. Frag doch den Wichser«, dabei
zeigte er mit der Spitze seiner Zigarette auf Feichtshofer. »Ein Dschi-Dschi
flachlegen ist doch kein Verhältnis.«
»Was ist ein Dschi-Dschi?«
»Geiles Girl. Mann! Seid ihr bekloppt.«
»Sie geben zu, mit Maike intime Beziehungen gehabt zu
haben?« Christoph ließ sich durch die Aggressivität des jungen Mannes nicht
beirren.
»Das geht euch ‘nen feuchten Kehricht an.«
»Immerhin ist Maike schwanger.«
»Na und? Das weiß ich schon lange.«
»Sind Sie der Vater? Das lässt sich durch eine DNA einfach nachweisen.«
»Nix DNA .
Maike ist sechzehn. Und ich bin volljährig. Hat sie behauptet, vergewaltigt
worden zu sein? Siehste. Wer sie bestückt hat, interessiert die Bullerei
überhaupt nicht. Ist das klaro?«
Leider hatte der Junge recht. In diesem Punkt waren
sie machtlos, obwohl es vielleicht für die Ermittlungen von Interesse gewesen
wäre.
»Ist Maikes Vater auch dieser Auffassung?«, hakte
Christoph nach.
»Fragen Sie ihn doch selbst. Diese Fehlfarbe …«
»Sparen Sie sich diese rassistischen Bemerkungen!«
»Wollt ihr mich nicht ausreden lassen? Der Typ hat
doch Dynamit im Blut. So jähzornig, wie der ist. Ich glaube, der braucht keine
Bullen, um die Sache allein zu klären.«
»Und nun fürchten Sie sich vor ihm? Genauso wie vor
Ina Wiechers, die Ihre schulische Karriere zu zerstören drohte.«
»Vor Hauffe, diesem Schisser? Den mach ich doch platt,
bevor der atmen kann.«
Große Jäger hatte sich Nico von der Hardt nahezu
unmerklich genähert. Jetzt stand er direkt vor ihm. »Hör mal, du Flachwichser.
Wenn du Arschgeige meinst, wir Gruftis können nur wie Goethe schwadronieren,
dann hast du dich getäuscht. Ich spreche Deutsch in Varianten, von denen so
eine Hohlladung wie du nicht den Hauch einer Ahnung hat. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass eine Zweitausgabe von Maulheld wie du jemals von einem
vernünftigen Girlie auch nur auf Geruchsnähe herangelassen wird. Du – und
Vater? Du musst doch aufs Damenklo, weil dich als Mann niemand ernst nimmt.
Hast du eine Ahnung, wie das ist, wenn die wirklich harten Jungs dir das
Labskaus rektal füttern, nachdem wir dich eingebuchtet haben? Und das ist noch
harmlos. Was meinst du, wie du im Knast stinken wirst, weil du dich während der
ganzen Zeit vor lauter Furcht nicht nach der Seife bücken wirst? Ist das klar?«
Nico hatte sich vom Türrahmen gelöst und war einen
Schritt zurückgewichen. »Ist schon gut, Mann«, stöhnte er. »Ich hatte ja keine
Ahnung, dass Sie so humorlos sind.«
Christoph sah, wie Große Jäger nur mühsam ein breites
Grinsen unterdrücken konnte. Der Oberkommissar hatte es in seiner
unnachahmlichen Art wieder einmal geschafft, eine vermeintlich harte Festung zu
knacken. Nicos Kapitulation war deutlich daran zu erkennen, dass er Große Jäger
siezte.
»Maike ist ein prima Mädchen«, sagte der Junge
trotzig. »Wir verstehen uns gut. Und mehr sage ich nicht dazu.«
»Wir wissen inzwischen, dass Sie das Handy nicht von
Herrn Feichtshofer bekommen haben. Wollen Sie uns endlich sagen, wie Sie in den
Besitz des Geräts gelangt sind? Es könnte die Schlussfolgerung gezogen werden,
dass der Mörder von Ina Wiechers sich am ehesten das Handy aneignen konnte.«
Nico schluckte heftig. »Ehrlich. Mit dem Mord habe ich
nichts zu tun. Okay. Ich habe die alte Schabracke nicht leiden können. Aber
deshalb bringe ich sie doch nicht um. Die Sache mit der Schule – das hätte
meine Mutter schon zurechtgebogen. Irgendwie.«
Er schob sich eine neue Zigarette zwischen die Lippen
und suchte vergeblich nach Feuer. »Scheiße. Ich habe keinen Taschendrachen an
Bord.«
Große Jäger reichte ihm sein Feuerzeug.
Nachdem Nico einen tiefen Zug genommen hatte,
fuchtelte er mit seiner Hand in der Luft herum, als würde er die Rauschschwaden
vertreiben wollen. »War saublöd von mir«, gestand er ein. »Ich war im
Sekretariat. Die Papiermieze hat seit einiger Zeit Faulfieber. So sagen wir,
wenn jemand nicht wirklich krank ist und nur blaumachen will. Also – kurz
gesagt: Da lag das Ding. Ich habe es mitgehen lassen. War Scheiße. Sonst klaue
ich nicht. Habe ich nicht nötig. Ich sage es meiner Mutter, und schon ist das
Ding gefrühstückt.«
»Lag dort noch mehr herum?«
»Natürlich. Die Bude ist doch voll mit
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