Tod am Laacher See
Zeugenschaft beschert: Er
ist vom Wasser aus gekommen. Auf dem Campingplatz hätte es zu einer ganzen
Reihe von Begegnungen kommen können. Doch der Wohnwagen stand relativ nah an
der Mosel. Das war auch für seinen ungestörten Rückzug ausgesprochen günstig.
Nur den alten Herrn vom Niederrhein hatte er wahrscheinlich nicht
einkalkuliert.«
»Dass er dann aber im Wasser noch auf eines seiner Opfer wartet, ist
schon eigenartig«, meinte Oberkommissar Renner aus Trobischs Team.
»Im Wasser war er durch den Uferbewuchs ziemlich gut abgeschirmt«,
sagte Trobisch. »Da konnte er den weiteren Verlauf seines Schurkenstücks
beobachten, ohne Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden.«
»Vielleicht steckt noch mehr dahinter«, warf Wärmland ein. »Ich habe
mich auch schon gefragt, wie das zu bewerten ist. Und ich kann mir gut
vorstellen, dass der schwarze Mann ganz sichergehen wollte, dass sein Plan
aufgeht. Wie gesagt, es hätte auch schiefgehen können, wenn Zeugen aufgetaucht
wären und richtig reagiert hätten. Wenn wir uns vorstellen, dass er vielleicht
sogar befürchtete, eines seiner Opfer oder gar beide könnten es noch
rechtzeitig aus dem brennenden Wohnwagen herausschaffen. Wohin würden sie sich
wenden?«
»Zum Wasser«, antwortete Regine Nau spontan.
»So sehe ich das auch«, bestätigte Wärmland. »Deshalb könnte er dort
geblieben sein, anstatt sich sofort davonzumachen. Um die Flüchtenden am Wasser
in Empfang nehmen zu können. Und genau das ist dann vermutlich auch passiert.
Franz Scherer zufolge war er ganz nah am Opfer, als ob er sichergehen wollte,
dass der Mann auch wirklich tot war. Aber dann hat er hochgesehen und den alten
Mann am Ufer stehen sehen. Da musste er verschwinden.«
»Was ich bei der Sache nicht verstehe, ist, dass die beiden Männer
erst gestern aus Schleswig-Holstein angereist sind«, meldete sich Felix Reuter
zu Wort. »Das ist eine ganze Ecke weg von hier. Aber kaum sind sie da, werden
sie von einem Killer angegriffen, weit weg von zu Hause. Das kann ich nicht
nachvollziehen. Man sollte doch annehmen, dass sie ein bisschen Zeit benötigen,
um sich hier Feinde zu machen. Ein Streit oder ein irgendwie anders gearteter
Konflikt müsste dann aber von irgendjemandem auf dem Campingplatz in
Treis-Karden bemerkt worden sein. Ansonsten würde ich in jedem Fall erwarten,
dass sie bei ihrer Ankunft bereits in irgendeinem Konflikt standen, der sich in
ihrer Heimat abgespielt hat. Dort sind sie aber nicht umgebracht worden.«
»Womit wir bei der uralten Ermittlerfrage angekommen wären: dem
Motiv«, meinte Trobisch. »Das könnte mal wieder ein ganz großes Problem werden,
Herr Kollege. Denn Sie haben recht: Es ist leider keine spontane Beziehungstat,
die uns nur Offensichtliches präsentiert. Die Opfer waren auf der Durchreise,
und das scheint angesichts einer Tat hier bei uns irgendwie keinen Sinn zu
ergeben. Aber da werden wir am Ende vielleicht eine Überraschung erleben.
Möglicherweise haben die beiden sich schon früher in unserer Region aufgehalten
oder vielleicht sogar mal hier gewohnt, dann könnte sich doch noch ein
sinnvoller räumlicher Zusammenhang ergeben.«
Wärmland wurde etwas ungeduldig. »Woraus wir ableiten können, dass
wir so schnell wie möglich in Erfahrung bringen sollten, wer genau diese Männer
waren. Ich schlage vor, dass wir einen Blick auf die anstehenden Aufgaben
werfen.« Wärmland hielt einen Augenblick inne, als würde er sich noch einmal
alles in Erinnerung rufen, was sie angesprochen hatten. Tatsächlich aber hatte
ihn ein leichter Schwindel erfasst, den er vorüberziehen lassen wollte. Es
schien sich zu rächen, dass er nach dem Aufstehen nur einen löslichen
koffeinfreien Kaffee zu sich genommen hatte. Der richtige war ihm ausgegangen.
Und die letzte Scheibe Brot hatte sich mit einem schmucken grünen Fleck in
zartgrauer Flauschumrandung in den bereits übervollen Mülleimer verabschiedet.
»Ziemlich deutlich zeichnen sich für uns zwei Hauptspielplätze ab«, fuhr er
fort, als sich der Schwindel verflüchtigt hatte. »Da wären zunächst die
Befragungen auf dem Campingplatz und in der Umgebung. Mit dem Pächter und dem
Großteil der Gäste aus der Nähe des Wohnwagens haben wir schon gesprochen. Es
gibt allerdings noch ein paar Namen und Adressen von Menschen, die die Insel
während unserer Aktion verlassen haben. Da muss nachgehakt werden, genau wie
bei den Anwohnern des Campingplatzes. Der Täter wird ja nicht von Koblenz die
Mosel raufgeschwommen
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