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Tod am Zollhaus

Tod am Zollhaus

Titel: Tod am Zollhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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aus französischen Häfen und litten unter den Gebühren, die erhoben wurden, seit Ludwig  XV . die alten Handelsverträge aufgekündigt hatte. Aber Joachim konnte man keinen schwarzen Stern nachsagen. Vor allem das neue Indigo-Geschäft brachte ihm offenbar stolzen Gewinn.
    Der Regen hatte nachgelassen, aber die Wolken hingen noch tief und dunkel über der Stadt. Claes zündete die Kerzen an, griff nach dem Briefbogen, der unter anderen Papieren auf dem Tisch lag, und betrachtete ihn unwillig. Warum hatte er behauptet, es gebe keine neuen Nachrichten aus Lissabon? Er hatte jetzt einfach keine Lust, darüber zu sprechen. Nicht einmal mit Joachim.
    Die Nachrichten, die Martin Sievers mit einem geheimen Eilkurier über den Kontinent geschickt hatte, erschreckten ihn. Der junge Kaufmann, der die Herrmanns’sche Niederlassung in der portugiesischen Hauptstadt leitete, war hartnäckig. Weil er nicht an ein Unglück glauben konnte, hatte er einen Taucher zum Wrack der
Katharina
hinuntergeschickt, das vor Lissabon am Grund des Tejo lag. Und er hatte recht gehabt.
    Es gibt keinen Zweifel, dass die Explosion kein Unglück war,
schrieb Martin.
Wir hatten keine Ladung wie Wolle, die sich selbst entzünden kann, wenn sie nicht ordentlich getrocknet und gepackt ist. Und die Pulverkisten lagerten noch fest verschlossen unter den Öltüchern auf dem Kanonendeck. Dafür müssen wir Gott danken. Wenn sie sich entzündet hätten, wäre wohl niemand auf der Bark mit dem Leben davongekommen.
    Aber die Bark hatte zwei große Lecks, eines steuerbords am Bug, ein anderes backbords nahe dem Heck. Das Kupferblech um den Rumpf war aufgerissen wie eine alte Wurst. Die
Katharina
ist zu schnell gesunken, das Feuer konnte das Pulver nicht mehr erreichen.
    Ich habe niemals von so einem Unglück gehört, und die Leute in Lissabon sagen, der Teufel habe seine glühenden Krallen im Spiel gehabt. Die Südländer sind abergläubisch bis zur Ketzerei, doch diesmal scheint mir, dass tatsächlich ein Teufel am Werk war. Allerdings glaube ich an einen menschlichen.
    Ich werde alle Überlebenden noch einmal peinlich befragen. Pereira, mein erster Schreiber, treibt sich in den Gassen, an der Börse und in den Schenken herum und hört den Leuten zu. Ganz gewiss werde ich bald mehr wissen.
     
    Claes verstand die Löcher im Bug ebenso wenig wie Martin. Selbst wenn jemand das Schiff zerstören wollte, wäre es einfacher gewesen, die Pulverkisten zur Explosion zu bringen.
    Womöglich war ein Teufel mit Skrupeln am Werk gewesen. Mit den beiden großen Löchern an Bug und Heck war die Bark abgesoffen wie eine kranke Katze. Schiff und Ladung waren für immer verloren, aber die meisten Menschen an Bord konnten ihr Leben retten.
    Die Bark hatte vor allem Kaffee, Zucker, Gewürze und afrikanische Hölzer geladen, ein paar Kisten mit Zitronen, iberischer Majolika und Seide. Nur Claes, Martin und der Weinbauer wussten, dass sich auch acht Fässer mit Portwein in der Ladung versteckten. Der Weinbauer war ein patriotischer Mensch, der alles tat, um das englische Handelsmonopol für seine Ware zu durchbrechen.
    Sie hatten die englische Handelskompanie um ein paar Goldstücke gebracht. Mehr nicht. War es möglich, dass Martins verbotener Handel doch nicht so geheim geblieben und die Explosion ein Exempel der Engländer war?
    Claes fühlte den eisernen Ring von Schmerz, der sich seit dem Unfall auf Jersey immer wieder um seinen Kopf legte. Er lehnte sich zurück und machte ein paar tiefe Atemzüge. Für einen Moment wünschte er, Martin wäre weniger gewissenhaft. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn die Explosion auf der
Katharina
ein Unglück geblieben wäre.
    In den letzten Wochen hatte er das Leben so genossen. Er fühlte sich wieder gesund. Auch das Bein, hatte der junge Doktor Struensee aus Altona gesagt, werde bald nicht mehr schmerzen, wenn er nur tüchtig ausschreite, anstatt es zu schonen wie ein alter Mann. Die warme Vorfrühlingssonne vertrieb an einigen Tagen die Kälte und gab ihm ebenso viel Lebenslust zurück wie der Aufschwung seiner Geschäfte. Doch nun fühlte er sich müde wie nie zuvor in seinem Leben.
    Er blickte zurück auf die letzten sechs Monate. Zuerst der Unfall auf Jersey, der ihn fast das Leben gekostet hatte. Dann der Untergang der
Katharina
in Lissabon, der, wenn Martin recht hatte, ein Anschlag gewesen war. Und vorgestern der Mord an Behrmann. Der war immerhin ein Unglück, das nichts mit seinen Geschäften zu tun haben konnte. Ein

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