Tod am Laacher See
trinkt gerade mit dem zusammen gemütlich Kaffee.«
Es klopfte heftig an der Tür, und Regine Nau stürmte ins Zimmer.
»Chef, wir haben da eine Meldung vom Laacher See«, rief sie. »Zwei
leere Boote und drei vermisste Angler.«
Wärmland schaute zu Reuter. »Was ist denn heute bloß los mit dem
verdammten See? Das sind ja auf einen Schlag vier Leute, die irgendwie
abhandengekommen sein sollen.«
»Fehlt denn noch jemand?«, fragte Regine Nau irritiert.
Reuter nickte. »Ein alter Mann aus Nickenich. Und sein Dackel. Fünf
Vermisste am Laacher See zur selben Zeit. Ziemlich ungewöhnlich, oder?«
»Wieso fünf?«, fragte Regine Nau, bevor sie sich selbst die Antwort
gab. »Ach so, du hast den Hund mitgezählt.«
»Leider sind es mal wieder nicht die Personen, die ich gerne als
vermisst sehen würde«, murrte Wärmland. Er schaute seine beiden Mitarbeiter an.
»Ich wüsste da eine Reihe geeigneter Kandidaten. Aber lassen wir die
Weltpolitik. Die Sache ›Laacher See‹ ist nun auf einen Schlag bemerkenswert
genug, um eine Hauptkommissarsangelegenheit zu sein. Kollegin Nau, wir beide
fahren mal raus.«
»Wenn Sie meinen«, antwortete die junge Polizistin.
»Von wem kam der Hinweis auf die vermissten Angler?«
»Von zwei anderen Anglern, die ebenfalls mit einem Boot unterwegs
waren. Sie haben am Seeufer zwei leere Boote gefunden, die an drei Männer
vermietet waren, wie sich herausstellte. Der Pächter des Campingplatzes, dem
die Boote gehören, hat uns schließlich angerufen.«
»Okay. Reuter, sprechen Sie doch bitte noch mal mit dem Mann.
Vielleicht weiß er ja auch etwas über den Verbleib dieses alten Herrn aus
Nickenich. Von Nickenich aus ist der Campingplatz das nächstgelegene Ziel für
eine Fahrt an den See. Möglich, dass sein Fahrzeug dort auf dem Parkplatz
steht. Und informieren Sie mich bitte über Handy.«
»Mach ich«, antwortete Reuter knapp und ließ sich von Regine Nau den
Namen und die Telefonnummer des Mannes geben.
»Auf zum geheimnisvollen Maar«, sagte Wärmland, als sie in den
Land Rover stiegen.
»Kein Maar«, widersprach Regine Nau.
»Wieso kein Maar?«, fragte Wärmland erstaunt. »Ich denke, diese vom
Grundwasser gefüllten Explosionskrater heißen Maare.«
»Nicht alle, Chef. Nur wenn es eine Explosion durch das
Zusammentreffen von schnell aufsteigendem Magma mit dem Grundwasser war und
sich der entstandene Explosionskrater später auch wieder mit Grundwasser
gefüllt hat, ist es ein Maar.«
»Und wie ist es beim Laacher See?«
»Der ist ein Calderasee. Durch Eruptionen hat sich nach und nach eine
große Magmakammer geleert. Das Material darüber ist irgendwann nach unten
eingebrochen, während drum herum die Randberge stehen geblieben sind. Das nennt
man eine Caldera. Der Laacher See ist also kein Maar.«
»Geben Sie Heimatkunde an der VHS ?«
»Nein, aber das war immer mein Ding, diese geologischen Sachen«,
antwortete Regine Nau mit etwas Stolz in der Stimme.
»Na, wenn das so ist. Sollte es in unserem Bezirk mal einen
Verschütteten geben, dann dürfen Sie den eigenhändig ausgraben. Aber jetzt
schauen wir erst mal, was an Ihrer Caldera los ist.«
Wärmland stutzte. Das hatte ja geklungen wie in einer
gynäkologischen Praxis: »Frau Nau, heute sprechen wir nicht mehr von einer
Vagina, sondern von einer Caldera.« Warum dachte er nur so bescheuerte Sachen?
Jetzt phantasierte er schon weibliche Körperteile. Er musste es in der nächsten
Nacht unbedingt auf etwas mehr Schlaf bringen. So konnte es nicht weitergehen.
Er startete den Wagen.
Der Gedanke an zwei leere Boote auf dem See, in denen sich
eigentlich drei Männer befinden sollten, half ihm, weitere Assoziationen zur
Weiblichkeit zu vermeiden.
***
Als sie nach vierzehn Kilometern den Pass an der Südseite des
Sees erreichten, lag das Gewässer tiefblau vor ihnen, denn der Himmel war noch
überwiegend wolkenfrei, das angekündigte unbeständige Wetter hatte sich noch
nicht eingestellt.
»Immer wieder ein wunderschöner Anblick«, meinte Regine Nau, während
Wärmland den Wagen weiter über das Westufer zum Campingplatz im äußersten
Norden lenkte. Er nickte.
»Besonders am Morgen, wenn die Luft noch ganz klar und frisch ist.«
Als sie auf den großen Parkplatz vor dem Campingplatzgelände fuhren,
sah Wärmland einen älteren weißen Polo, der dort abgestellt war.
Regine Nau bestätigte, dass es sich um das richtige Kennzeichen
handelte.
»Er ist also tatsächlich am See«, meinte Wärmland und stoppte
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