Tod am Laacher See
Gerichtsmedizin wurde der Kopf des Opfers mit einem
heftigen Ruck zur Seite gedreht, sodass ein Halswirbel brach.«
Wärmland fragte sich, wer von seinen Leuten jetzt wohl auch gerade
an den alten Mann vom Laacher See dachte, der ebenfalls auf diese Art zu Tode
gekommen war. Sicher fand nicht nur er es seltsam, dass diese Tötungsart ihnen
so kurz hintereinander in zwei verschiedenen Fällen begegnete.
»Wo war ich?« Er versuchte, wieder den Anschluss zu finden. »Ach ja,
der Genickbruch war die tödliche Verletzung. Das muss in der Nacht
beziehungsweise in den frühen Morgenstunden geschehen sein. Den Spuren nach ist
der Täter von der Hofseite hinter dem Haus auf eine an den Balkon grenzende
Garage geklettert und in die Wohnung eingedrungen. Das wissen wir, weil die
Balkontür offen stand und sich schwarze Sandpartikel vom Hinterhof auf dem
Fußboden zwischen Tür und Opfer und auch draußen auf dem Balkon fanden. Es gab
keinerlei Einbruchsspuren, weder an der Haus- noch an der Balkontür. Bis
hierher irgendwelche Fragen?« Wärmland schaute sich um, doch alle lauschten nur
aufmerksam seinem Bericht. »Gut. Malchow trug einen Schlafanzug und war
wahrscheinlich eben erst aus dem Bett gekommen. Möglicherweise hatte er etwas
gehört. Ein eiserner Kerzenständer lag umgekippt auf dem Wohnzimmertisch. Der
könnte ein Geräusch verursacht haben, falls der Täter ihn im Dunkeln umstieß
und Malchow davon geweckt wurde.«
Wärmland schaute erneut in die Runde. »Erinnern Sie sich noch an den
Autounfall mit Todesfolge vom Frühjahr, bei dem ein junger Mann mit seinem
Transporter am Laacher See mit dem Pkw einer dreiköpfigen Familie aus Wassenach
kollidierte?«
»Dieser schreckliche Unfall mit dem kleinen Mädchen und seinen
Eltern?«, fragte Reuter betroffen.
»Genau der. Dieser Transporterfahrer ist unser Mordopfer. Der
Kleinwagen der Familie war ins Schleudern gekommen und gegen Malchows Wagen
geprallt. Ihn traf an der Sache keine Schuld. Unser Problem mit Malchow ist,
dass er ein ziemlich unauffälliger junger Mann war, der uns keinerlei Hinweis
auf ein mögliches Tatmotiv hinterlassen hat. Wenn wir seiner Exfreundin und
seinem Vermieter glauben, war er ein ruhiger bis schüchterner Bursche, der
Konflikte mied. Er hat nach den bisherigen Erkenntnissen keine Drogen genommen
und war auch nicht in irgendwelche kriminellen Aktivitäten verwickelt. Ebenso
wenig hatte er Kontakt mit einem anderweitig problembehafteten Personenkreis.
Fakt ist dennoch, dass ihn offensichtlich jemand ausreichend stark
verabscheute, um ihm das Genick zu brechen. Irgendein Geheimnis hat er also
vermutlich doch, und das gilt es zu entdecken. Deshalb habe ich auch die
Kollegen Michalski und Peschulat hergebeten, die mit mir zusammen ein Auge auf
diesen Fall werfen sollen.« Er nickte den beiden kurz zu und fuhr fort. »Wir
sind derzeit zwar etwas eingenommen vom Fall ›Taucher‹, aber auch dieser junge
Mann will unsere Aufmerksamkeit. Deshalb an Sie beide folgender Auftrag: Einer
von Ihnen kümmert sich um die Biografie bis zu den aktuellen Lebensumständen,
Arbeitsstelle, Kollegen, Freundeskreis, Familie. Der andere geht bitte noch
einmal die Sache mit dem Unfall durch. Ist nur so ein Gefühl, aber vielleicht
war jemand nicht von seiner Unschuld überzeugt und hat sich spät zu einer
Aktion hinreißen lassen. Irgendein Patenonkel, der keine Ruhe gefunden hat.
Etwas in der Richtung. Wer macht was?«
Peschulat hob den Arm. »Ich würde mich gern um die Sache mit dem
Unfall kümmern.«
Wärmland schaute zu Michalski. »Und Sie übernehmen den anderen
Part?«
Michalski nickte zustimmend.
»Gut, dann gehen wir wieder an die Arbeit.«
Wärmland kehrte in sein Büro zurück und nahm an seinem Schreibtisch
Platz. Er spürte deutlich den Druck, der sich in ihm aufgebaut hatte. Jetzt
hatten sie schon den siebten Mord innerhalb einer Woche. So etwas hatte er noch
nicht erlebt. Selbst in seiner Zeit bei der Mainzer Mordkommission war es in
seinem Zuständigkeitsbereich nur ein einziges Mal zu einem Dreifachmord unter
Kriminellen im Bandenmilieu gekommen. Wenn er es nicht besser wüsste, müsste er
annehmen, dass er geprüft wurde: Wie viel Mordermittlung auf einmal schaffst
du, Hauptkommissar Wärmland? Er wusste, dass das Unsinn war, aber der Geist war
nun mal nicht gefeit gegen unsinnige Eingebungen. Wichtig war nur, dass er die
Übersicht behielt und weiter mit Bernardi klarkam, Trobischs Vertreter. Gerade
jetzt hätte er seinen Freund gern
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