Tod am Laacher See
sein. Er wird irgendwo in der Nähe ins Wasser gegangen sein,
wahrscheinlich sogar auf der Treiser Moselseite. Wenn er nicht aus dem Ort
selbst kam, hat er sicher ein Fahrzeug benutzt, um in die Nähe des Tatortes zu
gelangen. Nennen wir das Ganze mal ›Abteilung Mosel‹.« Wärmland hielt inne und
rieb sich die Augen.
Trobisch übernahm. »Unser zweiter Spielplatz ist die Identität der
Opfer. Wir brauchen ihre Biografien, von der Herkunft bis zu den aktuellen
Lebensumständen. Schwerpunkt dabei ist, wie Sie sich denken können, die
Konfliktermittlung. Irgendwer muss ziemlich sauer auf die beiden gewesen sein.«
Er wandte sich an Wärmland. »Hast du schon eine Wunschzuweisung?«
Wärmland schüttelte den Kopf. »Hast du einen Wunsch, Sven?«
»Wie wäre es, wenn du mit deinen Mayenern die sportliche
Herausforderung der Fußarbeit an der Mosel annimmst? Entspanntes Arbeiten in
einer Top-Ferienlandschaft, zwischen Weinbergen und Fachwerkhäusern und so
weiter. Dann machen wir die unangenehmen Dinge im hohen Norden, wo einem beim
Telefonieren der kalte Polarwind den Hörer aus der Hand schlägt.«
Wärmland grinste. »Das hast du so schön gesagt. Wenn es sich noch
ein wenig gereimt hätte, wäre es ein schönes Gedicht geworden. Darfst du
eigentlich Nebeneinkünfte haben als Berater der Untermosel-Marketing GmbH?«
»Die haben mich doch längst rausgeworfen, als die spitzgekriegt
haben, dass ich hin und wieder mit Mördern verkehre.«
»Ach, wie schäbig von denen.« Wärmland gab sich entrüstet. »Dann
bleibt dir ja nur noch deine Karriere bei der Polizei. Was für eine düstere
Perspektive.«
Alle Kollegen schmunzelten. Nur Trobisch blieb ernst. »Damit habe
ich mich noch nicht abgefunden«, erwiderte er trotzig.
»Über bessere Aufstiegschancen für dich in einem anderen Job reden
wir dann nach Abschluss dieses Falles«, sagte Wärmland. »Wir machen es, wie du
gesagt hast, und sehen uns dann bitte morgen Nachmittag um siebzehn Uhr hier
wieder, um uns zu trösten, wenn wir noch nicht weitergekommen sind.«
Damit war die Besprechung beendet.
Die anderen verließen den Raum, doch Trobisch hielt Wärmland zurück.
»Du machst einen ziemlich kaputten Eindruck, mein Lieber. Hast dich wohl vorige
Nacht zu lange rumgetrieben.«
Wärmland tat ertappt. »Was hat mich verraten? Der Seidenslip, der
halb aus meiner Hosentasche hängt? Aber du hast recht: Ich schaff das einfach
nicht mehr so gut. Erst all die Frauen bis ein Uhr morgens und dann auch noch
eine Frühexkursion ins lauschige Moseltal.«
»Vielleicht fehlen dir einfach nur ein paar Vitamine und
Spurenelemente?«, mutmaßte Trobisch.
»Seit heute Nacht fehlen uns beiden die Spurenelemente. Nämlich in
unserem Fall. Ich muss nur mal wieder mehr schlafen. Die Nacht war einfach zu
kurz. Und auch in der ersten Hälfte nicht gerade erbaulich.«
Trobisch zog die Augenbrauen nach oben. »Was ist passiert?«
Wärmland seufzte. »Meine Schwester hat angerufen. Unser Bruder Jörg
ist aufgetaucht.«
»Euer verschollener Bruder?«
»Genau der. Hat sich anscheinend in Schweden eine Auszeit gegönnt.
Jetzt ist er wieder zurück.«
»Hattest du nicht angenommen, dass er sich das Leben genommen hat?«
»Das war zumindest nicht völlig auszuschließen. Aber das spielt ja
jetzt keine Rolle mehr. Meine Schwester ist überglücklich. Und ich … ich weiß
noch nicht, was ich davon halten soll. Es hat jedenfalls meine alte Abneigung
geweckt.«
»Schade, dass es bei euch nicht so gut läuft. Mein jüngerer Bruder
Ulf und ich verstehen uns prima.«
»Wenn mein Bruder wie deiner in Thailand leben würde, hätte ich ihn
auch viel lieber.«
»Wir haben uns aber immer gut verstanden. Auch als er noch hier war.
Vielleicht erzählst du mir gelegentlich mal, wie es eigentlich dazu gekommen
ist. Ich will dich nicht drängen. Aber es würde mich sehr interessieren. So als
Bruder eines anderen Bruders.«
»Bring mir den Mosel-Camping-Killer, und du kriegst die Geschichte als
gebundene Diplomarbeit.«
»Von einem, der zur Weitschweifigkeit neigt, werde ich ganz sicher
nichts dergleichen lesen. Sag es mir einfach in ein paar verständlichen
Hauptsätzen.«
Wärmland machte ein beleidigtes Gesicht, bevor er den Rücken
durchstreckte und mit der Rechten vor Trobischs Nase herumfuchtelte. »Nun hebe
dich hinfort und ruhe nicht, bis du mir morgen diesen Feuerteufel bringst.«
Trobisch nahm den Ball auf. »Die Worte des alten Meisters sind mir
Befehl. Ich werde eilen und ihn
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