Tod am Laacher See
es irgendwie zulässt, sind wir draußen und werkeln herum.«
»Ein sehr schönes Hobby«, bemerkte Regine Nau strahlend und schaute
nach draußen. »Meine Großmutter hatte auch mal einen solchen Garten. Als Kind
war ich am liebsten dort. Sie hat mir einiges gezeigt, was man so zu
berücksichtigen hat. Sie ist leider vor einigen Jahren gestorben, und ihr Haus
und der Garten sind verkauft worden. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie schockiert
ich war, als ich später mal dort vorbeigekommen bin und alles nur noch platter
Rasen war.«
»Das muss ja wirklich schlimm gewesen sein für Sie. Mit den schönen
Erinnerungen, die Sie hatten. Manche Menschen haben leider gar nicht diesen
Zugang zur Natur und zu Gärten, in denen man selbst eingreift, gestaltet und
erntet«, sagte Frau Pauly, die nun ebenfalls ein Strahlen in den Augen hatte.
Wärmland öffnete den Mund, um seine erste Frage zu stellen, denn er
befürchtete allmählich, das Ganze könne sich schleichend zu einem
Gartenbauseminar entwickeln.
Doch Regine Nau kam ihm zuvor. »Ihr Haus ist auch sehr schön, es
macht von außen einen gemütlichen Eindruck. Gehört denn das vorn an der Straße
auch Ihnen?«
»Ach, das alte Gemäuer.« Frau Pauly lachte kurz auf. »Das gehörte
den Eltern meines Mannes. Als die alten Leute vor etlichen Jahren gestorben sind,
haben wir es einfach nicht übers Herz gebracht, es abzureißen. Wir würden
wahrscheinlich sogar noch selbst drin wohnen, wenn wir damals nicht unerwartet
zu Geld gekommen wären. Sie werden es nicht glauben: Wir haben im Lotto
gewonnen!«
»Tatsächlich?« Regine Nau war anscheinend verblüfft. Wie
wahrscheinlich alle Menschen, die ein Leben lang spielten und deren
Höchstgewinn bei zwölf Euro lag.
Frau Pauly nickte. »Fast dreihunderttausend Euro. Da haben wir
beschlossen, das Elternhaus stehen zu lassen und uns dieses kleine Schmuckstück
zu bauen.« Mit wehmütigem Blick ergänzte sie: »Ich hätte allerdings gern auf
das Geld verzichtet, wenn wir nur unsere Kinder noch hätten.« Im nächsten
Augenblick schüttelte sie ihre Trauer aber schon wieder ab. »Jetzt haben wir
immerhin noch uns. Und unseren Garten.«
»Sie haben wirklich einen tollen Garten«, sagte Wärmland schnell.
»Ich wünschte, ich könnte mich mehr auf dieses wunderbare Thema einlassen. Aber
meine dienstlichen Verpflichtungen verlangen leider danach, dass ich Ihnen
stattdessen einige Fragen stelle. Ist das jetzt für Sie in Ordnung?«
Frau Pauly entschuldigte sich beinahe für dieses Abschweifen. Sie
hätten ja schon herausgehört, dass es unerhört wichtig sei für die Polizei, und
würden gern weiterhelfen, wenn es ihnen möglich war.
»Ich will gleich zur Sache kommen«, begann Wärmland und wählte seine
Worte sorgfältig aus. Denn schließlich hatte er hier Menschen vor sich, die mit
dem Verdächtigen über ihre toten Kinder und über ein hartes gemeinsames
Schicksal verbunden waren. »Wir haben erfahren, dass Georg Eicksen, der
Schwiegervater Ihres Sohnes, schon seit ein paar Tagen nicht mehr zu Hause war.
Wissen Sie etwas darüber? Hatte er vielleicht die Absicht zu verreisen?«
Das Ehepaar tauschte einen kurzen verständnislosen Blick. Peter
Pauly sagte: »Davon ist uns nichts bekannt. Aber ich muss Ihnen auch sagen,
dass Georg uns das wahrscheinlich nicht mal mitgeteilt hätte. Nachdem er seine
Frau verloren hatte, war er verschlossener als zuvor. Ganz anders wurde er dann
nach dem Unfall. Hab ich nicht recht, Agnes?« Pauly schaute wieder zu seiner
Frau, und sie nickte heftig.
»Ich habe noch nie eine solche Wandlung bei einem Menschen erlebt
wie bei Georg«, erklärte sie. »Es war so, als hätte der Tod von Elena und Anna
etwas in ihm völlig zerstört. Wir sind nach der Beerdigung nicht mehr an ihn
herangekommen. Es schien, als hätte sich alles um ihn herum verdüstert und als
würde er praktisch niemanden mehr kennen. Wir haben versucht, Kontakt zu
halten, um auch ihm in unserem gemeinsamen Elend etwas Halt zu geben. Aber er
ist auf unsere Kontaktversuche und Hilfsangebote gar nicht eingegangen. Es war
sehr traurig, das mit ansehen zu müssen. Als er vor einigen Jahren mit seiner
Frau hierhergezogen ist, war er noch ein so fröhlicher Mann. Davon ist heute
nichts mehr da, gar nichts!« Frau Pauly hatte sehr erregt gesprochen. Wärmland
spürte, wie sehr sie diese Sache aufwühlte. Wahrscheinlich wäre es irgendwie
tröstlicher für beide gewesen, wenn sich Eicksen zugänglich gezeigt hätte und sie
gemeinsam hätten
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