Tod am Laacher See
dessen Mitte eine Platzwunde klaffte. Dort war
etwas Blut ausgetreten und auf den Boden getropft. Aber es war nicht so viel,
wie Wärmland bei der geschätzten Wucht des Schlages und der Größe der Wunde
erwartet hätte.
»Mit ziemlicher Sicherheit ist er nicht auf einer Bananenschale
ausgerutscht. Sehen Sie hier am Kopf, Frau Kollegin. Ich glaube, wir brauchen
die Kammerspiele. Rufen Sie bitte die Kollegen.«
Regine Nau nickte kurz, bevor sie ihr Handy hervorholte.
Wärmland richtete sich auf und wandte sich Beatrice Neefges zu. »Sie
haben ihn also gefunden? Wenn ich das richtig verstanden habe, sind Sie die
Exfreundin des Toten?«
Die ziemlich bleiche junge Frau nickte zustimmend. »Wir haben uns
vor zwei Monaten getrennt. Ich hatte aber immer noch einen Schlüssel. Heute
wollte ich die letzten Sachen abholen. Das hatten wir so besprochen, Kevin und
ich. Aber wieso ist er denn tot? Ich verstehe das nicht.«
»Das werden wir genau untersuchen. Wann sind Sie in die Wohnung
gekommen?«
Beatrice Neefges sah auf ihre Uhr. »Das war so etwa vor zwanzig
Minuten. Ich dachte, dass Kevin bei der Arbeit ist. Aber dann hat er da gelegen.«
»Das kann ich bestätigen«, warf der Vermieter ein. »Also, dass Frau
Neefges zu dem Zeitpunkt angekommen ist, denn ich war draußen auf der Straße.«
Wärmland schaute sich um. Draußen an der Haustür waren keine
Einbruchsspuren zu erkennen gewesen. Nach gewaltsamem Eindringen sah es also
nicht aus. Wärmland stieg über die Leiche und trat in den Schlafraum. Auch dort
machte er keine auffällige Entdeckung. Alles sah ganz normal aus. Als er sich
umwandte, um in den Wohnraum zurückzukehren, erkannte er im Gegenlicht einige
kleine dunkle Partikel auf dem hellbraunen Laminat. Da lagen kleine Körnchen
auf dem Fußboden zwischen der Leiche und der Balkontür.
»Herr Claasen, sehen Sie die kleinen dunklen Körner auf dem Boden?
Hier zwischen dem Toten und dem Balkon? Haben Sie eine Idee, was das sein
könnte? Aber bitte nur von dort schauen, nicht weiter vorgehen.«
Claasen schaute genauer hin und nickte. »Wir haben kürzlich zwischen
den Garagen hinter dem Haus Steine verlegt. Vorher war da nur Erde mit einer
Auflage aus Split. Die Fugen zwischen den Steinen haben wir mit grobem
Quarzsand verfüllt. Der ist noch nicht ganz verschwunden, es liegt immer noch
ein wenig obenauf. Mich wundert nur, dass der Herr Malchow hinten im Hof war,
denn er hat gar keine Garage. Die waren alle schon vermietet, als er hier
eingezogen ist.«
»Sie meinen also, das könnte von Hinterhof stammen?«
»Es sieht so aus. Sicher bin ich mir aber nicht. Dafür haben Sie
doch Spezialisten, die das rausfinden. So wie im Film.«
»Natürlich.« Wärmland seufzte unmerklich und schaute zur Balkontür,
die nur angelehnt war. Auf dem Boden davor lag ein Hausschuh. »Frau Neefges,
können Sie mir vielleicht etwas zur offenen Balkontür sagen?«
Wärmland hatte eine Vermutung wegen des Hausschuhs. Die Freundin des
Toten kannte sicher dessen Gewohnheiten und hatte vielleicht eine Erklärung.
»Kevin hatte gerne frische Luft beim Schlafen, und da hat er, wenn
es nicht zu kalt war, die Balkontür aufgelassen und das Schlafzimmerfenster
gekippt. Damit die Tür nicht zuschlägt, hat er dann solch einen Hausschuh
hingelegt.«
Wärmland nickte und ging zur Balkontür. Er schaute hinaus und sah
durch das Balkongitter hindurch auf den Hof mit den Garagen. Eins der Dächer,
das wahrscheinlich auch zu einer Garage gehörte, lag nur wenig tiefer als der
Boden des Balkons. Es stieß an dessen rechtem Ende ans Haus an, sodass es wohl
möglich war, vom Balkon auf das Dach zu gelangen – oder umgekehrt. Allmählich
formte sich ein Bild in Wärmlands Kopf. Die Antwort auf das Wie hatte Kontur
angenommen. Nur für das Wer und Warum gab es noch kein Bild.
»Frau Neefges, hatte Ihr ehemaliger Freund irgendwelche Feinde?«
Sie machte ein ratloses Gesicht. »Das kann ich mir nicht vorstellen.
Kevin war eigentlich ein ganz Lieber. Nie aggressiv oder so. Eher schüchtern
oder ängstlich. Der hat sich sicher mit niemandem angelegt.«
»Und Sie, Herr Claasen, haben Sie mal irgendetwas bemerkt? Hatte er
vielleicht mal Besuch, und es ging laut her? Hat sich jemand aus dem Haus
beschwert?«
Claasen schüttelte den Kopf und zog die Mundwinkel nach unten. »Ein
völlig unauffälliger junger Mann, soweit ich das beurteilen kann. Mir ist nie
was zu Ohren gekommen. Ich kann die Beschreibung von Frau Neefges
Weitere Kostenlose Bücher