Tod am Laacher See
wenn er mit einem breiten
Honigkuchenlächeln den Rasen mäht, die Katze krault oder einer alten Nachbarin
über die Straße hilft: Wenn er es war, der Malchow das Genick gebrochen hat,
dann darf man ihn auf keinen Fall unterschätzen. Das muss in Ihrem Bewusstsein
fest verankert sein. Ich will hier keinen zweiten Fall Trobisch haben.«
Er erntete allgemeines Nicken und bat Peschulat, noch einmal bei den
Paulys anzurufen, um den von ihm angestrebten sofortigen Besuch anzukündigen,
womit das Ehepaar auch einverstanden war. Dann machte Wärmland sich mit Regine
Nau auf den Weg.
***
Als sie das Kloster Maria Laach passiert hatten, machte Regine
Nau Wärmland auf das schlichte Holzkreuz aufmerksam, das vor dem einzeln
stehenden Baum am rechten Straßenrand auftauchte. Wärmland hatte es bei seiner
letzten Fahrt zum Campingplatz am See nur flüchtig wahrgenommen.
»Also hier ist es passiert«, sagte er leise. Wäre er im März nicht
im Urlaub gewesen, hätte er selbst die Ermittlung zu diesem tragischen Unfall
geführt. So war es ein Kollege gewesen. Er fühlte sich eigenartig berührt. Dann
dachte er an Eicksen und fragte sich, wie er wohl fühlen würde, wenn seinem
Sohn etwas zustieße. Er glaubte, ahnen zu können, welch ungeheurer Schmerz
einen Mann erfassen konnte, der binnen kürzester Zeit seine ganze Familie
verloren hatte. Aber machte ihn das auch zum Täter? Oder hatte sein
Verschwinden ganz andere Gründe? Vielleicht hatte er es hier nur einfach nicht
mehr ausgehalten und eine Reise gebucht, die ihn so weit wie möglich fortführen
sollte von der Umgebung, die ihn so viel Leid hatte spüren lassen.
Wärmland hoffte, dass das anstehende Gespräch die Waagschale in die
eine oder andere Richtung bewegen würde und dass er dann mehr Klarheit fand.
Vielleicht verdächtigte er einen Unschuldigen. Oder er verdächtigte den
kaltblütigen Mörder eines unschuldigen jungen Mannes. Die Antwort sollte er
noch heute erhalten.
Das Einfamilienhaus der Paulys wurde zur Straßenseite hin von
einem alten Eifeler Haus mit angebauter Scheune verdeckt. Das hatte anscheinend
schon lange keine Bewohner mehr in seinen Mauern beherbergt. Jedenfalls wirkte
die gesamte Anmutung dieses vernachlässigten Gebäudes auf Wärmland so, als habe
man versäumt, es schon vor zwanzig Jahren abzureißen.
Peschulats Wegbeschreibung zufolge sollten sie zunächst das Haus
passieren, um gleich danach links abzubiegen und hinter das alte Gebäude zu
fahren, um dem Weg nach hinten in den Garten zu folgen.
Die Beschreibung stimmte, und sie fuhren durch einen Garten, dessen
Bäume schwer an dicken Äpfeln zu tragen hatten.
»Ich finde das schön, so zwischen Obstbäumen auf ein Haus
zuzufahren. Wo gibt es das heute noch?«, sagte Regine Nau mit einem Lächeln.
»Bei uns in der Eifel natürlich«, antwortete Wärmland, dem diese
kleine Idylle ebenfalls gefiel.
Vor ihnen stand ein kleines schmuckes Einfamilienhaus, dessen Größe
Wärmland auf insgesamt rund einhundertfünfzig Quadratmeter Wohnfläche schätzte.
Rechts war eine Garage angebaut, und alles war verkleidet mit Klinkern in einem
gefälligen, warmen rotbraunen Farbton, die ihn an das Haus auf der Karthause
erinnerten.
Wärmland parkte den Land Rover rechts vor der Garageneinfahrt. Als
er ausstieg, kam ihm ein Mann von vielleicht sechzig Jahren entgegen. Er
bemerkte sofort das volle weiße Haar, das den Kopf des Mannes vollständig
bedeckte. Was Wärmland an seinen eigenen Schopf denken ließ, der schon jetzt
einiges an Fülle eingebüßt hatte. Peter Pauly lächelte freundlich, aber
verhalten, reichte Wärmland und Regine Nau die Hand und bat beide einzutreten.
Im Flur erwartete sie Frau Pauly. Auch sie hatte weißes Haar, wenn auch nicht
in diesem ganz reinen, hellen Weiß wie ihr Mann. Sie wirkte auf Wärmland sehr
nett und ging voraus in den Wohnraum, der nach hinten hinaus lag. Bodenlange
Fenster gaben den Blick frei auf eine Ziegelsteinterrasse, von der es weiter in
einen Garten ging, der unter weiteren Apfelbäumen allerlei Gewächse, Pflanzen
und Sträucher beherbergte. Wärmland registrierte, dass hier offenbar jemand mit
einem äußerst grünen Daumen sinnvoll eingegriffen und gestaltet hatte. Das
schrieb er etwas übereilt Frau Pauly zu, obwohl weder schmutzige Fingernägel
noch Blätter im Haar sie verraten hätten.
Sie schien Wärmlands Gedanken gehört zu haben. »Mein Mann und ich
haben sehr viel Freude an Gartenarbeit. Das ist unser gemeinsames Hobby. Wenn
das Wetter
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